SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verteidigt Peer Steinbrück. Dieser hatte die italienischen Wahlsieger Berlusconi und Grillo als „Clowns“ bezeichnet.
Steinbrück hatte gesagt, er sei zu einem „gewissen Grad entsetzt“, dass „zwei Clowns“ die Wahl in Italien gewonnen hätten. Er sagte über den Gründer der Bewegung M5S, Beppe Grillo: Dieser sei „ein beruflich tätiger Clown, der auch nicht beleidigt ist, wenn man ihn so nennt. “ Zu Berlusconi sagte Steinbrück, dieser sei „ein Clown mit einem besonderen Testosteronschub ist“.
Die Äußerung ist eine beispiellose Entgleisung in der Beurteilung des Wahlergebnisses in einem anderen Staat. Nahles hat mit dem Austritt Steinbrücks kein Problem: Dieser habe einfach „ausgesprochen, was er denkt”. Und sie legt nach: „Clown ist das mildeste, was mir persönlich zu Berlusconi in diesem Zusammenhang einfällt.“
Und weil es so leicht ist, auf Feinde einzuschlagen, die weit weg sind, attackierte auch noch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer Berlusconi. Berlusconi habe über Jahre die politische Kultur zerstört. Mit der Bezeichnung als Clown sei Berlusconi „noch zu gut weggekommen“, berichtet der Corriere della Sera.
In Italien reagierte man verständnislos. Staatspräsident Giorgio Napolitano sagte ein Treffen mit Steinbrück ab. Der SPD-Kanzlerkandidat hatte sich zwar per Telefon entschuldigt. Napolitano wollte Steinbrück dennoch nicht mehr treffen. Während ein Steinbrück-Sprecher behauptete, die Absage habe innenpolitische Gründe, ließ Napolitano keinen Zweifel an der Begründung: Es sei die Pflicht des Staatspräsidenten, die nationale Einheit zu repräsentieren. Bei einem Treffen mit der italienischen Gemeinde in München legte Napolitano sogar noch ausgesuchte Höflichkeit an den Tag: „Wir respektieren die Leistungen Deutschlands, das aus den Ruinen auferstanden ist und gemeinsam mit Italien ein neues Europa gebaut hat. Aber wir verlangen auch Respekt für unser Land.“
Was Steinbrück wirklich denkt, bleibt sein Geheimnis. Denn die FT berichtet, Steinbrück habe nach dem Telefonat mit Napolitano gesagt: „Ich habe gesagt, was ich gesagt habe.“
Angela Merkel hat sich aus dieser Auseinandersetzung bisher herausgehalten – wohl wissend, dass jeder Deutsche mit einem Rest an Sachverstand sich seine eigene Meinung bilden kann. Allerdings ließ die Kanzlerin den Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten, dass die Sparprogramme nicht schuld am italienischen Wahlausgang seien. Dies seien „zu monokausale Erklärungen“, sagte Seibert.
Steinbrück provoziert gerne. Im Steuerstreit mit der Schweiz wollte er die Kavallerie gegen die Eidgenossen schicken.
Die Ausfälle zeigen, wie absurd die Idee einer politischen Union in Europa ist. Weil alle Nationen über die Zwangswährung des Euro aneinander gekettet sind, fühlen sich alle legitimiert, die Entwicklungen in anderen Staaten zu beurteilen oder versuchen, die Wähler zu beeinflussen (etwas Schäuble mit seiner gründlich in die Hose gegangenen Wahlempfehlung für Mario Monti – hier).
Sie vergessen dabei, dass sie die Wähler in den anderen Ländern in der Regel schon aus sprachlichen Gründen nicht verstehen. Und sie ignorieren vor allem, dass das Wesen der Demokratie in Europa darin besteht, dass jedes souveräne Volk wählen kann, wenn es will (mehr zu diesem grundsätzlichen EU-Geburtsfehler – hier).
Die zunehmende Verrohung in der politischen Kommunikation ist eine logische Konsequenz des nicht zu Ende gedachten „Friedensprojekts Euro“.