Finanzen

Heizkostenabrechnung: Mietervereine warnen vor Nachzahlungen und geben Tipps

Lesezeit: 6 min
30.05.2024 19:40  Aktualisiert: 02.06.2024 11:00
Vonovia sorgt erneut für Unmut: Der Wohnungskonzern zieht häufig höhere Vorauszahlungen von den Mieterkonten ein. Der Berliner Mieterverein schlägt Alarm und warnt die Mieter, hohe Nachzahlungen nicht vorschnell „unter Vorbehalt“ zu begleichen. Unser Ratgeber zeigt Ihnen, wie Sie Ihre Heizkostenabrechnung gründlich prüfen können. Die Deutsche Wirtschafts Nachrichten (DWN) haben exklusiv Kommentare vom Berliner Mieterverein und Deutscher Mieterbund eingeholt.
Heizkostenabrechnung: Mietervereine warnen vor Nachzahlungen und geben Tipps
Verbraucher haben etwa vier Wochen nach Erhalt der Abrechnung Zeit, diese zu überprüfen. (Foto: istockphoto/ AndreyPopov)
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Die Aufregung um die hohen Heizkostennachforderungen von Vonovia an Berliner Mieter hat sich gelegt, doch die Betroffenen sind alles andere als beruhigt. In einer kürzlich abgehaltenen Videopressekonferenz betonten die Mieter, dass viele ihrer Widersprüche gegen die Nachforderungen bisher unbeantwortet geblieben seien. Der Streit geht weiter, die Sorgen der Mieter wachsen.

Solche extrem hohen Heizkosten sind bei der VONOVIA in Berlin kein Einzelfall, sondern ein bundesweiter Trend. Auch Städte wie Stuttgart und Hamburg sind betroffen.

Statt die Widersprüche zu bearbeiten, verschickt Vonovia weiterhin Mahnungen für unbezahlte Nachforderungen, obwohl nach Eingang eines Widerspruchs eine Mahnsperre greifen sollte. Außerdem zieht Vonovia häufig höhere Vorauszahlungen von den Mieterkonten ein, obwohl auch diese aufgrund der Widersprüche gestoppt werden müssten.

Berliner Mieterverein kritisiert Vonovia wegen fehlerhafter Heizkostenabrechnungen

Der Berliner Mieterverein (BMV) fordert Vonovia auf, die Heizkostenabrechnungen der Abrechnungsperiode 2022 umfassend zu überprüfen, anstatt Mahnungen für möglicherweise fehlerhafte Abrechnungen zu verschicken. Insbesondere in der Siedlung Mariendorf-Ost wurden Mieterinnen und Mieter um Entschuldigung für Fehler in den Abrechnungen gebeten, während andere hohe Nachzahlungen leisten müssen. BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels betont, dass diese Probleme vermutlich auch in anderen Siedlungen bestehen.

Die Lage spitzt sich zu, da viele Wohnungsunternehmen trotz gesunkener Energiepreise hohe Vorauszahlungen für 2024 verlangen. Heizkostenabrechnungen enthalten oft vierstellige Nachforderungen, die viele Mieter finanziell überfordern. Diese Kosten basieren auf undurchsichtigen Berechnungen, die auch Börsenpreise für Energie einbeziehen. Unternehmen wie Adler, Vonovia und die landeseigene Gewobag haben bisher keine transparenten Erklärungen geliefert.

Der BMV rät betroffenen Mietern, sich durch Mahnungen nicht einschüchtern zu lassen und sich untereinander zu vernetzen. Mieter sollten innerhalb der 30-tägigen Zahlungsfrist Belege anfordern und ihr Zurückbehaltungsrecht nutzen, um die Abrechnungen gründlich prüfen zu lassen. Dieses Recht ist jedoch an rechtliche Bedingungen geknüpft.

Berliner Mieterverein: Das müssen Sie in Ihrer Heizkostenabrechnung prüfen!

Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten haben den Berliner Mieterverein befragt, worauf Verbraucher in ihrer Heizkostenabrechnung achten sollten. Der Berliner Mieterverein, die folgenden Punkte zu prüfen:

Formelle Voraussetzungen: Ist die Heizkostenabrechnung an den richtigen Mieter adressiert? Wie lautet die korrekte Formulierung des Wohnungsgegenstands der Abrechnung? Sind alle in der Abrechnung enthaltenen Positionen umlagefähig?

Verbrauchsabhängige Abrechnung: Wurden die Kosten für Heizung und Warmwasser verbrauchsabhängig abgerechnet? Das bedeutet, ein Teil der Kosten sollte nach dem tatsächlichen Verbrauch und ein Teil nach der Wohnfläche abgerechnet werden. Gängige Umlageschlüssel sind hier in der Regel 50 % - 50 % (zur Hälfte nach Verbrauch, zur Hälfte nach Wohnfläche) oder 70 % - 30 % (70 % nach Verbrauch, der Rest nach Wohnfläche).

Abrechnungszeitraum: Stimmt der Abrechnungszeitraum mit dem im Mietvertrag vereinbarten Abrechnungszeitraum überein?

Abrechnungsdauer: Werden nicht mehr als 12 Monate abgerechnet?

Berücksichtigung der Dezember-Soforthilfe: Wurden die Dezember-Soforthilfen berücksichtigt? Dies ist relevant für die Abrechnungen für das Jahr 2022 bei Gas- und Fernwärme-Heizungen.

Korrekte Verbrauchserfassung: Wurde der Verbrauch korrekt erfasst? In elektronischen Heizkostenverteilern sind die Vorjahresverbräuche meist bis zum Jahresende gespeichert.

Preissteigerungen: Hat sich der Wärmepreis extrem verteuert? Falls ja, warum?

Deutscher Mieterbund: Welche Kosten dürfen nicht in die Heizkostenabrechnung aufgenommen werden?

Der Deutsche Mieterbund rät, bei der Heizkostenabrechnung zu überprüfen, ob nur zulässige Kostenpunkte abgerechnet wurden.

„Im Rahmen der Heizkostenabrechnung dürfen zudem nur bestimmte Kostenpunkte abgerechnet werden, auch da lohnt sich ein Blick auf die Kostenaufstellung. So dürfen beispielsweise Reparaturkosten nicht abgerechnet werden und die Kosten für Heizung und Warmwasser müssen immer getrennt ausgewiesen werden. Ist der Mieter erst im Laufe des Abrechnungszeitraums eingezogen, darf auch nur der Zeitraum ab Mietbeginn als Berechnungsgrundlage herangezogen werden“.

Heizkostenabrechnung zu hoch: Was Mieter tun können

Berliner Mietverein hat eine 7-seitige Anweisung für die Mieter erstellt, was man machen kann, wenn die Heizkostenabrechnung zu hoch ist:

1. Prüfung der Abrechnung:

Vermieter haben 30 Tage Zeit, die Abrechnung zu prüfen. Nach dieser Frist treten Verzugsgebühren ein.

2. Einwände gegen die Abrechnung:

Einwände müssen innerhalb von 12 Monaten nach Erhalt der Abrechnung erhoben werden, sonst verfallen sie.

„Nach Zugang der Abrechnung haben Verbraucher rund vier Wochen Zeit, die Abrechnung zu prüfen und ggf. Einwände zu machen, das heißt die Nachforderung einer korrekten Abrechnung wird grundsätzlich nach vier Wochen fällig. Davon zu unterscheiden ist die zwölfmonatige Einwendungsausschlussfrist: Verbraucher haben ab Zugang der Abrechnung 12 Monate Zeit, Einwände gegen die Abrechnung vorzubringen, was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie nach 12 Monaten mit Einwänden ausgeschlossen sind“, - teilte Berliner Mietverein DWN mit.

