Politik

Elternunterhalt: Wenn Geld für die Pflege fehlt - Gericht begrenzt Auskunftspflicht

Wie weit greift die Auskunftspflicht von Angehörigen, wenn bei den Eltern das Geld für die Pflege nicht reicht? Damit hat sich das Bundessozialgericht in Kassel beschäftigt.
27.11.2024 13:17
Lesezeit: 2 min

Reichen die eigene Rente und die Ersparnisse im Alter nicht zum Leben, können gut situierte Kinder für den Unterhalt herangezogen werden. Aber wie weit greift die Auskunftspflicht von Angehörigen, wenn bei den Eltern das Geld für die Pflege nicht reicht? Damit hat sich das Bundessozialgericht beschäftigt.

Bundessozialgericht begrenzt Auskunftspflicht

Das Bundessozialgericht in Kassel hat die Begrenzung der Auskunftspflicht für Angehörige gegenüber dem Sozialstaat bestätigt, wenn bei den Eltern das Geld für die Pflege nicht reicht. Geklagt hatte ein Mann, dessen Vater in einem Seniorenheim lebt und der vom Sozialhilfeträger Hilfe zur Pflege erhält. Der Sozialhilfeträger, der Landkreis Neuwied, holte im Internet Informationen über die Arbeitgeberin des Mannes ein und vermutete daraufhin, dass dessen Einkommen 100.000 Euro jährlich überschritt. Daraufhin verlangte der Kreis vom Sohn Auskunft über sein Einkommen und sein Vermögen. Dieser wehrte sich: Mit den genannten Informationen sei die gesetzliche Vermutung nicht widerlegt, daher bestehe keine Auskunftspflicht, argumentierte er.

Das Bundessozialgericht gab ihm nun recht: Vermögensauskünfte können nach dem Angehörigen-Entlastungsgesetz erst dann verlangt werden, wenn die Einkommensgrenze von 100.000 Euro tatsächlich überschritten wird, entschied der 8. Senat.

Seit Januar 2020 müssen Kinder für pflegebedürftige Eltern nur noch dann Unterhalt zahlen, wenn sie ein Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro haben. Dabei wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltspflichtigen Angehörigen diese Grenze nicht überschreitet. Für eine Auskunftspflicht müssen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten dieser Grenze vorliegen, erst dann darf der Sozialhilfeträger ermitteln.

Zunächst dürfen nur Auskünfte zum Einkommen erfragt werden

Im konkreten Fall hatte das Sozialgericht Köln die Klage des Mannes zunächst abgewiesen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hob dieses Urteil dann auf. Zwar lägen hinreichende Anhaltspunkte für das Überschreiten der Einkommensgrenze vor, der Sozialhilfeträger habe in einem ersten Schritt aber nur Auskünfte zum Einkommen erfragen dürfen.

Erst wenn auf dieser Grundlage die 100.000-Euro-Grenze tatsächlich überschritten sei, bestehe in einem zweiten Schritt ein umfassendes Auskunftsrecht, das sich auch auf Vermögen beziehe. Vermögensauskünfte könne er erst verlangen, wenn die Einkommensgrenze tatsächlich überschritten werde. Das umfassende Auskunftsverlangen sei deshalb rechtswidrig.

Dagegen hatte der Sozialhilfeträger Revision eingelegt. Das vom Landessozialgericht geforderte gestufte Auskunftsverfahren finde im Gesetz keine Stütze, argumentierte er. Wenn zu vermuten sei, dass die Einkommensgrenze überschritten werde, bestehe auch die Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen, damit der Sozialhilfeträger den Unterhaltsanspruch umfassend prüfen könne.

Entlastung für Angehörige Pflegebedürftiger

Das BSG folgte dieser Argumentation nicht. Der Verwaltungsakt sei rechtswidrig und verletzte den Kläger in seinen Rechten, führte der 8. Senat aus. Zwar gebe es hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Mann ein Einkommen von mehr als 100.000 Euro habe. Hinreichend seien diese dann, wenn nicht nur eine ganz entfernte, sondern eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Überschreitung vorliege. Auch sei nicht zu beklagen, dass der Sozialhilfeträger diese Anhaltspunkte aus dem Internet, also einer öffentlich zugänglichen Quelle, bezogen habe. Er sei nicht auf Auskünfte des Leistungsberechtigten beschränkt.

Die Auskunftspflicht sei aber zunächst auf die Einholung von Auskünften zu den Einkommensarten beschränkt. Daraus ergebe sich zwangsläufig das vom Landessozialgericht geforderte gestufte Auskunftsverfahren. Der Gesetzgeber habe mit der neu gestalteten Auskunftspflicht in erster Linie erwachsene Kinder pflegebedürftiger Eltern entlasten wollen. Eine Ausweitung der Auskunftspflicht ließe sich damit nicht vereinbaren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzstabilitätsbericht 2025: Bundesbank warnt vor wachsenden Risiken für Banken
06.11.2025

Insgesamt stehen Deutschlands Banken gut da. Doch es gibt reichlich Risiken. Und bisweilen werden sie unterschätzt, warnt die Bundesbank.

DWN
Politik
Politik Brics-Europa-Symposium: AfD-Politiker reisen nach Russland
06.11.2025

AfD-Abgeordnete reisen zu einer Konferenz nach Russland. Dabei kommt es vielleicht auch zu einem Treffen mit Ex-Präsident Medwedew. Die...

DWN
Panorama
Panorama Uhrmacherhandwerk: Schwarzwälder wollen Kuckucksuhr als Kulturerbe schützen
06.11.2025

Die Kuckucksuhr feiert ihren 175. Geburtstag – doch die Branche steht vor Herausforderungen. Warum Hersteller jetzt auf mehr Schutz und...

DWN
Finanzen
Finanzen Schufa Auskunft: Wie lange darf die Schufa Zahlungsprobleme speichern?
06.11.2025

Der Schufa-Score soll Unternehmen helfen, die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden einzuschätzen. Aber wie lange dürfen die Daten gespeichert...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OECD schlägt Alarm: Zu wenig Tempo beim Klimaschutz
06.11.2025

Die Industriestaatenorganisation warnt: Die Welt ist nicht auf Kurs, um ihre Klimaziele zu erreichen. Welche Konsequenzen drohen, wenn...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsbau: Regierung reaktiviert Neubauförderung mit 800 Millionen Euro
06.11.2025

Für bestimmte Neubauprojekte gibt es nun wieder Fördergeld. Welche Bedingungen Bauherren erfüllen müssen – und warum viele genehmigte...

DWN
Immobilien
Immobilien Dachausbau: Wie sich das verborgene Potenzial nutzen lässt
06.11.2025

Die Umgestaltung von Dachböden in Wohnräume ist eine der günstigsten Methoden, um neue Wohnfläche zu gewinnen.

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie im Plus: Trotz starker Quartalszahlen und Rekordaufträgen bleiben Risiken
06.11.2025

Rheinmetall überzeugt mit starken Quartalszahlen und rekordhohen Aufträgen – doch Lieferverzögerungen und Investitionen belasten die...