Die Schweizer Unternehmens-Chefs verdienen die höchsten Gehälter im internationalen Vergleich. Dies könnte sich bald ändern: Durch eine Volksabstimmung am dritten März können die Schweizer bestimmen, die Gehälter der Top-Manager von börsennotierten Unternehmen in Zukunft von den Aktionären bestimmen zu lassen. Die Lobby der Unternehmensvertreter versucht derzeit alles, um diese Gefahr zu umgehen.
Das Procedere für den Vorgang ist mehrstufig: Wird die Initiative angenommen, muss das Parlament ein enstprechendes Gesetz ausarbeiten, das alle Bestimmungen der Verfassungs-Initiative umsetzt. Bis dies soweit ist, erlässt die Regierung innerhalb eines Jahres nach Annahme der Initiative die erforderlichen Ausführungsbestimmungen. Würde die Initiative abgelehnt, träte der von der Parlamentsmehrheit bereits beschlossene verwässerte, indirekte Gegenvorschlag als Gesetz in Kraft, falls dagegen nicht das Referendum ergriffen wird. Dies könnte geschehen, wenn 50.000 Bürger dagegen innerhalb von hundert Tagen unterschreiben.
„Diese Art von Gehaltskürzungen würde verhindern, dass amerikanische Firmen ihren Sitz in die Schweiz verlegen“, sagte Philip Mosimann, CEO von Butcher Industries AG, einer Straßenreinigungsfirma mit einem Marktwert von 2,3 Milliarden Franken, dem Nachrichtendienst Bloomberg. Die Unternehmen würden die Schweiz verlassen, lautet das Argument der Unternehmensvertreter gegen die Initiative.
Nur scheint es seitens der Industrie fast schon zu spät, um die Meinung der Schweizer zu ändern. Bereits 100.000 Bürger haben mit ihrer Unterschrift ein Referendum ermöglicht. Rekord-Boni, wie die Ausgabe von Aktien im Wert von 71 Millionen Schweizer Franken für Brady Dougan, CEO der Credit Suisse, haben den Ärger der Schweizer hervorgerufen. Auch die Abfindung von 72 Millionen CHF für den Novartis-Chef Vasellas hat in der Schweizer Öffentlichkeit für Empörung gesorgt. Durch das Instrument der Volksabstimmung haben die Bürger nun die Möglichkeit, eine echte Veränderung bei börsennotierten Unternehmen einzuleiten.
Thomas Minder, ein Schweizer Unternehmer, hat daher die Initiative zur Volksabstimmung ins Leben gerufen und will verhindern, dass Manager innerhalb kürzester Zeit riesige Gehälter einfahren dürfen. Sein Entwurf sieht vor, künftig keinen Bonus bei Vertragsabschluss auszuzahlen. Bei schweren vergehen drohte den Geschäftsführern sogar eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren.
Fast zwei Drittel der Schweizer, etwa 65 Prozent, wären für eine Umsetzung von Minders Gesetzesentwurf. Die internationale Geschäftswelt sieht in dem Vorhaben allerdings keine Vorteile für die Schweiz als Wirtschaftsstandort. Mindestens ein Viertel der am meisten verdienenden europäischen Manager arbeitet in der Schweiz. Die hohen Bonuszahlungen für Manager sind eine Folge der „Amerikanisierung“ der Wirtschaft, die in den neunziger Jahren begann.
Mit der strikten Kopplung der Gehälter an den Aktienwert eines Unternehmens würde die Schweiz im internationalen Vergleich die strengsten Regeln für die Wirtschaft beschließen. Daher will Economiesuisse etwa acht Millionen Schweizer Franken ausgeben, um eine Gegenkampagne zu starten. Mit dem Fall des Bankgeheimnisses in der Schweiz (hier) und einer Steuerreform auf dem Weg (hier) könnte der Alpenstaat seine wichtigsten komparativen Vorteile im internationalen Wettbewerb verlieren.