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Ifo-Institut: Stimmung im Wohnungsbau sinkt auf Tiefpunkt

Der Wohnungsbau steckt in einer handfesten Krise, die sich weiter verschärft. Das Ifo-Geschäftsklima ist auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen gesunken.
10.01.2024 09:45
Aktualisiert: 10.01.2024 09:45
Lesezeit: 3 min
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Ifo-Institut: Stimmung im Wohnungsbau sinkt auf Tiefpunkt
Der Wohnungsbau steckt in einer handfesten Krise, die sich weiter verschärft. Das Ifo-Geschäftsklima ist auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen gesunken. (Foto: istockphoto.com/Panupong Piewkleng) Foto: Panupong Piewkleng

Schlechte Stimmung und düstere Prognosen machen den Wohnungsbau wohl auch 2024 zum Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Das Barometer für das Geschäftsklima in der Branche sank im Dezember auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991, wie das Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage mitteilte.

Das Barometer fiel auf minus 56,8 Punkte, nach minus 54,4 im Vormonat. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Lage greift demnach immer weiter um sich. Außerdem befürchten die Wohnungsbauunternehmen für das erste Halbjahr 2024 weitere Geschäftseinbußen. "Obwohl die Zinsen für Baufinanzierungen zuletzt wieder gesunken sind, ist noch keine Entspannung in Sicht", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Die außergewöhnlich schwachen Erwartungen zeigen, dass die Firmen aktuell keine Hoffnung haben. Die Perspektiven für 2024 sind düster."

Das wird von einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) bestätigt. Die Ausgaben für Bauleistungen werden demnach in diesem Jahr erstmals seit der Finanzkrise 2009 sinken. Prognostiziert wird ein Minus von 3,5 Prozent auf rund 546 Milliarden Euro, heißt es in der Reuters vorliegenden Untersuchung. Der Wohnungsbau allein dürfte dabei sogar um 5,4 Prozent schrumpfen.

Etwas abgefedert wird der Abwärtstrend durch den Tiefbau, zu dem der staatlich dominierte Straßenbau zählt: Er soll um 1,8 Prozent wachsen. Im vergangenen Jahr war das Bauvolumen insgesamt um 6,1 Prozent gewachsen, überzeichnet allerdings durch starke Preisanstiege. Inflationsbereinigt gab es dagegen mit 1,1 Prozent den dritten realen Rückgang in Folge, der 2024 mit minus 1,5 Prozent noch etwas größer ausfallen soll.

"Der Einbruch in der Bauwirtschaft zieht sich länger hin als erwartet", sagte Studienautorin Laura Pagenhardt. "Erst im kommenden Jahr wird wohl bei weiter sinkenden Baupreisen wieder ein kleines Plus erwirtschaftet." Dann erwartet das DIW eine Zunahme um 0,5 Prozent. "Der Wohnungsbau hat drei schwierige Jahre hinter sich und es wird noch ein weiteres schweres folgen", prophezeite Studienautor Martin Gornig. Das Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, rücke weiter in die Ferne. 2024 dürften es nur etwa 265.000 werden.

Mehr Stornierugen

Im Dezember mussten wieder mehr Unternehmen die Stornierung von Aufträgen für den Wohnungsbau hinnehmen. 22,1 Prozent der Befragten klagten über gestrichene Projekte, nach 21,5 Prozent im Vormonat, so das Ifo-Institut. "Die Verunsicherung der potenziellen Bauherren sitzt tief", sagte Wohlrabe dazu. Von zu niedrigen Auftragsbeständen sprachen 56,9 Prozent der Betriebe.

2023 war ein besonders schwieriges Jahr für den Wohnungsbau. Das Neugeschäft blieb weit unter dem Niveau der Vorjahre zurück. "Dies war eine Folge der drastisch gestiegenen Bau- und Zinskosten sowie der schwächeren Fördermöglichkeiten", erklärte Ifo-Experte Wohlrabe. "Nur der hohe Auftragsbestand, mit dem die Betriebe in die Krise gestartet waren, sowie die langen Projektlaufzeiten hatten einen noch stärkeren Einbruch der Bautätigkeit verhindert."

Um die Baukonjunktur zu beleben, muss die Politik dem DIW zufolge Klarheit über die Förderprogramme schaffen. "Hier muss die Verunsicherung schnellstmöglich beseitigt werden", fordert Pagenhardt. Dazu zählen die Förderprogramme in der energieeffizienten Gebäudesanierung ebenso wie im Tiefbau, aber auch im Wohnungsneubau. "Wenn hier die Förderung wieder klarer wird, dürfte das auch helfen, dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken", sagte die DIW-Expertin.

Impulse für den Neubau könnten von den langsamer steigenden Baupreisen kommen. Der Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude verteuerte sich im November nur noch um 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt zu seiner vierteljährlichen Auswertung mitteilte. Das ist der kleinste Anstieg seit dem ersten Quartal 2021. Im vergangenen August hatte es noch einen Anstieg von 6,4 Prozent gegeben, im Mai von 8,8 Prozent sowie im Februar von 15,1 Prozent. Von August auf November erhöhten sich die Baupreise um 0,4 Prozent.

Der Hauptgrund der Krise wird verschwiegen

Wie immer betonen Verbände, dass die gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten die Hauptursache der Krise seien. Verschwiegen wird der andere Hauptgrund: die massiven Eingriffe der Bundesregierung in die Branche, welche diese mit Klima-Maßnahmen rechtfertigt, haben dazu geführt, dass sich Bauen in Deutschland schlichtweg nicht mehr lohnt.

Neben allerlei CO2-Sondersteuern und Klima-Abgaben hatte zuletzt das dilletantisch umgesetzte Heizungsgesetz des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck zu massiven Verwüstungen in der Branche geführt. Angesichts der zahlreichen rechtlichen Unsicherheiten, die dem Rahmengesetz namens "Gebäude-Energien-Gesetz" (GEG) entspringen, weiß offenbar niemand mehr, was er noch darf oder nicht.

Besonders bemerkenswert: Bundeskanzler Olaf Scholz hatte vor einigen Wochen behauptet, dass die gestiegenen Zinsen nicht der Grund für den Abschwung seien. Die schädliche Wirkung der Klima-Maßnahmen auf den Bau erwähnte Scholz aber auch nicht.

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