Pistorius sprach sich klar für Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat aus. "Scholz ist ein starker Kanzler und der richtige Kanzlerkandidat." Er habe eine komplexe Dreierkoalition durch eine der größten Krisen der letzten Jahrzehnte geführt. "Scholz steht für Besonnenheit und Vernunft." Dies sei in schwierigen Zeiten unverzichtbar. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll Scholz am Montag im Parteivorstand offiziell nominiert werden.
Der Beginn: Mützenich und die "Grummel"-Debatte
Mit dem Zerbrechen der Ampel-Koalition begann in der SPD die Debatte über einen möglichen Kanzlerkandidatenwechsel. Immer mehr Genossen sprachen sich aufgrund der höheren Beliebtheitswerte und vermeintlich besseren Wahlchancen offen für Pistorius aus. Dies betraf Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene.
Obwohl die SPD-Führung hinter Scholz stand, zögerte sie zunächst, ihn nach der Entscheidung für eine Neuwahl am 23. Februar offiziell zu nominieren. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich befeuerte die Diskussion mit dem Hinweis, dass es in der Partei ein "Grummeln" in der K-Frage gebe.
Pistorius: "Alles offen – außer Papst werden"
Pistorius ließ die Debatte tagelang unkommentiert, statt sie zu beenden. "In der Politik sollte man nie etwas ausschließen", erklärte er bei einer Veranstaltung der Mediengruppe Bayern in Passau. "Das Einzige, was ich definitiv ausschließen kann, ist, dass ich Papst werde", scherzte er. Gleichzeitig stellte er jedoch klar: "Die Kanzlerkandidatur ist nicht Teil meiner Lebensplanung, und das muss auch ehrlich so bleiben."
Scholz: Anspruch frühzeitig angemeldet
Olaf Scholz hatte seinen Anspruch auf die Kanzlerkandidatur bereits im Juli formuliert, als die Ampel-Koalition noch intakt war: "Ich werde erneut als Kanzler antreten", erklärte er damals. In den vergangenen Tagen verzichtete Scholz jedoch auf ähnlich eindeutige Aussagen, um nicht den Eindruck zu erwecken, er wolle sich selbst ins Rennen schicken.
Der Parteivorstand, bestehend aus 34 Mitgliedern, wird Scholz voraussichtlich am Montag offiziell nominieren. Am 11. Januar entscheidet der Parteitag endgültig über die Kanzlerkandidatur, was in der Regel reine Formsache ist. Bereits am 30. November wird Scholz bei einer "Wahlsiegkonferenz" in Berlin präsentiert.
Große Hürde: Die SPD vor einer Mammutaufgabe
Um erneut Kanzler zu werden, steht Scholz vor einer enormen Herausforderung. In den Umfragen liegt die SPD mit 14 bis 16 Prozent hinter der AfD mit 18 bis 19 Prozent und deutlich hinter der Union, deren Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) Werte von 32 bis 34 Prozent erzielt.
Scholz erinnerte kürzlich in der Süddeutschen Zeitung an die Bundestagswahl 2021. Damals lag die SPD zweieinhalb Monate vor der Wahl ebenfalls weit hinter der Union – bis zu 16 Prozentpunkte. Ein Fehltritt von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet im Flutgebiet änderte damals die Dynamik. Am Ende erreichte die SPD 25,7 Prozent und Scholz wurde Kanzler der ersten Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene.