Unternehmen

Umsatzbringer Karneval: Wir sind froh, dass die Menschen das Feiern nicht verlernt haben“

In Deutschland hat der Straßenkarneval begonnen und zieht Millionen Menschen aus aller Welt an. Trotz der kurzen Session rechnet das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mit einem Umsatz von mehr als 1,7 Milliarden Euro. Davon profitieren nicht nur Hotellerie, Gastronomie und Transportgewerbe, sondern auch Kostümhändler.
10.02.2024 10:04
Lesezeit: 3 min
Umsatzbringer Karneval: Wir sind froh, dass die Menschen das Feiern nicht verlernt haben“
Kostümhändler Herbert Deiss: "Wir sind froh, dass die Menschen das Feiern nicht verlernt haben." (Foto: Deiters GmbH) Foto: Julian Huke Photography

Ob in Köln, Düsseldorf oder Mainz: Seit Donnerstag wird in den Karnevalshochburgen Deutschlands wieder gefeiert. Und das zahlt sich für die Wirtschaft in ganz Deutschland aus. Millionen Jecken investieren in Kostüme, Getränke, Essen und Hotel-Übernachtungen. Neue Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) beziffern den bundesweiten Umsatz auf mehr als 1,7 Milliarden Euro - und das, obwohl die Session in diesem Jahr mit nur 95 Tagen so kurz ist wie seit 2016 nicht mehr. Zum Vergleich: 2011 dauerte sie noch 118 Tage, letztes Jahr waren es 103 Tage.

770 Millionen Euro für die Gastronomie

Vor allem für die Gastronomie lohnt sich das Geschäft. „Das Gastgewerbe, also Gastronomie und Beherbergung, profitiert besonders vom Karneval“, sagt Christian Rusche vom IW. „Hier erwarten wir rund 190 Millionen Euro für Übernachtungen und 770 Millionen Euro für die Gastronomie.“ Damit biete die Karnevalszeit einen willkommenen Umsatzschub im ansonsten ruhigeren Wintergeschäft, so IW-Ökonom Rusche. „Im Winter ist der Umsatz in der Gastronomie eher gering, da hilft der Karneval über die Durststrecke hinweg.“

Für den Verkehr, zu dem unter anderem Bahntickets für die Anreise oder Taxifahrten gehören, werden nach Schätzungen des IW 260 Millionen Euro ausgegeben. Der Einzelhandel wird 360 Millionen Euro durch den Verkauf von Kamelle und Kostümen umsetzen. Die Zahlen des IW belegen zudem, dass sich das Karnevalsgeschäft nach der Corona-Zeit wieder erholt hat. So sind die Umsätze mit dem Vorjahr vergleichbar: In der Session ab dem 11.11.2022 setzten Gastronomie, Hotellerie und Co. insgesamt rund 1,65 Milliarden Euro um.

Kostümtrends 2024: Metallic-Looks und Goldbären

Auch in den Filialen von Deiters, dem größten Kostümhändler im Rheinland und deutschlandweitem Marktführer für Verkleidungen aller Art, ist die Karnevalssaison der Umsatzbringer. „Die letzten Tage der fünften Jahreszeit sind für uns die wichtigsten des Jahres. 80 Prozent unseres Umsatzes machen wir zwischen dem 11.11. und Aschermittwoch“, sagt Deiters-Chef Herbert Geiss. Über eine Million Kostüme verkauft Deiters jährlich in den bundesweit 31 Filialen und über den Onlineshop.

„Wir freuen uns sehr, dass die Menschen nach Corona das Feiern nicht verlernt haben und wir wieder auf einem guten Niveau verkaufen können“, so Geiss. Besonders gefragt seien in dieser Saison Metallic-Looks, Outfits im Retro-Chic der 80er- bis 90er-Jahre sowie Kostüme im Stil von Gummibärchen und anderen Süßigkeiten. „Wir haben seit November 2023 eine Kooperation mit dem Bonner Süßwarenhersteller Haribo“, sagt Geiss, „seitdem gibt es bei uns alles, was man zum Naschen von Haribo kennt, als Kostüm.“

Umsatzzahlen wieder auf Vor-Corona-Niveau

Nach einer karnevalsbedingten Pause zwischen 2020 und 2022 sind seit 2023 wieder Karnevalsumzüge und Faschingsfeiern auf den Straßen erlaubt - und mit ihnen Kostüme, Pappnasen und Co. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, wurden im Jahr 2022 Karnevals- und Unterhaltungsartikel im Wert von 114,9 Millionen Euro importiert. Das waren 47,4 Prozent mehr als im Jahr 2021 und 12,5 Prozent mehr als vor der Corona- Pandemie 2019. Wichtigstes Herkunftsland von Karnevalsartikeln für den deutschen Markt war demnach China. Drei Viertel (75,4 Prozent) der 2022 eingeführten Karnevalsartikel stammten aus der Volksrepublik. Die Destatis-Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor, dürften aber ähnlich ausfallen.

„In den letzten Jahren ist die Kaufkraft der Konsumenten hierzulande gesunken und auch unsere Statistiken zeigen, dass die Menschen im Einzelhandel und in der Gastronomie zurückhaltender konsumieren. Deshalb ist die Karnevalszeit für die Hochburgen so wichtig“, erklärt Rusche. Schließlich arbeiteten die zahlreichen Vereine und Unternehmen ein ganzes Jahr lang gemeinsam auf dieses Ereignis hin: „Da ist eine finanzielle Belohnung für die harte Arbeit natürlich wichtig.“

IW-Ökonom: Die Nachricht, die wir brauchen

Aber auch jenseits der Wirtschaft sind die jecken Tage für viele Menschen wichtig, gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten wie diesen. „Der Karneval hat den Charme, dass man dem Alltag und der Krise entfliehen kann, indem man sich verkleidet. Das ist sehr wichtig für die Stimmung und den Zusammenhalt“, sagt IW-Ökonom Rusche. „Mit einem Umsatz von über 1,7 Milliarden Euro trotz der kurzen Session sorgt der Karneval genau für die gute Wirtschaftsnachricht, die wir jetzt brauchen.“ Etwas mehr Zuversicht könne unserer Konjunktur nur guttun, denn ohne Zuversicht hielten sich Verbraucher mit Ausgaben und Unternehmen mit Investitionen zurück, was letztlich zu einer Krise führen könne. „Der Karneval zeigt, dass nicht alles schlecht ist.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Strompreise sollen ab Sommer deutlich sinken – Merz kündigt Entlastungsoffensive an
02.06.2025

Die neue Bundesregierung plant eine deutliche Senkung der Strompreise, die eine große Entlastung für die Bürger mit sich bringen würde....

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...