Unternehmen

Chinesische Plattform Temu setzt deutsche Online-Händler unter Druck

Die chinesische Handelsplattform Temu hat sich in den letzten Jahren als ernsthafter Konkurrent für deutsche Online-Händler etabliert. Mit extrem günstigen Angeboten drängt Temu aggressiv auf den deutschen Markt und ist innerhalb weniger Monate auf Rang vier der meistbesuchten Onlinemarktplätze in Deutschland aufgestiegen. Für den deutschen Handel kann die Plattform zum Problem werden.
09.02.2024 10:48
Aktualisiert: 09.02.2024 10:48
Lesezeit: 2 min

Temu ist eine chinesische Handelsplattform, die 2022 in den USA gegründet wurde und ein Tochterunternehmen der an der US-Technologiebörse NASDAQ gehandelten PDD Holdings Inc. mit Sitz in Shanghai ist. Ähnlich wie andere beliebte Shopping-Apps wie AliExpress, Walmart und Wish hat Temu ein umfangreiches Produktangebot. Neben Textilien, Accessoires, Haushaltsartikeln, Elektronik, Garten- und Tierbedarf werden viele weitere Konsumartikel angeboten. Temu fungiert als Vermittler zwischen Käufern und Herstellern, ohne eigene große Lager zu haben. Dies ermöglicht es Temu, Produkte zu besonders niedrigen Preisen anzubieten. 26 Prozent der Deutschen haben bereits in den vergangenen sechs Monaten bei Temu eingekauft.

Wettbewerbsverzerrung durch Temu

Trotz der Beliebtheit stellt Temu jedoch eine Herausforderung für die deutsche Wirtschaft dar. Laut der Industrie- und Handelskammer (DIHK) führen die Billigangebote von Temu zu "Wettbewerbsverzerrungen". Deutsche Hersteller und Händler werden mit immer mehr deutschen und europäischen Regulierungen wie dem Lieferkettensorgfaltsgesetz konfrontiert.

Diese Regulierungen sind jedoch oft schwierig durchzusetzen, da Billiganbieter mit Sitz außerhalb der EU kaum belangt werden können. Bis zu 900.000 Postsendungen erreichen Deutschland täglich aus Drittstaaten, 80 Prozent davon kommen aus Asien – eine flächendeckende Kontrolle ist somit in der Realität kaum möglich.

Qualitätsprobleme und Haftungsrisiken

Darüber hinaus gibt es Bedenken hinsichtlich der Qualität und Sicherheit der Produkte, die auf Temu verkauft werden. Die Verbraucherzentrale warnt, dass die niedrigen Preise oft mit einer geringeren Produktqualität und -sicherheit einhergehen. Auf Bewertungsportalen werden Kunden schlechte Qualitäten der Waren, nicht erhaltene Sendungen oder schlecht erreichbaren Kundenservice bemängelt. Viele Produkte entsprechen auch nicht den technischen Sicherheitsstandards in Deutschland. Auch ist fraglich, ob die chinesischen Hersteller die gleichen sozialen oder ökologischen Standards einhalten wie in der EU.

Für den Fall, dass Produkte, die über Temu gekauft wurden, nach der Einfuhr Schaden anrichten, kann dies für den Käufer ernsthafte Konsequenzen haben. Da der Käufer zum Importeur wird, geht die Haftung für die Produkte vom Hersteller auf den Käufer über. Darüber hinaus wurden Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit und des Datenschutzes geäußert, insbesondere aufgrund der chinesischen Eigentümerschaft und der undurchsichtigen Unternehmensstruktur. Zudem fallen Zollgebühren an, die vom Anbieter nicht miteingepreist werden, da sie je nach Zielland unterschiedlich hoch ausfallen.

DIHK für Gesetzesänderung

Um den negativen Auswirkungen von Temu entgegenzuwirken, fordert die DIHK unter anderem die Entschärfung des Lieferkettengesetzes und die Einführung neuer Regulierungen im Bereich Produkt Compliance, etwa für soziale und ökologische Standards. Außerdem sollten die Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen geprüft werden. Eine Einbindung von Anbietern aus Drittländern wäre für ein faires Spielfeld unerlässlich.

Obwohl Temu und ähnliche chinesische Handelsplattformen kurzfristige Gewinne für die deutschen Verbraucher bieten, können sie langfristige negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft haben. Durch ihre aggressiven Preisstrategien und mangelnde Einhaltung von Qualitätsstandards können sie zu Wettbewerbsverzerrungen führen und die Position deutscher Hersteller und Händler bedrohen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitalisierung: Cloud bleibt bei kleinen Unternehmen ein Nischenthema
24.11.2025

Während große Unternehmen längst auf Cloud-Dienste für Speicher, Rechenleistung und Softwareanwendungen setzen, ist die Nutzung bei...

DWN
Technologie
Technologie Digitalisierung: Was Deutschland von Estland lernen sollte
24.11.2025

Deutschland steckt im digitalen Stau: Ämter arbeiten auf Papier, Gründer warten wochenlang, Unternehmen verlieren Zeit und Geld. Estland...

DWN
Politik
Politik Deutschland investiert am meisten in Soziales – IW-Studie zeigt EU-Spitzenplatz
24.11.2025

Deutschland führt europaweit bei den Sozialausgaben: Laut einer aktuellen Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft fließen...

DWN
Panorama
Panorama Artenschutz-Gipfel eröffnet: 185 Staaten verhandeln über das Überleben bedrohter Arten
24.11.2025

In Usbekistan hat eine internationale Artenschutzkonferenz begonnen, bei der Vertreter aus 185 Staaten über strengere Regeln für den...

DWN
Politik
Politik US-Sanktionen: Warum Russlands Schattenflotte außer Kontrolle gerät
24.11.2025

Der Druck aus Washington entfaltet weltweit Wirkung, weil Russlands Ölexporte unter den US-Sanktionen einbrechen und zugleich der...

DWN
Finanzen
Finanzen Hensoldt-Aktie: Möglicher Ukraine-Frieden belastet Aktienkurs – wo ist der Boden?
24.11.2025

Die Hensoldt-Aktie ist zum Handelsauftakt der neuen Börsenwoche weiter unter Druck geraten. Im Ringen um einen Friedensplan für ein Ende...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie bleibt unter Druck: Rüstungskonzern mit vielen Unsicherheiten – was das längerfristig für Anleger bedeutet
24.11.2025

Die Rheinmetall-Aktie rutscht zum Wochenauftakt im frühen Börsenhandel weiter ab. Der Rüstungskonzern plant in Hamburg ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Keine Lust aufs Lernen: Beschäftigte wenden sich Weiterbildungen ab
24.11.2025

Immer weniger Beschäftigte in Deutschland planen, sich beruflich weiterzubilden. Laut einer aktuellen Erhebung der Bertelsmann-Stiftung...