Wer Immobilien geerbt hat und vor Ablauf der sogenannten Zehn-Jahres-Frist aus dem Erbe ein Haus veräußerte, wurde bisher vom Finanzamt mit Einkommenssteuer belangt - und zwar im Regelfall zum steuerlichen Höchstsatz. Das ändert sich nun schlagartig durch ein neues Urteil des obersten deutschen Finanzgerichtes in München. Für zigtausende Erben dürfte das die Lage ganz fundamental verändern. Manche Sorgen sind damit vom Tisch.
Für Erben geht es um die Zehn-Jahres-Frist - die ist perdu
Den Finanzämtern hat der Todesfall eines lieben Angehörigen recht schnell einen ordentlichen Zahltag beschert. Auf kaum ein anderes Datum hat der Fiskus in den vergangenen Jahren so sehr geschielt, wie auf das Einhalten der Zehn-Jahres-Frist - und das auch bei Erbfällen.
Viele Angehörige oder auch nur Miterben hat dies vor ganz erhebliche Probleme gestellt, in der Praxis. Zum Beispiel, wenn es kein Testament gibt, und Kinder ganz unvermittelt zu Miterben werden und lieber sogleich ausgezahlt werden wollen.
Teilweise wurden Familienmitglieder so vor die bittere Wahl gestellt, bei einer schnellen Veräußerung gut die Hälfte des Immobilienwertes an den Fiskus abzuführen oder das Haus (oder womöglich sogar mehrere Immobilien) des Erblassers zu halten, koste dies, was es solle, um der steuerlichen Teilenteignung zu entgehen. So haben die meisten Erben das wohl empfunden.
Wer ein Haus verkauft, muss es selbst erworben haben
Nun kommt eher überraschend ein für Erben freundliches Urteil aus der Revisions-Instanz des Bundesfinanzhofes. Tenor der aktuellen Entscheidung: Für eine zum Nachlass einer Erbengemeinschaft zählenden Immobilie dürfen Finanzämter keine Einkommenssteuer verlangen. Es handele sich nicht um ein klassischen Immobilienverkauf - man erbt meist nicht freiwillig, könnte man schnippisch behaupten.
Die Besteuerung für einen Immobilienverkauf setze den willentlichen Erwerb voraus, so die Richter. Ohne Kauf, kein Mehrerlös durch Verkauf, könnte man steuersystematisch sagen. Die bisherige Praxis der Steuerverwaltung muss nun wohl oder verändert werden.
In erster Instanz sah es vor Gericht noch anders aus
Es ging um einen Erbfall von 2015 - und ein zur Revision vorgelegtes Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24. Oktober 2019. Das BFH-Urteil führt nun das Aktenzeichen IX R13/22.
Ein Mann hatte zusammen mit seinen beiden Kindern die Immobilien der Frau geerbt, doch schon 2017 wurde diese Erbengemeinschaft aufgelöst. Der Mann übernahm daraufhin zwar den Besitz seiner Frau vollständig, verkaufte die Latifundien freilich bereits 2018 weiter. Womöglich nicht freiwillig, sondern den Umständen entsprechend. Die Probleme, vor denen Erben ganz plötzlich stehen, können bekanntlich gewaltig sein.
Die Steuer wurde fällig - ein privates Veräußerungsgeschäft, so der Bescheid des Finanzamtes. Der Erbe reichte Klage ein. Um welche Summen es ging, blieb unbekannt. Das fällt unter das Steuergeheimnis. Im Normalfall geht es aber vermutlich zumeist um Verkäufe, die in der Einkommenssteuer-Tabelle den Höchststeuersatz tangieren. Steuer-Experten warnten ihre Mandaten in der Regel mit dem Begriff des Spekulationsgeschäfts vor deren finanziellen Folgen und mühten sich redlich, alternative Konstruktionen zu entwickeln. Das wird dank der Korrektur durch den BFH künftig nicht mehr nötig sein.
Erkleckliche Steuerausfälle für den Fiskus drohen nun
Neue Regeln beim Erben? Tatsächlich! Die Richter des BFH gaben dem Kläger letztlich Recht und korrigierten damit die bisherige in Stein gemeißelte Rechtsprechung im Lande.
Das kommt für viele sicherlich überraschend. Millionen von Bürgern hatten die steuerliche Gefahr als drohendes Damoklesschwert bei Hausverkäufen während der Halte-Frist verinnerlicht. Nun ist plötzlich alles anders. Konsequenz: Der Fiskus wird sich in Zukunft wohl oder übel auf erkleckliche Mindereinnahmen einstellen müssen.