Finanzen

Währungskrieg: Briten und Amerikaner wollen sich auf Kosten der restlichen Welt sanieren

Der Banken- und Börsenexperte Max Otte sieht die Angelsachsen in Sachen Währungskrieg ganz klar in der stärkeren Position. Er rechnet damit, dass die EZB bald wieder Geld in den Markt pumpen muss, da die Politik nicht mehr in der Lage ist, auf die Auswirkungen der Schuldenkrise zu reagieren.
17.02.2013 01:26
Lesezeit: 4 min

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Herr Otte, die Fed und die englische sowie japanische Zentralbank pumpen umfangreich Geld in den Markt, Venezuela hat seine Währung um fast 30 Prozent abgewertet und die EZB vergab Tender in Höhe von mehr als einer Billion Euro. Die G20 haben bei ihrem Gipfel geleugnet, dass wir es einen Währungskrieg gäbe. Befinden wir uns nicht schon mitten in einem solchen?

Max Otte: Also es gibt durchaus Tendenzen. Vor allem sieht man, dass aus meiner Sichtmgerade die Angelsachsen, also die Amerikaner und Engländer, sehr leichtfertig mit ihrer Währung umgehen. Denen ist Inflation egal, sie pumpen tatsächlich ohne Ende Geld in den Markt. Die Inflation, die sie in Kauf nehmen, trifft dann die Geldvermögensbesitzer und diese sitzen vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz, China und Japan. Also aus dieser Sicht ist das eine relativ egoistische aber konsequente Politik.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was steckt dahinter?

Max Otte: Die Abwertung von Dollar und Pfund ist ja quasi eine in  Kauf genommene Nebenwirkung. Die Amerikaner und die Briten machen eine hochdefizitäre Haushaltspolitik, stellen darüber hinaus ihre Liquidität zur Verfügung und das heißt natürlich, dass die Währung eigentlich fallen muss. Das passiert auch, und damit haben sie noch eine Fliege mit der Klappe geschlagen, dass die Exporte auch noch stärker werden. Und da wie gesagt die Engländer und Amerikaner kaum Geldvermögen halten, sind sie auch nicht so durch die Inflation betroffen. Das ist also für die beiden Länder schon eine Möglichkeit, sich quasi auf Kosten anderer Länder zu sanieren und die Kosten der eigenen Misere etwas auf die anderen zu verteilen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Müsste EZB gegenwirken und die Tender ausweiten, statt wie seit Ende Januar die Rückzahlungen der Banken anzunehmen?

Max Otte: Die EZB wird das irgendwann machen. Denn einer von der EZB sagte erst kürzlich, dass die EZB kein Währungsziel hat. Es kann gut sein, dass sie kein Währungsziel hat, aber allein schon, um die Wirtschaft in Gang zu halten, muss wieder Liquidität in die Wirtschaft gepumpt werden. Das wiederum hat natürlich auch Nebenwirkungen auf die Währung. Und das kann dann schon zu einem Abwertung- und Inflationswettlauf führen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wer sitzt denn da eigentlich am längeren Hebel?

Max Otte: Amerika - ist doch klar! Wir Europäer lassen uns da ja immer vorführen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Im Januar ist der Euro wieder gestiegen. Die Fed druckt weiter und die EZB zieht wieder Geld vom Markt ab. Glauben Sie, dass gerade der zerrissene Euro, der ja auch bisher immer relativ stark war, die EU noch gefährden könnte?

Max Otte: Ja in der Tat. Wir machen ja diese schizophrene Politik einer restriktiven Fiskalpolitik - also sparen im Haushalt und bei der Geldpolitik Vollgas. Und wenn jetzt Europa rezessiv wird, importieren wir weniger. Das führt zu  einer weiteren Aufwertung des Euro, was für die Wirtschaft negativ ist, das ist ganz normal. Die Amerikaner und Engländer spielen also ein ziemlich fieses Spiel, was wir in Europa entweder nicht durchschauen oder nicht so sehen wollen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Was halten Sie von G7-Erklärung, in sich die Länder gegen eine Währungsmanipulation aussprechen?

Max Otte: Blablabla, das wird dann immer mal wieder so gesagt, das sind hehre Prinzipien, die man sich vor Augen führt. Aber was ist eine Manipulation der Wechselkurse? Alles hat letztendlich Auswirkungen auf die Wechselkurse. Das ist eine reine Absichtserklärung. Die einzigen, die sich nachher dran halten werden, sind die Europäer, wie immer oder wie so oft. Die Amerikaner etwa werden es sich verbitten lassen, sich in irgendeiner Form in ihre Haushaltspolitik reinreden zu lassen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen dem derzeitigen Währungskrieg und der von Obama in seiner Rede an die Nation noch einmal bestärkten Kurs hin zu einer Freihandelszone zwischen den USA und der EU?

Max Otte: Den sehe ich noch nicht direkt. Aber letztlich kann ein niedriger Dollar in dieser Freihandelszone Amerika natürlich nur nützen. Also wenn es ein Plan wäre, wäre er gut.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die EU könnte das doch gefährden, oder?

Max Otte: Es wäre zumindest unter Umständen, wenn man nicht aufpasst, ein ziemlich einseitiger Deal zugunsten Amerikas: Dass sich Amerika eben neue Märkte erschließt und wir aufpassen müssen, das wir im Gegenzug auch entsprechende Märkte in Amerika bekommen. Wenn der Euro tendenziell immer etwas teurer ist, dann ist es klar, dass es für die billigere Regionen vorteilhafter, in so ein Abkommen einzusteigen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie bewerten Sie die bisherige Geldpolitik Mario Draghis?

Max Otte: So nach dem Motto, wenn sie nur einen Hammer haben, dann sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Europa und auch die anderen Industrienationen haben nur dieses Instrument. Was soll man auch haushaltspolitisch noch machen? Die Staaten sind überschuldet, eine Ordnungspolitik gegenüber den Industrielobbys ist kaum möglich, also bleibt  nur die Geldpolitik. Insofern macht man eben das, was man hat, und dann klopft man eben überall Nägel ein, gedachte oder nicht. Es ist sozusagen das einzige Instrument, das einzige wirtschaftspolitische Instrument, das Europa und den anderen Ländern zur Verfügung steht. Und dann nutzt man es auch, ganz gleich ob es richtig oder falsch ist. Aus meiner Sicht ist es falsch. Statt auf Geld zu setzen, müssten man viel mehr Strukturreformen und ordnungspolitische Reformen durchführen, aber da reicht die Kraft nicht, also verfolgt man zumindest vorerst diese inflationäre und auch abwertende Geldpolitik.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Zumal die von der EZB ausgegebenen Tender bisher die Realwirtschaft mitnichten erreicht haben.

Max Otte: Ja, richtig. Das ist das nächste Problem. Wir müssten zunächst einmal die Finanzbranche umbauen – hinzu einer fairen, nachhaltigen und unternehmensorientierten Finanzbranche. Aber so weit kommt eben die Politik nicht und dann bleibt man eben auf halben Weg stehen

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Und man versucht es stattdessen mit Pseudo-Aktivitäten, etwa einer Bankenunion oder einer nicht zu Ende gedachten Finanztransaktionssteuer...

Max Otte: Ja, so ist es.

 

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