Finanzen

Geheime Manipulationen der Banken sind der größte Betrug der Finanzgeschichte

Die internationalen Großbanken haben so ziemlich alles manipuliert, was zu manipulieren ist. Nun werden die Machenschaften bei den Finanz-Wetten untersucht. Es zeichnet sich jetzt schon ab: Dieser Skandal ist der größte Betrug der Wirtschafts-Geschichte. Die Bürger werden jedoch nie die Wahrheit über die Ausmaße der Machenschaften erfahren.
11.08.2013 04:40
Lesezeit: 3 min

Jahrelang versuchten internationale Großbanken, den „Libor“-Zinssatz zu manipulieren, um damit höhere Renditen zu erzielen. Als „Libor“ (London Interbank Offered Rate) wird jener Zinssatz bezeichnet, zu dem sich Banken auf internationaler Ebene untereinander Geld leihen. Er regelt die weltweiten Transaktionen in einem Umfang von etwa 500 Billionen US Dollar.

Ermöglicht wurde die weltweite Manipulation dadurch, dass sich die zuständige Kommission in London, welche den „Libor“-Zinssatz festlegt, auf Schätzwerte der beteiligten Banken verlässt. Hierbei liegen die Zinssätze der Banken in Höhe der jeweiligen Refinanzierungskosten zugrunde.

Durch diese Manipulationen (bzw. Absprachen der großen internationalen Banken untereinander) konnten die „Geldhäuser“ bis vor kurzem ungestört Profite in Milliardenhöhe einstreichen.

Der verheerende Manipulationsskandal führte nach seinem Bekanntwerden zu symbolischen Strafzahlungen für die größten Player: Barclays, UBS und Royal Bank of Scotland mussten bereits 2,6 Milliarden Dollar Bußgelder im Libor-Skandal berappen. Strafzahlungen drohen auch der Deutschen Bank.

Den Strafzahlungen stehen jedoch die Milliarden-Gewinne aus den betrügerischen Geschäften gegenüber, was den Umkehrschluss erlaubt, dass diese „Bestrafungen“ im Grunde als unerheblich einzuschätzen sind.

Weil alle Manipulationen auch weiterhin geheim bleiben, ist nicht klar, welche Gewinne zu Lasten welcher Marktteilnehmer die Banken eingestreift haben.

Fest steht: Das sind schmutzige Gewinne und nicht redlich verdientes Geld.

Im Juli dieses Jahres gelangte die EU-Kommission zu der Einschätzung, dass die weltweit größten Investmentbanken „das EU-Wettbewerbsrecht durch wettbewerbswidrige Vereinbarungen verletzten.“ In den Jahren 2006 bis 2009 haben sich 13 Institute untereinander abgesprochen. Zu den bloßgestellten Banken gehören beispielsweise die Deutsche Bank, Goldman Sachs, Credit Suisse, BNP Paribas und die UBS (mehr hier).

Dennoch möchte die EU-Kommission gegenüber den mehr als einem Dutzend Banken, die sich allein in Europa an der Libor-Zinsmanipulation beteiligten, Milde walten lassen. Dabei strebt die Kommission, anders als die Aufsichtsbehörden in Großbritannien oder den USA, welche die 2,6 Milliarden US-Dollar Strafen gegenüber den Banken verhängten, nur einen „Vergleich“ mit den europäischen Banken an.

Offensichtlich befürchtet EU-Kommissar Almunia, eine monetäre Bestrafung könne die ohnehin wackligen Banken in Spanien und Frankreich über Gebühr belastet. Somit werden sogenannte „Auflagen“ in Erwägung gezogen, Strafzahlungen der europäischen Banken sind jedoch nicht vorgesehen (hier).

In weitaus anderer Tragweite stellen sich jedoch die unkontrollierbaren Derivate-Manipulationen der Banken dar. Hypotheken-Derivate (sogenannte CDO’s, Hypothekenausfallversicherungen) sind schlichte Wetten und waren mit verantwortlich für die Finanzkrise 2008 und sind noch immer eine enorme Bedrohung für die Weltwirtschaft.

