Finanzen

EU fürchtet soziale Unruhen und will Sparkurs abbrechen

Die Europäische Kommission zieht in Panik die Reißleine und hat allen Schuldenstaaten erlaubt, noch mehr Schulden zu machen. Die EU warnt die Länder zugleich, dass sich die wirtschaftliche Lage immer schneller verschlechtert. Die EU will mit dem Ende des Sparkurses verhindern, dass es zu sozialen und politischen Unruhen kommt.
29.05.2013 15:31
Lesezeit: 2 min

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat am Mittwoch wie erwartet das vorläufige Ende des Sparkurses in Europa verkündet. Nach Einschätzung der EU verstoßen 20 der 27 Mitgliedsländer in der einen oder anderen Form gegen die Schuldenobergrenzen.

Überraschend: De facto sind drei Viertel der EU-Staaten nicht in der Lage, ihre Defizite abzubauen.

Die EU erlaubt Frankreich, Polen, Slowenien, Portugal, den Niederlande, Spanien, Lettland, Rumänien und Italien ihre bisherigen Sparbemühungen zu lockern.

Für die EU ist die Verlautbarung eine Bankrott-Erklärung. Sie zeigt, dass die EU nicht sparen kann, weil sie bereits so hoch verschuldet ist, dass nur noch eine Fortsetzung des Drogen-Rauschs durch neue Schulden den Crash verhindern kann.

Der Grund für die abgesagte Reform, so wie Barroso ihn schildert: Die EU befürchtet, dass es bei weiterem Sparen zu „sozialen und politischen Unruhen“ kommen könnte. Daher verpackte Barroso sein Scheitern auch in einen Appell: Die Verschiebung der Sparziele sei keinesfalls eine Dauerlösung. Die Staaten müssten sich bemühen, die Struktur-Reformen so schnell als möglich umzusetzen.

Barroso fürchtet, dass es in der EU „über Jahre kein Wachstum mehr geben“ könnte. Die schlechte Lage am Arbeitsmarkt werde die Sozialsysteme auf die Probe stellen.

Tatsächlich bedeutet die Entscheidung, dass die Enteignung der wohlhabenden Europäer fortgesetzt wird. Durch die niedrigen Zinsen ist dieser Prozess seit geraumer Zeit im Gang (hier). Eine weitere Zinssenkung durch Mario Draghis EZB wird im Lichte der Kapitulation der EU wahrscheinlicher.

Die Staaten wollen also weiter versuchen, sich über die Politik des billigen Geldes zu sanieren. Das kann ihnen jedoch wegen des Ausmaßes der Schulden kaum gelingen.

Die Folgen dürften eine Deflation sein, wie wir sie jetzt bereits in Japan beobachten. Das japanische Spiel zeigt im übrigen, wie es weitergeht: Die Deflation wird doch noch mehr Gelddrucken bekämpft. In der Regel kippt eine solche Maßnahme früher oder später und endet in einer Hyperinflation.

Was die Situation für Europa gänzlich unberechenbar macht, ist die Tatsache, dass die Japaner schon eine Runde weiter sind im Todeszyklus. Jeder Crash auf dem japanischen Bond-Markt hätte jedoch unmittelbare Auswirkungen auf den europäischen Bond Markt.

Die EU-Entscheidung ist von historischer Bedeutung, weil sie faktisch aus Angst vor dem Zerfall der EU alle Prinzipien außer Kraft setzt, die der leidgeplagten Bevölkerung in den Staaten Europas in den vergangenen Jahren als Allheilmittel verkauft wurden.

Mit der Maßnahme bezweckt die EU nämlich nicht, den kleinen Leuten zu helfen. Es ist der Schlachtruf „Rette sich, wer kann!“. Die Staaten versuchen, ihren sozialen Frieden zu retten – und legen die Lunte unter das Dynamit ihrer Haushalte.

Die Staaten müssen aber auch versuchen, einen Crash im Banken-Sektor zu verhindern. Zahlreiche Banken in Spanien, Italien und Frankreich sind mit Schrott-Anleihen aufgepumpt, zu derer Kauf sie von den Staaten gezwungen wurden. Fällt ein Staat, fällt eine Bank. Fällt eine Bank, fallen alle Banken.

Der große Showdown in der Staats-Schuldenkrise hat begonnen.

Nun hat wieder Mario Draghi das Wort.

Seine Antwort wird lauten: „Die EZB wird unternehmen, was immer nötig ist!“

Der Ankündigung werden nun Taten folgen.

Das sind keine guten Nachrichten für die deutschen Sparer.

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