Politik

Was macht Wagner-Chef Prigoschin auf Putins Afrika-Gipfel?

Wagner-Chef Prigoschin, der nach seiner Meuterei gegen Präsident Putin Ende Juni nach Belarus ins Exil gehen musste, hat am Rande des Afrika-Gipfels in St. Petersburg zahlreiche Hände geschüttelt. Wie ist das möglich?
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28.07.2023 14:53
Aktualisiert: 28.07.2023 14:53
Lesezeit: 3 min
Was macht Wagner-Chef Prigoschin auf Putins Afrika-Gipfel?
Wagner-Chef Prigoschin, der nach seiner Meuterei gegen Präsident Putin Ende Juni nach Belarus ins Exil gehen musste, hat am Rande des Afrika-Gipfels in St. Petersburg. (Foto: Facebook/Dimitri Sytyi)

Für die russische Armee waren die Wagner-Söldner vor allem an der Ostfront eine wichtige Stütze. Nach ihrer kurzen Meuterei am 23. und 24. Juni hatte der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ausgehandelt, dass Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin und seine Söldner nach Belarus ins Exil gehen könnten. Putin selbst hatte die Meuterei als "schwerstes Verbrechen", als "Dolchstoß in den Rücken unseres Landes und unseres Volkes" und als "Verrat" bezeichnet und angekündigt, dass die Verantwortlichen dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Doch dann kam es ganz anders. Dass Prigoschin und große Teile seiner Söldnergruppe nach Belarus gingen, um dort eigenen Angabe zufolge "die zweitbeste Armee der Welt aufzubauen", lässt sich noch damit erklären, dass Putin um des inneren Friedens willen auf eine Strafverfolgung der Meuterer verzichtet, obwohl bei der Meuterei mehrere russische Soldaten getötet wurden. Schwieriger zu erklären ist nun aber das Erscheinen von Prigoschin auf dem Russland-Afrika-Gipfel, der am Donnerstag in St. Petersburg begann und der von Präsident Wladimir Putin ausgerichtet wird.

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Prigoschin posierte beim dem Gipfel für Fotos mit afrikanischen Beamten und Delegierten und wirkte dabei gut gelaunt und zufrieden. Zwar finden die Treffen des Wagner-Chefs mit afrikanischen Vertretern in St. Petersburg eher am Rande des Gipfels statt, möglicherweise in einem benachbarten Hotel. Auf zwei Bildern, die am Donnerstag in den sozialen Medien kursierten, ist der Wagner-Chef in blauen Jeans und weißem Hemd zu sehen, wie er lächelnd mit den anwesenden Beamten Hände schüttelnd für die Kamera posiert.

So wurde Prigoschin beim Händeschütteln mit Freddy Mapouka, dem Protokollchef des Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik, Faustin-Archange Touadéra, fotografiert, der an dem Gipfel teilnahm, wie auch die Financial Times berichtet. Das Bild wurde von Dmitry Syty, einem der bekanntesten Wagner-Mitarbeiter in der Zentralafrikanischen Republik, auf seinem Facebook-Account mit der Nachricht veröffentlicht: "Herr Botschafter hat mir die ersten Fotos des Russland-Afrika-Gipfels gezeigt. Wir sehen bekannte Gesichter", daneben ein lächelndes Emoji.

Präsident Touadéra verdankt sein Überleben den Wagner-Kämpfern, die im Jahr 2018 in die Zentralafrikanische Republik kamen, um dort die Armee auszubilden. Zwei Jahre später halfen die Söldner, einen Rebellionsversuch zu vereiteln. Wagner erhält im Gegenzug Zugang zu lukrativen Gold- und Diamantenminen in der Zentralafrikanischen Republik. Touadéra hat für dieses Wochenende eine umstrittene Abstimmung anberaumt, um das in der Verfassung seines Landes verankerte Verbot der Kandidatur für eine dritte Amtszeit außer Kraft zu setzen.

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In einer Ansprache an die Truppen eine Woche nach der Meuterei vom 23. bis 34. Juni unterstrich Putin die Ernsthaftigkeit von Wagners Aktionen: "Sie haben den Bürgerkrieg de facto gestoppt, Sie haben in einer schwierigen Situation klar und koordiniert gehandelt", sagte Putin und bestätigte die Zahl der toten russischen Piloten und Truppen, die in einigen Berichten mit bis zu einem Dutzend Toten angegeben wird. Zudem gab Putin öffentlich bekannt, dass die Wagner-Gruppe seit langem aus dem Staatshaushalt und dem Verteidigungsministerium versorgt und finanziert wird.

Was auch immer sich tatsächlich zwischen Putin und Prigoschin abspielt, der Wagner-Chef verfügt weiterhin über große Macht und eine wichtige Rolle innerhalb der russischen Führung. Denn nur gut einen Monat nach seinem Putschversuch gegen Moskau trifft er sich bereit wieder mit afrikanischen Würdenträgern auf einem von Präsident Putin ausgerichteten Gipfel in St. Petersburg. Neben Putin sind dort wahrscheinlich auch Beamte des russischen Verteidigungsministeriums vertreten, gegen die der Wagner-Chef böse Worte gesandt und die Waffen erhoben hatte.

Das Erscheinen von Prigoschin in St. Petersburg wirft eine Reihe von Fragen auf:

  • Haben sich Prigoschin und Putin wieder vertragen?
  • War die Wagner-Meuterei insgesamt nur inszeniert?
  • War die Revolte nur ein "Fake" beziehungsweise psychologische Kriegsführung?
  • Sind die Söldner in Belarus für Moskau tätig?

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