Nach der Finanzkrise wurden in den USA zwar neue Verordnungen auf den Weg gebracht, wie das Dodd-Frank-Gesetz zur Finanzmarktreform im Jahr 2010. Dieses Gesetz wurde zur Erhöhung von Stabilität und Transparenz im US-amerikanischen Finanzsektor eingeführt, hindert die großen Player jedoch nicht daran, stets eine neue Spielwiese für ihre betrügerischen Manipulationen zu testen und zu nutzen.

Wie derzeit im neuesten ISDAfix-Finanzskandal offenbar wird. US-Behörden ermitteln gegenwärtig wegen Manipulationen beim Referenzsatz für Zinssatz-Derivate.

Die aktuelle Affäre besitzt größere Sprengkraft als der „Libor-Skandal“. Denn die Banken manipulierten den Referenzzinssatz „ISDAfix“ zu ihrem eigenen finanziellen Nutzen an den weltweiten Märkten. Betroffen hiervon sind Währungen und Rohstoffe, Immobilien, Staatsanleihen und Rentenfonds.

Händlern wurden Aufträge erteilt, bestimmte Zinsderivate (diese werden auch als Spekulationsinvestment benutzt) zu verkaufen oder zu kaufen, um den ISDAfix auf ein vorher fixiertes Level zu bringen. Durch diesen Betrug konnten die Banken Profite in Millionenhöhe realisieren (mehr hier).

Die Banken, die zur Quotenfindung von ISDAfix ihre Wertungen abgeben und gegen die nun ermittelt wird, sind unter anderen: Wells Fargo, Barclays, Bank of America, Citigroup, Credit Suisse, BNP Paribas, Goldman Sachs, JPMorgan Chase, HSBC, USB, Morgan Stanley, RBS (Royal Bank of Scotland) und die Deutsche Bank.

Auch der Deutsche Bundestag hatte sich bemüht, den Spekulationen mit Derivaten Einhalt zu gebieten.

Im Grunde führt es jedoch bestenfalls dazu, dass eine Aufsichtsbehörde wie die BaFin nur einen Überblick über das allgemeine Zocken erhält. Auflagen oder Einschränkungen gibt es nicht. Derivate sind nach wie vor frei handelbar und bergen für Banken – und damit für die Sparer und Geschäftskunden – weiterhin ein immenses Risiko.

Beispielsweise bei der Deutschen Bank. Deren Bilanzen sind bis oben hin angefüllt mit Derivaten. Allein 48 Billionen Euro sind in die Derivatemüllhalde „investiert“ (hier).

International nimmt der Derivatehandel bedrohliche Größenordnungen an. Derzeit beläuft sich der Umlauf von Derivaten weltweit auf 700 Billionen Dollar. Auch die Banken in der EU zocken heftig mit. Ihr Anteil an den globalen Derivateprodukten beträgt rund 219 Billionen Dollar (mehr hier).

Allein fünf US-amerikanische Großbanken halten 80 Prozent des allgemeinen amerikanischen Derivate-Risikos und rund 96 Prozent der Exposures auf weltweite Kreditderivate (Kreditausfallversicherungen - CDS). Dies gilt auch für die Kreditausfallversicherungen für internationale Staatsanleihen.

Ein Blick auf die europäischen Märkte zeigt, dass Staatsanleihen oftmals auch als Sicherheiten für Derivategeschäfte eingesetzt werden. Sollte also ein Euro-Staat Insolvenz anmelden, wäre der gesamt CDS-Markt am Ende.

Dieser Fall kann durch den Betrug, der sich aus den Manipulationen ergibt, erheblich beschleunigt und in seinen Auswirkungen erheblich verschlimmert werden.

In der Folge handelte es sich nicht mehr nur um Milliardenbeträge, sondern um ganz andere Größenordnungen. Es wäre der Anfang der Finanzkrise 2.0 und möglicherweise das Ende des bislang bekannten Finanz- und Wirtschaftssystems der westlichen Welt.

Sollte der Crash jedoch wegen der Derivate kommen, wird die Öffentlichkeit nie erfahren, wer die kriminellen Handlungen gesetzt hat.

Es wird ein paar symbolische Verurteilungen geben.

Doch die Täter im größten Betrugs-Skandal der Wirtschaftsgeschichte werden mit hoher Wahrscheinlichkeit unerkannt entkommen.

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