Wirtschaft

EU-Emissionshandel: Wird Heizen und Tanken ab 2027 zum Luxus?

Wenn in zwei Jahren der europäische Emissionshandel für Verkehr und Gebäude in Kraft tritt und die CO2-Zertifikate frei gehandelt werden, wird mit stark steigenden Preisen für Benzin, Öl und Gas gerechnet. Die Hintergründe.
28.02.2025 05:51
Lesezeit: 3 min
EU-Emissionshandel: Wird Heizen und Tanken ab 2027 zum Luxus?
Rauch steigt aus Schornsteinen von holzverarbeitenden Industriebetrieben am Seehafen Wismar auf (Foto: dpa). Foto: Jens Büttner

Bereits seit Anfang 2021 müssen Unternehmen, die Heiz- und Kraftstoffe in den Verkehr bringen, Emissionszertifikate in entsprechender Höhe hierfür erwerben. Durch diesen sogenannten Europäischen Emissionshandel sollen die CO2-Emissionen langfristig gesenkt werden, um die Klimaziele zu erreichen.

Bisher galt der Europäische Emissionshandel vor allem für Energieunternehmen und die energieintensive Industrie. Hier werden die Zertifikate frei gehandelt und der Preis bildet sich am Markt. Ab 2027 soll dies nun auch auf den Gebäude- und Verkehrssektor ausgeweitet werden. Aktuell legt in Deutschland noch der Staat hierfür den Preis für die Tonne CO2 fest, momentan beträgt er 55 Euro. Werden die Zertifikate für Gebäudewärme und den Verkehrssektor dann auch frei gehandelt, steht zu befürchten, dass die Preise fürs Heizen und Tanken extrem steigen werden.

Höhere CO2-Preise sind gewollt

Wie bereits CDU und FDP angekündigt haben, wollen sie bei einem Wahlsieg in erster Linie auf höhere CO2-Preise setzen und das bestehende Heizungsgesetz abschaffen. In einer gemeinsamen Studie des Öko-Instituts und des Paritätischen Gesamtverbandes wird davor gewarnt. Im Ergebnis zeigt die Studie auf, dass durch eine reine Marktlösung bei der Preisbildung für die CO2-Zertifikate, diese das Heizen fast unbezahlbar machen würden für viele Verbraucher.

Auch der ADAC warnt vor einer dramatischen Erhöhung für die Spritpreise und fordert eine Entlastung der Verbraucher. Wie ADAC-Präsident Christian Reinicke ausführte, sei in diesem und im kommenden Jahr nur mit moderaten Preissteigerungen von ca. 3 Cent pro Liter bei Benzin und Diesel zu rechnen. Ab 2027 rechnet er allerdings mit einem deutlich steigenden Preis für die CO2-Zertifikate und erwartet auch Steigerungen bei den Benzin- und Dieselpreisen von bis zu 19 Cent pro Liter in den kommenden Jahren.

Um die internationalen Klimaziele einzuhalten, soll Deutschland bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. Der CO2-Ausstoß soll deshalb drastisch gesenkt werden und über den Preis für die CO2-Zertifikate soll diese Entwicklung gelenkt werden. Durch die höheren Preise soll die Umstellung auf klimafreundlichere Technologien vorangetrieben werden.

CO2-Preis kann zu einer Verdoppelung der Heizkosten führen

In der Studie des Öko-Instituts und des Paritätischen Gesamtverbandes wurde herausgearbeitet, dass der CO2-Kostenaufschlag teurer als das Heizungsgesetz werden wird. Nach den Ergebnissen der Studie wäre dann ein CO2-Preis von 524 Euro erforderlich, um die CO2-Emissionen genauso stark zu reduzieren, wie dies durch die Maßnahmen des Heizungsgesetzes bis 2030 möglich wäre. Dieser extreme CO2-Preis würde beim Gas zu zusätzlichen Kosten von 10,52 Cent pro Kilowattstunde führen. Das entspräche praktisch einer Verdoppelung des Gaspreises. Wer in seinem Wohneigentum mit Gas heizt und bislang Heizkosten von 1000 Euro jährlich hatte, müsste dann mit zusätzlichen Heizkosten in Höhe von 887 Euro rechnen.

Während durch das Heizungsgesetz nur diejenigen betroffen sind, die eine neue Heizung einbauen müssen und diese dann zu 65 Prozent auf erneuerbare Energien umstellen müssen, sind durch einen hohen CO2-Preis alle Haushalte betroffen.

Die Studie schlägt statt einer reinen Marktregelung beim CO2-Preis eine soziale Wärmewende vor. Diese soll gezielte Entlastungen, Maßnahmen zum Mieterschutz und Anreize für Industrie und Kommunen miteinander kombinieren.

Klimageld als Ausgleich für hohe CO2-Preise

ADAC-Präsident Reinicke sieht zwar höhere CO2-Preise auch als probates Mittel um die emissionsärmere Mobilität zu fördern. Er mahnt jedoch an, dass viele Menschen nicht in der Lage sind, auf ihre Pkws zu verzichten und auf Elektromobilität oder klimafreundliche Kraftstoffe umzusteigen. Deshalb müsse die Politik die zu erwartenden Preissteigerungen beim Benzin und Diesel ab 2027 durch Maßnahmen zur Entlastung abfedern. Er schlägt vor, über das Klimageld die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung teilweise zurückzuerstatten für Menschen mit einem niedrigen Einkommen. Auch müsste die Pendlerpauschale dauerhaft erhöht werden.

Die Einführung des angesprochenen Klimageldes wurde bereits von der scheidenden Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, allerdings fand keine Umsetzung mehr statt. Ende Januar hat der Bundestag allerdings noch das TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024 verabschiedet, das auch bereits den Bundesrat passierte. Durch das Gesetz werden die neuen Vorgaben der EU-Emissionshandelsrichtlinie praktisch vollständig als deutsches Recht umgesetzt. Mit diesem Gesetz wurde auch der Grundstein für die drastische Steigerung der CO2-Bepreisung gelegt.

Emissionsrückgang nicht ausreichend um Klimaziele zu erreichen

Der Expertenrat für Klimafragen stellte in einem Gutachten fest, dass die Treibhausgas-Emissionen seit 2021 gesunken sind. Diese Emissionsrückgänge seien ausreichend gewesen, um die im Klimaschutzgesetz festgelegten maximalen Emissionsmengen in den Jahren 2021 bis 2023 einzuhalten. Allerdings kommt das Gutachten auch zu dem Schluss, dass die Rückganggeschwindigkeit nicht ausreicht, das vereinbarte deutsche Klimaziel des Rückgangs um 65 Prozent bis zum Jahr 2030 zu realisieren. Durch den reformierten EU-Emissionshandel soll die Senkung der Treibhausemissionen in der gesamten EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 erreicht werden. 2050 soll dann die vollständige Klimaneutralität erreicht sein.

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