Politik

Chinas atombewaffnete U-Boote halten USA in Schach

China hat massive Fortschritte mit seinen atomar bewaffneten U-Booten erreicht und ist nun neben Russland ein weiterer gleichwertiger nuklearer Gegner der USA.
Autor
05.04.2023 14:06
Aktualisiert: 05.04.2023 14:06
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Chinas atombewaffnete U-Boote halten USA in Schach
Die USS Asheville, einem atomgetriebenen Schnellangriffs-U-Boot erhält zunehmend Konkurrenz aus China. (Foto: dpa) Foto: Richard Wainwright

Erstmals hält China mindestens ein atomar bewaffnetes U-Boot mit ballistischen Raketen ständig auf See, so ein Bericht des Pentagons. Demnach führt Chinas Flotte von sechs U-Booten der Jin-Klasse von der Insel Hainan bis ins Südchinesische Meer "fast ununterbrochen" Patrouillen durch. Die Boote sind mit einer neuen ballistischen Rakete mit längerer Reichweite ausgestattet, die Analysten zufolge die USA erreichen können.

Dieses Detail in dem 174-seitigen Bericht des US-Außenministerium erregte wenig Aufmerksamkeit, als der Bericht Ende November veröffentlicht wurde. Es verdeutlicht aber die entscheidend verbesserten Fähigkeiten der Chinesen, zitiert Reuters vier regionale Militärattachés, die mit Marineoperationen vertraut sind, und fünf weitere Sicherheitsanalysten.

Auch wenn Australien im Rahmen der AUKUS-Vereinbarung in den nächsten zwei Jahrzehnten seine ersten U-Boote mit Nuklearantrieb in Dienst stellen wird, belasten die ständigen chinesischen Patrouillen mit ballistischen Raketen auf See die militärischen Ressourcen der USA und ihrer Verbündeten, die ihre Einsätze im Stil des Kalten Krieges intensiviert haben.

"Wir wollen, dass unsere SSNs [atomgetriebene U-Boote] versuchen, sie zu beschatten", sagte Christopher Twomey, ein Sicherheitsforscher an der U.S. Naval Postgraduate School in Kalifornien, in einem privaten Gespräch. "Aber der entscheidende Punkt ist, dass sich die Informationen - die nahezu kontinuierlichen Patrouillen - so schnell verändert haben, dass wir nicht wissen, was sich sonst noch verändert hat."

China: Abschreckung gegen nuklearen Erstschlag

Die neuen chinesischen Patrouillen deuten auf Verbesserungen in vielen Bereichen hin, darunter Logistik, Kommando, Kontrolle und Waffen. Sie zeigen auch, dass China damit begonnen hat, seine U-Boote mit ballistischen Raketen auf die gleiche Weise zu betreiben, wie es die USA, Russland, Großbritannien und Frankreich seit Jahrzehnten tun, sagen Militärattachés, ehemalige U-Boot-Fahrer und Sicherheitsanalysten.

China könnte einen nuklearen Gegenangriff starten, selbst wenn seine landgestützten Raketen und Systeme zerstört würden. Nach der klassischen Nukleardoktrin schreckt das die Gegner davon ab, einen Erstschlag zu führen. Die chinesischen U-Boote werden derzeit mit einer Rakete der dritten Generation, der JL-3, ausgerüstet, wie General Anthony Cotton, der Befehlshaber des Strategischen Kommandos der USA, im März bei einer Anhörung im US-Kongress sagte.

Mit einer geschätzten Reichweite von mehr als 10.000 Kilometern und der Möglichkeit, mehrere Sprengköpfe zu tragen, ermöglicht die Rakete es China erstmals, von chinesischen Küstengewässern aus die USA zu erreichen, heißt es in dem Pentagon-Bericht. In früheren Berichten hieß es, die JL-3 werde voraussichtlich erst eingesetzt, wenn China in den kommenden Jahren seine U-Boote der nächsten Generation vom Typ 096 in Betrieb nimmt.

Nach Angaben der Pazifikflotte unterhält die US-Marine derzeit etwa zwei Dutzend nuklear angetriebener Angriffs-U-Boote (SSNs), die über den gesamten Pazifik stationiert sind, etwa auf den Inseln Guam und Hawaii. Im Rahmen von AUKUS werden ab 2027 Atom-U-Boote der USA und von Großbritannien von Westaustralien aus eingesetzt.

Diese amerikanischen und britischen U-Boote sind die Hauptwaffe auf der Jagd nach U-Booten mit ballistischen Raketen, und werden von Überwasserschiffen und P-8 Poseidon Überwachungsflugzeugen unterstützt. Die USA verfügen zudem über Sensoren, die in wichtigen Seewegen auf dem Meeresboden installiert sind, um U-Boote aufzuspüren.

USA durch Russland und China überfordert

Timothy Wright, Verteidigungsexperte am Londoner International Institute for Strategic Studies, sagte gegenüber Reuters, dass die US-Streitkräfte die Situation wahrscheinlich jetzt bewältigen könnten. Sie müssten aber in den nächsten zehn bis 15 Jahren mehr Mittel einsetzen, sobald China seine getarnten U-Boote vom Typ 096 zum Einsatz bringt.

