Politik

Ifo-Präsident Fuest: Rechtsextreme Erfolge gefährden Zusammenarbeit

Lesezeit: 2 min
11.06.2024 10:30  Aktualisiert: 11.06.2024 10:30
Wahlerfolge rechtsextremer Parteien in der EU bedrohen laut dem Chef vom Ifo-Institut die Zusammenarbeit in Verteidigung, Migration und Handel. Nationalismus könnte Europa spalten. Warum?
Ifo-Präsident Fuest: Rechtsextreme Erfolge gefährden Zusammenarbeit
Ifo-Präsident Clemens Fuest (Archivbild): „Die Dominanz radikaler Parteien in den ostdeutschen Bundesländern verdüstert deren wirtschaftliche Perspektiven“ (Bildquelle: dpa).
Foto: Christina Sabrowsky

Mehr zum Thema:  
AfD > Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
AfD  
Europa  

Rechtsextreme Wahlerfolge in der EU könnten laut Ifo-Präsident Clemens Fuest gemeinsames Handeln bei der Verteidigung, der Migrationspolitik oder der Handelspolitik untergraben. „Hier kann Europa nur erfolgreich sein, wenn die Bereitschaft besteht, nationale Interessen gelegentlich zurückzustellen und zu kooperieren. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass die EU auf diesem Gebiet schon bislang nur sehr begrenzte Erfolge vorzuweisen hat“, sagte Fuest am Dienstag in Dresden.

Innerhalb der Eurozone könnten sich die Konflikte in der Schuldenpolitik verschärfen. Die sehr hohe Verschuldung in Frankreich und Italien berge Konfliktpotenziale.

„Die Reaktion an den Kapitalmärkten heute – Anstieg der Zinsdifferenzen zwischen Deutschland einerseits und Frankreich und Italien andererseits – zeige, dass die Investoren dieses Risiko sähen“, erklärte Fuest.

Gefahr für die ostdeutschen Bundesländer

Auch die politischen Entwicklungen in Deutschland bereiten Sorge. „Die Dominanz radikaler Parteien wie AfD oder BSW in den ostdeutschen Bundesländern verdüstert deren wirtschaftliche Perspektiven, auch wenn diese Resultate nicht ohne Weiteres auf Landtagswahlen übertragbar sind“, so Fuest weiter. Die Verluste der Grünen und die Schwäche der SPD würden die Arbeit der Ampelkoalition erschweren. „Größere wirtschaftspolitische Reformen für den Wirtschaftsstandort sind wohl nicht mehr zu erwarten“, fügte er hinzu.

Trotz dieser Herausforderungen sieht Fuest keinen Grund, die Wirtschaftspolitik der Ampelregierung generell als gescheitert zu betrachten. „Ein Problem besteht sicherlich darin, dass die Ampelregierung nicht den Eindruck erweckt, eine überzeugende und gemeinsame wirtschaftspolitische Strategie zur Bewältigung der anstehenden ökonomischen Herausforderungen zu haben“, sagte Fuest. Er betonte die Notwendigkeit einer ehrlichen Bestandsaufnahme und einer überzeugenden Strategie zur Bewältigung großer Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, der Digitalisierung, der Klimaerwärmung und der Umweltzerstörung.

Risiken für Europas Wirtschaftsstandort

Auch der europäische Green Deal könnte laut Fuest Veränderungen erfahren. „Für den Wirtschaftsstandort kann das positiv sein, sofern übermäßig bürokratische und ineffektive Teile des Green Deal zurückgenommen werden“, sagte er. „Erhebliche Nachteile könnten sich ergeben, wenn es zu Einschränkungen des Binnenmarktes kommt, oder Uneinigkeit die Zusammenarbeit verhindert.“

„Gleichzeitig sollte man Mut statt Angst machen und darlegen, welche Wege es gibt, das Notwendige bestmöglich umzusetzen“, erklärte Fuest.

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.


Mehr zum Thema:  
AfD > Europa >

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Memoiren „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Erinnerungen schönschreibt
22.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat
22.11.2024

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
22.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktien sind heiß gelaufen: Warum immer mehr Analysten den europäischen Aktienmarkt in den Blick nehmen
22.11.2024

Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht zunehmend Risiken für US-Aktien. Nach der jüngsten Rekordjagd an den US-Börsen verlieren...

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...