Politik

Bundeshaushalt 2026: Wer profitiert – und wer verzichten muss

Milliardenausgaben für die Rente, Rekordmittel für die Bundeswehr – und trotzdem fehlen dem Staat absehbar über 170 Milliarden Euro. Der Haushaltsentwurf 2026 ist beschlossen, doch die eigentliche Belastungsprobe steht noch bevor. Inmitten steigender Kosten und wachsender Verschuldung ringt die Koalition um Prioritäten – mit Einschnitten bei Entwicklungshilfe und Verwaltung und viel Geld für Verteidigung und Infrastruktur. Wer jetzt bekommt, was andere bald schmerzlich vermissen dürften.
30.07.2025 11:35
Lesezeit: 3 min

Rente, Bürgergeld, Verkehr: Was im Haushalt 2026 steckt

Das Bundeskabinett beschließt den Entwurf für den Haushalt 2026. Die wirklich großen Herausforderungen aber folgen später.

Es ist der zweite Haushaltsentwurf innerhalb kurzer Zeit. Erst vor wenigen Wochen verabschiedete das Bundeskabinett die Pläne für dieses Jahr – am Mittwoch geht es um den Haushalt 2026. Die eigentliche Herausforderung jedoch liegt in den Jahren danach – denn in der Finanzplanung bis 2029 klafft eine riesige Lücke. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) stimmte die schwarz-rote Koalition bereits auf größere, absehbare Sparzwänge ein. Nach dem Beschluss im Kabinett ist nun der Bundestag am Zug.

Mehr Ausgaben geplant

Vorgesehen sind 2026 Ausgaben von 520,5 Milliarden Euro, das entspricht 3,5 Prozent mehr als für dieses Jahr veranschlagt. Der Haushalt 2025 soll im September beschlossen werden. Die Investitionen sollen 2026 bei 126,7 Milliarden Euro liegen – geplant sind unter anderem die Sanierung von Brücken und Bahnstrecken, ein verstärkter Ausbau der Digitalisierung sowie zusätzliche Mittel für Bildung.

Der Bund will 2026 im Kernhaushalt neue Kredite in Höhe von 89,9 Milliarden Euro aufnehmen. Hinzu kommen neue Schulden von insgesamt 84,4 Milliarden Euro aus den beiden Sondervermögen – dem für Infrastruktur und Klimaschutz sowie dem für die Bundeswehr. Insgesamt sind in den Jahren 2025 bis 2029 neue Schulden von über 850 Milliarden Euro vorgesehen. Als zentrale Prioritäten nennt die Kabinettsvorlage Investitionen für schnelles Wachstum, mehr Beschäftigung und die Modernisierung Deutschlands – sowie die Stärkung der äußeren und inneren Sicherheit. Genannt werden zudem Strukturreformen, damit Mittel aus dem Sondervermögen rasch zur Verbesserung der Infrastruktur beitragen können.

Größte Ausgabenblöcke

Der größte Etat ist wie üblich der des Arbeits- und Sozialministeriums mit rund 197,4 Milliarden Euro – das sind knapp vier Prozent mehr als im Etat 2025 vorgesehen. Der mit Abstand größte Einzelposten im gesamten Haushalt ist der erneut steigende Bundeszuschuss zur Rentenversicherung mit rund 127,8 Milliarden Euro. Bis zum Jahr 2029 steigen die Bundesleistungen laut Kabinettsvorlage auf insgesamt rund 154,1 Milliarden Euro an.

Für das Bürgergeld und die Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung sind 2026 rund 41 Milliarden Euro eingeplant. Das sind etwa 1,5 Milliarden Euro weniger als für 2025 vorgesehen. Begründet wird dies in der Vorlage mit der erwarteten Belebung des Arbeitsmarktes, die zu einer sinkenden Zahl an Leistungsbeziehenden führen und so die Ausgaben senken soll.

Deutlich mehr Geld soll die Bundeswehr erhalten. Für 2026 sind Verteidigungsausgaben von rund 128 Milliarden Euro vorgesehen. Um die Bundeswehr zu stärken, wurde die Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert. Diese sollen in den kommenden Jahren weiter kräftig steigen.

Geplante Schwerpunkte

Im Haushaltsentwurf 2026 sowie in der Finanzplanung bis 2029 seien im Koalitionsvertrag angekündigte Vorhaben "abgebildet", heißt es in der Vorlage. Dazu zählen eine Aufstockung der Förderung für sozialen Wohnungsbau, zusätzliche Mittel für Kitas und die Fortführung des Deutschlandtickets im Nah- und Regionalverkehr – sowie die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie und eine Erhöhung der Pendlerpauschale. Zugleich heißt es, alle Vorhaben stünden unter der Maßgabe, vorrangig Wachstum und Gerechtigkeit zu fördern. "Darüberhinausgehende Maßnahmen können nur dann umgesetzt werden, wenn sich die hierfür notwendigen Finanzierungsspielräume realisieren."

Wo gekürzt wird – und was entfällt

Kein Geld eingeplant ist zunächst für eine Senkung der Ticketsteuer im Luftverkehr. "Momentan sind keine Spielräume im Bundeshaushalt abzusehen", hieß es aus Regierungskreisen. Im Mai 2024 wurde die Luftverkehrsteuer deutlich erhöht. Das verteuert potenziell Passagierflüge ab deutschen Flughäfen.

Auch eine Stromsteuersenkung für alle Betriebe und private Haushalte ist in der Finanzplanung nicht vorgesehen. Dies würde zusätzlich rund 5,4 Milliarden Euro kosten – dafür müssten erst entsprechende Spielräume geschaffen werden.

Kürzungen sind im Etat 2026 etwa bei den Entwicklungsausgaben vorgesehen. Darüber hinaus soll es in der Bundesverwaltung einen Stellenabbau geben – nicht jedoch bei den Sicherheitsbehörden. Im Jahr 2026 soll die Einsparquote bei zwei Prozent liegen.

Große Finanzierungslücken

In der Finanzplanung von 2027 bis 2029 klafft eine erhebliche Haushaltslücke von insgesamt rund 172 Milliarden Euro. Die Lücke hat sich gegenüber den Eckwerten vom Juni nochmals vergrößert. Ein Grund sind milliardenschwere Kompensationen für Kommunen und Länder aufgrund von Steuerentlastungen für Unternehmen. "Der Haushalt 2027 wird eine enorme Herausforderung für die Regierung", sagte Klingbeil.

Um die staatlichen Einnahmen zu stärken, soll laut Kabinettsvorlage "konsequent" gegen Steuerbetrug und Finanzkriminalität vorgegangen werden.

Reformdruck bei den Sozialsystemen?

Union und SPD haben angesichts steigender Milliardenkosten für die Sozialsysteme wie Rente, Gesundheit und Pflege vereinbart, Reformkommissionen einzusetzen. Diese sollen laut Kabinettsvorlage Ergebnisse erarbeiten, die auch zur Entlastung des Bundeshaushalts beitragen. Das jedoch birgt erhebliches Konfliktpotenzial.

Kritik der Grünen

Der Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer sagte, die Koalition habe keinen Plan für die Zukunft. Trotz historischer Verschuldung seien die Haushaltslöcher in wenigen Wochen um viele Milliarden gewachsen. "So wird Verantwortung vertagt, Digitalisierung verschleppt, Klimaschutz ignoriert und internationale Solidarität verweigert."

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