Die (Finanz-)Welt ist in Unordnung. Trump zerstört mit seinem Führungsstil das Vertrauen in den sicheren Anlagehafen US-Dollar. Und angesichts der Schuldenorgien bei gleichzeitiger Zinslosigkeit spricht nur noch Pinocchio von Finanzstabilität. Nicht zuletzt gibt es coronale Konjunktur-Risiken. Gute Gründe also, dass stabile, da nicht beliebig vermehrbare Kryptowährungen erst am Beginn einer sagenhaften Kursrallye stehen, oder?
Der Boden für Bitcoin & Co. ist gut gedüngt, allerdings …
Solange diese Risiken anhalten, bleiben Kryptos im Fokus. Die Finanz-Instabilität ist gekommen, um zu bleiben. Die weltweit galoppierende Verschuldung muss weiter billig finanziert werden, so dass Zinspapiere bis zum Sankt Nimmerleinstag als ernstzunehmende Anlageklasse ausscheiden.
Allerdings, sollte es nicht zur Widerwahl Trumps kommen, könnten sich die geopolitischen Spannungen im transatlantischen Verhältnis zumindest abflachen. Und käme es in der Behandlung von Corona zu immer wirksameren Medikamenten, vielleicht sogar zu Impfstoffen, würde die Konjunktur ordentlich Fahrt aufnehmen. Insgesamt braucht man dann keine Kryptos, sondern vor allem Aktien, denen neben der Liquiditäts- auch noch die Fundamentalhausse zugutekäme.
Ohnehin ist Gold im Revier der sicheren Anlageklassen der Platzhirsch. Gold wird von den Notenbanken seit 2008 gekauft und auch große Kapitalsammelstellen sichern sich damit immer mehr gegen die Krisen der Welt ab. Diese solide Eigentümerstruktur verleiht Gold Kursstabilität. Dagegen wird der Krypto-Markt von eher wenigen großen Akteuren bestimmt, die je nach Kauf- bzw. Verkaufslaune für im Vergleich viel heftigere Kursschwankungen sorgen.
Politiker werden nie die besten Freunde von Bitcoin werden
Grundsätzlich kann der Staat kein großes Interesse am Siegeszug von Kryptowährungen als allgemeines Zahlungsmittel haben. Mit dem durch Rechenkapazitäten der Computer beschränktem, also nicht beliebig vermehrbarem Krypto-Geld hätte dieses zwar einen unbestritten soliden Stabilitäts-Charakter.
Doch ist genau dieser Stabilitäts-Vorteil der Nachteil für Finanzpolitiker. Die ungebremste Geldvermehrung zur ungebremsten Schuldenfinanzierung wäre massiv bedroht. Konjunkturprogramme, gerne auch zu wahlpopulistischen Zwecken, wären eingeschränkt. Haben Politiker nicht genau aus diesem Grund die frühere Gold-Deckung unseres Kreditsystems aufgegeben? Oder hat man jemals gehört, dass Frösche freiwillig ihre Tümpel trockenlegen?
Und bei Bedarf werden Politiker die Moralkeule einsetzen. Sie werden argumentieren, dass mit anonymen Kryptos kriminellen Handlungen Tür und Tor geöffnet ist. Mit welcher Berechtigung - so ihre Argumentation - würden Steuerhinterziehung, Schwarzgeld oder Drogenkriminalität verboten, wenn man alternativ dunkle Krypto-Ecken erlaubt?
„Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“
Trotz dieser politischen Bedenken haben Kryptowährungen ihre reine Exoten-Ecke längst verlassen. Die Krypto-Ideologie - überhaupt nicht böse gemeint - hat mittlerweile eine feste und wachsende Anhängerschaft. Dabei hilft sicherlich auch, dass es an Liquidität für alle möglichen und unmöglichen Anlage-Ideen nicht mangelt.
Aber kommt Bitcoin als „digitales Gold“ auch für jeden Otto Normal-Anleger in Frage? Für viele von ihnen ist das Thema noch wenig greifbar, intransparent, geradezu „nerdisch“. Bitcoins in Echt zu besitzen ist keine Option, auch weil der im Vergleich zu Gold höhere Preis abschreckt.
Um Kryptowährungen im Anlage-Mainstream auf die Sprünge zu helfen, muss die Idee viel begreifbarer dargeboten werden. Daneben muss sich die Produktpalette vergrößern, die - ohne Kryptos zu besitzen - die Wertentwicklung von Bitcoin & Co. eins zu eins abbildet. Dazu müssen auch die Kaufpreise gesplittet werden, um sie optisch aufzuhübschen. Hier gibt es beispielsweise über Zertifikate bereits sinnvolle Investitionsmöglichkeiten.
Dann bleibt aber immer noch die große Schwankungsbreite von Kryptos, die sich auch aktuell wieder zeigt. Einerseits sind märchenhafte Gewinne möglich, aber auch alptraumhafte Verluste. Das muss man als Anleger erst einmal aushalten können. Volatilität ist nicht umsonst ein Risikomaß. Insofern wird die Krisenwährung für klassische Anleger weiterhin physisches Gold sein, selbst wenn Bitcoin zwischenzeitlich von der Performance her vor Gold liegen sollte.
Für Anleger, die sich des Chance-Risiko-Verhältnisses bewusst sind, stellen Kryptos paradiesische Spekulationsobjekte dar. Wer aber nach Anlageobjekten sucht, wird an Aktien nicht vorbeikommen.