Politik

Nach Ausschreitungen: Ägyptens Regierung verhängt Ausnahmezustand

Ägypten befindet sich am Rande eines Bürgerkriegs. Die Feindschaft zwischen den Muslimbrüdern und dem Rest der Bevölkerung vertieft sich. Bei der Räumung von zwei Pro-Mursi-Protestlagern in Kairo sind zahlreiche Menschen gestorben. Doch die Angaben über Tote und Verletzte widersprechen sich. Die Islamisten möchten nicht nachgeben.
14.08.2013 16:21
Lesezeit: 2 min

Die ägyptischen Behörden haben am Mittwoch einen einmonatigen landesweiten Ausnahmezustand verhängt. Ein entsprechendes Statement der Regierung wurde im staatlichen Fernsehen gesendet.

Um vier Uhr Nachmittags, ägyptischer Zeit, soll der Ausnahmezustand einsetzen, berichtete Al Jazeera. Die außergewöhnlichen Maßnahmen seien notwendig, „da die Sicherheit und Ordnung der Nation angesichts zwei absichtlicher Sabotage-Akte, Angriffe auf öffentliche und private Gebäude und Tötungen durch extremistische Gruppen in Gefahr ist“, hieß es.

In Deutschland hat das Auswärtige Amt hat indes eine Reisewarnung für Ägypten herausgegeben:

„Von Reisen nach Ägypten, insbesondere in das Nildelta, auf den Sinai sowie in das ägyptisch-libysche Grenzgebiet, wird in der aktuellen Lage vor dem Hintergrund der sehr unbeständigen Sicherheitslage dringend abgeraten. Dies gilt auch für Kairo und die Touristenzentren in Oberägypten (Luxor, Assuan, Nilkreuzfahrten).  (...) Es ist weiterhin mit Demonstrationen und Einsätzen der Sicherheitskräfte zu rechnen, die auch einen gewalttätigen Verlauf nehmen können. Die Lage bleibt im Moment sehr unübersichtlich.“

Zuvor waren bei der gewaltsamen Räumung von zwei Protestlagern von Mursi-Anhängern in Kairo Dutzende Bürger und Polizisten getötet. Es sollen Schüsse gefallen sein. Die Angaben über die genaue Anzahl der Toten und Verletzten widersprachen sich jedoch.

Nach Angaben des Militärkrankenhauses in Rabaa al-Aawiya liegt die Anzahl der Toten bei 120, berichtet Worldbulletin. Doch die L.A. Times berichtet von fünf bis 30 Toten.

Unter den Toten soll sich auch der Kameramann von Sky News, Mick Deane, befinden, berichtet BBC.

Der führende Sprecher der Muslimbruderschaft, Gehad al Haddad, geht weiter und schreibt per Twitter, dass innerhalb „von acht Stunden insgesamt 2000 Menschen getötet und etwa 10.000 weitere verletzt“ wurden:

Khaled Daoud, der Sprecher der Nationalen Rettungsfront, macht die Muslimbrüder in den Protestlagern für die Gewalt verantwortlich. „Diese Sitzproteste haben keinen friedlichen Vorsatz. Seit 48 Tagen versperrten sie die Hauptstraßen (...) Bei mehreren Vorfällen setzten sie Waffen ein“, zitiert Al Jazeera den Sprecher.

Zudem soll es bei Zusammenstößen zwischen Mursi-Anhängern und Gegnern im Stadtteil Gizeh einen Toten gegeben haben. Dort sollen Anwohner einen Demonstrationszug der Muslimbrüder attackiert haben, berichtet AFP.

Beide Seiten sollen mit Schrotkugeln aufeinander geschossen haben. Außerdem seien die Scheiben eines Kaufhauses eingeschlagen worden, welches einem Islamisten gehört. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die verfeindeten Gruppen auseinander zu treiben.

Doch die Islamisten möchten offenbar nicht nachgeben und zeigen sich kampfesbereit. „Die revolutionären Aktionen gegen den Putsch werden fortgesetzt“, so der Sprecher der Muslimbrüder, Farid Ismail.

Seit dem Sturz Mohammed Mursis am 3. Juli sind bei den darauffolgenden Zusammenstößen mindestens 250 Menschen gestorben.

Mohammed El Baradei tritt zurück

Aufgrund der aktuellen Ereignisse in Ägypten ist der Vizepräsident El Baradei zurückgetreten. „Ich habe meinen Rücktritt eingereicht, weil ich nicht die Verantwortung für Entscheidungen tragen kann, mit denen ich nicht einverstanden bin“, zitiert ihn Fox News.

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Die aktuellsten Informationen über die Ereignisse in Ägypten liefern:

Al Jazeera - hier.

New York Times - hier.

BBC - hier.

The Telegraph - hier.

Reuters - hier.

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