Deutschland

Flucht in den Westen: 80 Prozent der Ärzte wollen Bulgarien verlassen

Acht von zehn Ärzten in Bulgarien suchen aktiv nach Arbeit in anderen Ländern der EU. In Deutschland, Österreich und Großbritannien verdienen sie bis zu zehn Mal mehr als in der Heimat. Die Korruption treibt die Mediziner vor allem nach Deutschland, wo sie dringend gebraucht werden. In Bulgarien ist die medizinische Versorgung gefährdet. Man fragt sich: Was hat der EU-Beitritt den Bürgern Bulgariens gebracht?
24.11.2013 01:12
Lesezeit: 1 min

In Deutschland fehlen Fachkräfte, in Bulgarien verlassen sie die Heimat. Etwa 80 Prozent der jungen bulgarischen Ärzte wollen aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen und der niedrigen Gehälter das Land verlassen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Medical University of Sofia, berichtet die BBC. Das gefährdet die medizinische Versorgung in Bulgarien.

Die meisten müssen nicht lange nach einer Stelle suchen. Bulgarien ist EU-Mitglied, jeder kann sich frei innerhalb der EU bewegen und überall Arbeit aufnehmen. „Es gibt zu viel Korruption im Gesundheitssystem“, sagte der bulgarische Arzt Radislav Nakov. Die Vetternwirtschaft nimmt Überhand. Die neue Regierung stand im Sommer kurz vor Neuwahlen (mehr hier).  „Unser einziger Vorteil besteht darin, dass wir Mitglied in der EU sind und uns leicht über die Landesgrenzen hinaus bewegen können.“

Vielen Ärzten bleibt keine Chance. Das Durchschnittseinkommen für Mediziner in Bulgarien liegt bei 950 Euro. Bulgarien hat die niedrigsten Löhne in der EU. Da stellen sich nicht einmal moralische Fragen: „Wenn ich hier bleibe, muss ich Dinge tun, die ich nicht tun will“, sagte Dimitar Balezkov, Gefäßchirurg. Er muss Menschen operieren, die vielleicht gar keine Operation brauchen, nur um über die Runden zu kommen.

Eine ähnliche Entwicklung ist in Griechenland zu beobachten. Ärzte wandern in Massen aus oder behandeln Patienten nur noch gegen Barzahlung (hier).

Ein schlechtes Gewissen haben die Mediziner daher nicht, wenn sie das Land verlassen. Der Brain Drain der Mediziner ist eine Folge der Arbeitsmarktpolitik der Regierung. Dabei wollen die Bulgaren gar keine westlichen Löhne, vielmehr wollen sie eine Anpassung der Löhne an die Standards in Polen oder Tschechien.

Im Juli forderten Demonstranten in Massenprotesten den Rücktritt der Regierung. Das Parlament wurde belagert. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. In der vergangenen Woche besetzten Studenten die Universität in Sofia und forderten den Rücktritt der Regierung (hier).

In Deutschland werden die Mediziner aus Bulgarien gerne empfangen (hier). In vielen ländlichen Regionen fehlt es an qualifiziertem Pflege- und Ärztepersonal. Die deutschen Ärzte zieht es verstärkt in Ballungszentren.

Eine Verbesserung auf dem bulgarischen Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht. Daher denken viele Mediziner nicht daran, nach einem Aufenthalt in Deutschland wieder in die Heimat zurückzukehren.

 

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