Deutschland

Russland-Sanktionen der Politik setzen BASF schwer zu

BASF muss am Stammsitz Ludwigshafen viele hundert Stellen abbauen. Während Berlin kein russisches Gas und Öl mehr kauft, greifen andere europäische Länder weiter zu - ein großer Wettbewerbsnachteil für Deutschland.
24.02.2023 09:00
Aktualisiert: 24.02.2023 09:13
Lesezeit: 3 min
Russland-Sanktionen der Politik setzen BASF schwer zu
Blick auf das BASF-Werk in Ludwigshafen. (Foto: dpa) Foto: BASF

Der weltgrößte Chemiekonzern BASF reagiert mit dem Abbau von 2.600 Stellen weltweit auf die Energiekrise als Folge der gegen russische Energieträger verhängten Sanktionen. Rund zwei Drittel davon entfallen auf Deutschland, teilte der Dax-Konzern am Freitag mit. Zudem seien weitere 700 Stellen in der Produktion am Standort Ludwigshafen von Einschnitten betroffen. Insgesamt rund 2.500 Arbeitsplätze könnten demnach in Ludwigshafen wegfallen.

Berlin schießt sich selbst ins Bein

Die Bundesregierung hat freiwillig den Bezug russischen Erdöls und Erdgases gestoppt. Andere europäische Länder setzen weiterhin auf russisches Öl und Gas. So hat Spanien die Importe von Erdgas aus Russland im vergangenen Jahr gesteigert und der geopolitische Konkurrent Polen bezieht weiterhin russisches Gas aus der Druschba-Pipeline. Erdöl und insbesondere Erdgas sind aber für die chemisch Industrie extrem wichtig.

Lesen Sie dazu: Chemie-Branche: „Industrieller Flächenbrand“ bei Wegfall von russischem Gas

Für den Wirtschaftsstandort Deutschland ergeben sich daraus massive Nachteile. So wird Gas nun in Form von Flüssiggas aus Übersee bezogen - dieses ist aber viel teurer als russisches Pipelinegas und überdies viel umweltschädlicher produziert worden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, russisches Gas und Öl ebenfalls zu höheren Preise von europäischen Nachbarländern zu kaufen - wie dies etwa im Fall der kriselnden PCK-Raffinerie geschieht. Diese muss nun russisches Gas teurer aus Polen beziehen und wird darüber hinaus von Warschau abhängig.

Trübe Aussichten

Derweil stellt sich BASF auf einen deutlichen Ergebnisrückgang im laufenden Jahr ein. Der Chemiekonzern hatte 2022 wegen der explodierenden Energiekosten in Europa und der abflauenden Konjunktur ein Sparprogramm angekündigt. Damit will das Unternehmen ab 2024 jährlich 500 Millionen Euro außerhalb der Produktion sparen, davon soll die Hälfte im Stammwerk Ludwigshafen realisiert werden. Im Stammwerk beschäftigt der Konzern rund 39.000 seiner mehr als 111.000 Mitarbeiter weltweit. Schwerpunkte der Kosteneinsparungen sind Service-, Unternehmens- und Forschungsbereiche sowie die Konzernzentrale. Im Gegenzug fallen etwa 400 Millionen Euro Kosten für das Sparprogramm an.

BASF als größtem industriellen Gasverbraucher Deutschlands machen die hohen Energie- und Rohstoffkosten zu schaffen. Die Unsicherheiten wegen des Kriegs in der Ukraine, hoher Rohstoff- und Energiekosten in Europa, steigender Preise und Zinsen und die Folgen der Russland-Sanktionen würden auch 2023 fortbestehen, hieß es. All das werde die weltweite Nachfrage belasten.

„Die Wettbewerbsfähigkeit der Region Europa leidet zunehmend unter Überregulierung“, sagte Vorstandschef Martin Brudermüller. Dazu kämen langsame und bürokratische Genehmigungsverfahren und vor allem hohe Kosten für die meisten Produktionsfaktoren. All dies habe bereits über viele Jahre das Marktwachstum in Europa im Vergleich zu anderen Regionen gebremst. Zusätzlich belasteten jetzt die hohen Energiepreise die Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit in Europa.

Lesen Sie dazu: BASF-Chef: Europa verliert gegen Amerika, China und den Mittleren Osten

Im vergangenen Jahr hat BASF den Angaben zufolge 3,2 Milliarden Euro mehr für Energiekosten ausgegeben als im Vorjahr. Alleine für Erdgas musste das Unternehmen 2,2 Milliarden Euro mehr zahlen. Von den Mehrkosten für Erdgas entfielen 1,4 Milliarden Euro auf Ludwigshafen - trotz eines um 35 Prozent geringeren Gasverbrauchs.

Die Maßnahmen in Ludwigshafen würden ab Ende 2026 voraussichtlich zu jährlich über 200 Millionen Euro niedrigeren Fixkosten führen, hieß es. Neben dem Kostensparprogramm ergreife BASF auch strukturelle Maßnahmen. Damit soll das Stammwerk besser für den schärfer werdenden Wettbewerb gerüstet werden. Unter anderem sollen dort eine der beiden Ammoniak-Anlagen und eine Anlage für das Kunststoffvorprodukt TDI sowie Anlagen für Vorprodukte geschlossen werden.

Für das laufende Jahr erwartet BASF Umsätze von 84 Milliarden bis 87 Milliarden Euro nach 87 Milliarden im Vorjahr. Beim operativen Ergebnis (bereinigtes Ebit) rechnet BASF mit 4,8 Milliarden bis 5,4 Milliarden Euro - das wäre ein Rückgang von bis zu 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei erwartet BASF ein schwaches erstes Halbjahr. Die Ergebnissituation dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte mit Aufholeffekten insbesondere in China verbessern.

Im vergangenen Jahr fiel wegen Milliarden-Abschreibungen auf die Tochter Wintershall Dea ein Verlust von 627 Millionen Euro an. Das war weit weniger, als BASF im Januar angekündigt hatte. Da war das Unternehmen noch von einem Verlust von knapp 1,4 Milliarden Euro ausgegangen. Grund dafür seien geringere Abschreibungen auf Wintershall Dea. Die BASF-Tochter beklagt eine faktische Enteignung ihrer Beteiligungen in Russland und plant einen vollständigen Rückzug aus dem Land. 2021 hatte BASF noch rund 5,5 Milliarden Euro verdient.

Trotz eines Verlusts im vergangenen Jahr will BASF genauso viel Geld an die Aktionäre ausschütten wie für 2021. Der Vorstand plane eine Dividende von 3,40 Euro je Aktie. Das eigentlich bis Ende 2023 laufende Aktienrückkaufprogramm hat BASF vorzeitig gestoppt. Anstatt bis zu drei Milliarden Euro seien nur 1,4 Milliarden Euro ausgegeben worden, hieß es. Damit hat das Unternehmen mehr Geld in der Kasse, um etwa zu investieren oder um es in den Konzernumbau zu stecken.

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