Die rasche Ausweitung der chinesischen Nuklearstreitkräfte bedeute, dass sich die US-Strategen zum ersten Mal mit zwei "gleichwertigen nuklearen Gegnern" auseinandersetzen müssten, fügte er hinzu. "Das wird den Vereinigten Staaten Sorgen bereiten, denn es wird die US-Verteidigungskräfte überfordern, mehr Ziele gefährden und mit zusätzlichen konventionellen und nuklearen Fähigkeiten angegangen werden müssen", sagte er.

Die Kommunikation ist für U-Boote mit ballistischen Raketen, die im Rahmen ihres Auftrags verborgen bleiben müssen, von entscheidender und komplexer Bedeutung. Die U-Boote der Jin-Klasse, die im Laufe des nächsten Jahrzehnts durch den Typ 096 ersetzt werden sollen, sind relativ laut und leicht zu orten, so die Militärattachés.

Hans Kristensen, Direktor des Nuclear Information Project bei der Federation of American Scientists, erwartet, dass die chinesischen Strategen ihre U-Boote mit dem Aufkommen der JL-3-Rakete vor allem in den tiefen Gewässern des Südchinesischen Meeres halten werden, das China zahlreichen Stützpunkten befestigt hat.

Collin Koh, ein Sicherheitsforscher an der S. Rajaratnam School of International Studies in Singapur, sagte, China könne seine U-Boote mit ballistischen Raketen in einer "Bastion" geschützter Gewässer in Küstennähe halten. "Wenn ich der Planer wäre, würde ich meine strategischen Abschreckungsmittel so nah wie möglich bei mir haben wollen, und das Südchinesische Meer ist dafür perfekt geeignet."

Auch Russland hält den Großteil seiner elf U-Boote mit ballistischen Atom-Raketen weitgehend vor seinen arktischen Küsten, während die entsprechenden U-Boote der Vereinigten Staaten, Frankreichs und Großbritanniens deutlich weiter verstreut sind, zitiert Reuters drei Analysten.

Kristensen erwartet, dass sich die Streitkräfte der Volksrepublik China und der USA zunehmend aneinander "reiben", was die Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Konflikts erhöhe. "Die Amerikaner versuchen natürlich, in diese Bastion einzudringen und zu sehen, was sie tun können und was sie tun müssen, so dass es dort zu Spannungen und Zwischenfällen kommen kann", sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

DWN
Politik
Politik Trump-Krise: Mit bizarrer Aussage offenbart der US-Präsident seine größte Schwäche
13.10.2025

Donald Trump gesteht erstmals einen historischen Fehler ein: Seine angebliche Freundschaft zu Wladimir Putin habe „nichts bedeutet“....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt kippt: Mehr Arbeitslose, weniger Stellen - Stellenabbau statt Fachkräftemangel
13.10.2025

Wirtschaftskrise bremst Neueinstellungen: Die aktuellen Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen, dass der...

DWN
Finanzen
Finanzen Broadcom-Aktie hebt ab: Neuer KI-Deal mit OpenAI beflügelt den Aktienkurs – Analysten warnen
13.10.2025

Ein neuer Milliarden-Deal mit OpenAI lässt die Broadcom-Aktie in die Höhe schnellen – doch Insiderverkäufe und Marktunsicherheiten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Commerzbank-Aktie: Konzern kommt beim Stellenabbau schneller voran als geplant
13.10.2025

Die Commerzbank erzielt beim Abbau von rund 3.300 Arbeitsplätzen in Deutschland deutliche Fortschritte. Nach Angaben des Betriebsrats ist...

DWN
Panorama
Panorama Teure Lifte, volle Pisten: Skifahren bleibt trotz Preisplus beliebt
13.10.2025

Die Preise für Skipässe in den Alpen ziehen an – in Österreich um etwa vier Prozent, mancherorts noch mehr. Doch die Lust auf Schnee...

DWN
Politik
Politik Bundesnachrichtendienst warnt: Mögliche verschärfte Krise mit Russland
13.10.2025

BND-Präsident Martin Jäger zieht eine ernste Bilanz der Sicherheitslage: Eine „heiße Konfrontation“ mit Russland sei jederzeit...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis fällt wegen Überangebots: Markt sieht den Ölpreis bei 50 US-Dollar pro Barrel
13.10.2025

Die OPEC-Staaten drehen den Ölhahn wieder auf und der Ölpreis droht sich zu halbieren. Saudi-Arabien kämpft um Marktanteile, während...

DWN
Panorama
Panorama Cybercrime-Ermittler stoppen über 1.400 betrügerische Webseiten
13.10.2025

Ein gemeinsamer Einsatz von Ermittlern in Baden-Württemberg hat zu einem massiven Schlag gegen Online-Betrug geführt: Mehr als 1.400...