Politik

Kontroll-Monster: EZB plant Einstellung von 2.000 neuen Mitarbeitern

Die Europäische Zentralbank soll kurzfristig 2.000 neue Mitarbeiter einstellen, um ihrer Aufgabe als Bankenaufsicht gerecht zu werden. Das Versagen von Mario Draghi beim jüngsten italienischen Banken-Skandal bei der Monte dei Paschi di Siena zeigt: Wenn an der Spitze der Behörde der falsche Mann steht, können auch tausende Bürokraten einen Crash nicht verhindern. Wer das neue Kontroll-Monster kontrolliert, ist unklar.
04.02.2013 23:47
Lesezeit: 2 min

Aktuell:

Steinbrück will Griechenland mehr Zeit für Reformen geben

Ein von EZB-Chef Mario Draghi in Auftrag gegebenes Gutachten der Firma Promontory Financial Group kommt zu dem Schluss: Die EZB muss bis Ende 2017 etwa 2.000 neue Mitarbeiter einstellen, um ab 2014 als Bankenaufsicht tätig werden zu können. Bisher war dieser neue Mammut-Apparat von der EZB nur schrittweise eingeräumt worden: Zunächst hieß es, mit 500 Mitarbeitern finde man das Auslangen, dann war die Rede von 1.000 neuen Jobs.

Promontory Financial Group empfiehlt der EZB nun in einem geheimen Gutachten, über das die FT berichtet und das im EZB-Direktorium noch nicht diskutiert wurde, die umgehende Anstellung von exakt 1.997 Mitarbeitern – woran man schon erkennen kann, dass das ein unseriöses Gutachten ist, das vor allem dem Zwecke dient, die Wahrheit zu verschleiern (1.997- das wäre ja schon interessant, wie die Gurus auf diese krumme Zahl kommen).

Der Hintergrund des Gutachtens liegt in dem Bestreben der EZB, die nationalen Bank-Regulierer schlicht mit Masse zu überrollen. In Deutschland sind nur etwa 1.500 Mitarbeiter bei den Banken-Regulatoren beschäftigt.

Das Papier der Finanzexperten enthält auch ein interessantes Detail darüber, wer der Chef der neuen Behörde sein soll. Hier haben die Experten offenbar den Auftrag erhalten, für ein wenig Verwirrung zu sorgen: Denn das Papier hält fest, dass der Chef der Bankenaufsicht ein Mitglied des EZB-Direktoriums sein soll.

Bisher waren die meisten EU-Parlamentarier davon ausgegangen, dass der Job außerhalb des Direktoriums besetzt werden soll, mit Danièle Nouy als aussichtsreichster Kandidatin. Draghi möchte die Überwachung jedoch im Direktorium halten – um die Banken auch wirkungsvoll im Griff zu haben.

Eine solch gigantische Bürokratie mag auf den ersten Blick eindrucksvoll erscheinen. Es ist daher nicht erstaunlich, dass sich der deutsche EU-Parlamentarier Sven Giegold sehr über den Apparat freute, weil damit die nationalen Bankenaufsichten endlich entmachtet würden.

Die Mega-Bürokratie wird jedoch mitnichten zu mehr Transparenz führen. Als vielsagendes Beispiel kann dafür das Versagen von Mario Draghi als Chef der italienischen Notenbank bei der Aufsicht der Banca Monte dei Paschi di Siena (MPS) gesehen werden (hier mehr zu diesem Krimi, in dem immer deutlicher wird, dass Mario Draghi eine Hauptrolle gespielt hat).

Am Montag meldete Reuters, dass Draghi damals sehr wohl über die sich abzeichnenden Probleme bei der MPS informiert war. Der Finanzblog Zerohedge schreibt, mit dieser Aussage sei die italienische Zentralbank offiziell der Lüge überführt. Denn bisher hatte die Notenbank behauptet, erst vor kurzem von den dubiosen Derivate-Geschäften erfahren zu haben.

Ein hochrangiger Funktionär der Banca d’Italia sagte nun, Draghi habe gewusst, dass es bei der MPS eine Schieflage gebe. Er habe die Inspektoren auch beauftragt, besonders genau hinzusehen. Sie hätten aber nichts gefunden, und daher sei es für die Führung der italienischen Notenbank auch nicht möglich gewesen, weitergehende Maßnahmen zu ergreifen.

Wie Draghi der Welt jedoch erklären wird, dass er zwar den Bericht gesehen habe, in dem stand, dass der MPS ein Verlust von 720 Millionen Euro drohe und dennoch untätig geblieben ist, kann mit Spannung erwartet werden.

Im Hinblick auf die neue Mega-EZB bleibt die Lektion: Wenn an der Spitze einer steht, der nicht genau hinsehen will oder kann, dann helfen auch Heerscharen von Beamten nichts.

Weitere Themen

„Propaganda-Blitz“: EU will in Internet-Foren für Euro Stimmung machen

US-Rentner knallhart abgezockt: Pensionsfonds verklagen Black Rock

Bundesbank: EZB gefährdet mit Zins-Politik die Vermögen in Europa

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...