3. Zurückbehaltungsrecht bei fehlender Belegeinsicht:

Mieter können bei fehlender Belegeinsicht die Nachzahlung zurückhalten, bis die Belege vorgelegt werden. Diesen Schritt kommentierte Berliner Mietverein für DWN:

„Zunächst sollte Einsicht in die zu der Heizkostenabrechnung gehörigen Belege genommen werden, also die Wärmerechnung und ggf. die Rechnungen für die in der Heizkostenabrechnung aufgeführten Positionen überprüft werden.

Bis der Vermieter Einsicht in die Belege gewährt, haben Verbraucher ein Zurückbehaltungsrecht an der Nachforderung, d.h. sie können die Nachforderung erst einmal zurück halten.

Rechnerisch lohnt es sich, die Ursache für die gestiegenen Kosten zu suchen. Das kann z.B. der gestiegene Wärmepreis sein.

Oder der eigene Verbrauch ist angestiegen. Als Vergleich kann der eigenen Verbrauch ins Verhältnis zum Verbrauch des gesamten Gebäudes gesetzt werden, indem einerseits die Wohnfläche zur Gesamtwohnfläche und der individuelle Verbrauch zum Gesamt verbrauch ins Verhältnis gesetzt wird“.

Wichtig! Deutscher Mieterbund kommentiert: „Auch ein Vergleich mit den Abrechnungen des Vorjahres kann erste Hinweise auf Fehlerquellen geben“.

4. Widerspruch gegen die Abrechnung:

Wenn Sie eine zusätzliche Zahlung aus einer Abrechnung verlangt bekommen, müssen Sie sie erst leisten, nachdem Sie berechtigte Einwände gegen die Abrechnung erhoben haben. Um solche Einwände zu begründen, müssen Sie normalerweise die Belege für die fraglichen Posten einsehen können. Sie müssen die spezifischen fragwürdigen Positionen identifizieren, Zugang zu den Belegen für diese Positionen verlangen und nachdem Sie sie eingesehen haben, den Vermieter direkt mit Ihren Einwänden konfrontieren.

5. Strategie bei fragwürdiger Abrechnung:

Um Zeit zu gewinnen, sollten Sie innerhalb von 30 Tagen die auffälligen Positionen in der Abrechnung mit den Vermietern besprechen und Einsicht in die entsprechenden Belege erhalten. Falls Sie Bedenken haben, können Sie vor dem Beratungstermin Einsicht in die Belege fordern und gleichzeitig Ihr Recht auf Zurückbehaltung der Nachzahlung geltend machen. Sobald Ihnen die Belege vorliegen, sollten Sie die Abrechnung innerhalb von etwa 14 Tagen überprüfen lassen.

6. Unterstützungsantrag beim Jobcenter:

Wenn Sie finanzielle Schwierigkeiten haben, können Sie beim Jobcenter eine Kostenübernahme beantragen.

7. Nachzahlung unter Vorbehalt:

Wenn die Nebenkostenabrechnung unauffällig ist im Vergleich zum Vorjahr oder wenn der Vermieter Belege vorgelegt hat und alles korrekt ist, können Sie unter Vorbehalt nachzahlen. Damit behalten Sie sich das Recht vor, zu viel Gezahltes zurückzufordern, falls Ihre Einwände begründet sind und der Vermieter diese nicht ausräumen kann. Der Vorteil: Sie geraten nicht in Verzug. Der Nachteil: Ihr Zurückbehaltungsrecht geht verloren, und Sie haben kein Druckmittel mehr, um Belege einzufordern, außer gerichtlich. Zudem wird der Vermieter selten von sich aus zu viel Gezahltes erstatten.

8. Zahlung in Raten:

Nachdem Sie alle Prüfungsmöglichkeiten (Unterlagen prüfen, Recht auf Zurückbehaltung ausüben, Einwände erheben, rechtlichen Rat einholen) genutzt haben, können Sie beim Vermieter eine Ratenzahlung beantragen. Es besteht jedoch kein automatisches Anrecht darauf.

9. Anpassung der Vorauszahlungen für Heizkosten:

Vermieter und Mieter haben beide das Recht, die Vorauszahlungen für Heizkosten anzupassen. Eine angemessene Erhöhung basiert auf den tatsächlich angefallenen Kosten der letzten Abrechnung. Vermieter müssen schriftlich erklären, wenn sie eine Erhöhung über diesen Betrag hinaus verlangen.

Heizkosten berechnen: häufige Fehler

DWN haben den Berliner Mieterverein gefragt, welche Fehler bei der Heizkostenabrechnung am häufigsten auftreten. Hier ist die Antwort:

„Häufig wird das Warmwasser nicht verbrauchsabhängig abgerechnet, bzw. werden die Kosen für das Warmwasser auf Grundlage einer veralteten Formel berechnet. Gelegentlich fehlt die für die Abrechnungen 2022 erforderliche Dezember-Soforthilfe. Anzeichen, dass etwas nicht korrekt ist, könnte ein starker Anstieg der Verbräuche sein“.

Mehrfamilienhaus: Wie kann man sicherstellen, dass die Heizkostenabrechnung fair ist?

Der Deutsche Mieterbund empfiehlt Mietern in Mehrfamilienhäusern, sicherzustellen, dass ihre Heizkostenabrechnung die korrekte Wohnungsgröße und Gesamtfläche des Gebäudes berücksichtigt:

„Hier ist verstärkt darauf zu achten, dass der Abrechnung die richtige Quadratmeterzahl der Wohneinheit und Gesamtfläche des Gebäudes zugrunde gelegt wurden. Außerdem darf der Vermieter, wenn im Abrechnungszeitraum Wohnungen im Haus leer gestanden haben, die auf diese Wohnungen entfallenden Kosten nicht auf die übrigen Mieter umlegen“.

Einsicht in die Belege einer Heizkostenabrechnung: Musterschreiben

Wenn Mieter die Belege einsehen möchten und Vermieter diese nicht vorlegen, können Mieter die Nachforderung und Vorschusserhöhung zurückhalten. Dies verzögert die Fälligkeit der Forderung. Mieter sollten schriftlich anfordern, welche Belege sie einsehen möchten, insbesondere bei Unklarheiten oder ungewöhnlichen Kostensteigerungen.

Vermieter müssen neben Rechnungen auch Verträge vorlegen, insbesondere bei externen Dienstleistern. Wenn der Vermieter außerhalb der Stadt ansässig ist oder es sich um sozialen Wohnungsbau handelt, müssen die Belege gegen Erstattung der Kopierkosten zur Verfügung gestellt werden. In anderen Fällen können Vermieter die Einsichtnahme vor Ort vorschlagen. Mieter sollten dann schriftlich um Zusendung der Belege bitten und alternative Termine für die Einsichtnahme vorschlagen. Bei Nichtreaktion können Mieter einen Termin vor Ort festlegen und sollten sich dabei von einem Zeugen begleiten lassen.

Der Berliner Mieterverein hat einen Formulierungsvorschlag für die Belegeinsicht erstellt. Das Muster finden Sie auf Seite 7.

Heizkostenabrechnung-Prüfung: Wer kann mir helfen?

Der Betriebskostencheck des Deutschen Mieterbundes, verfügbar unter www.mieterbund.de, bietet eine nützliche erste Orientierung. Die örtlichen Mietervereine stehen ebenfalls zur Unterstützung bereit, indem sie Hilfe bei der Überprüfung anbieten. Mitglieder der Mietervereine können im Rahmen der Rechtsberatung auch ihre Heizkostenabrechnungen prüfen lassen.

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Iana Roth ist Redakteurin bei den DWN und schreibt über Steuern, Recht und HR-Themen. Zuvor war sie als Personalsachbearbeiterin tätig. Davor arbeitete sie mehrere Jahre als Autorin für einen russischen Verlag, der Fachliteratur vor allem für Buchhalter und Juristen produziert.


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