Politik

Haircut: Zypern fürchtet den Gegenschlag der Oligarchen

Lesezeit: 3 min
25.03.2013 01:33
Der Haircut von Brüssel zielt angeblich auf die russischen Oligarchen, die auf der Insel investiert haben. Bei einigen geht es um viel Geld, andere sind schon längst weg. Keiner wird die Enteignung jedoch kampflos hinnehmen.
Haircut: Zypern fürchtet den Gegenschlag der Oligarchen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Wer auf Zypern mehr als 100.000 Euro auf dem Konto hat, wird zu einer Abgabe von 40 Prozent gezwungen (mehr hier). Eine Reihe von russischen Oligarchen auf Zypern könnte diese Entschiedung hart treffen.

Stahl-Magnat Alexander Abramoff verfügt über ein Vermögen in Höhe von 4,6 Milliarden Dollar. Einen Großteil seines Geldes hat er auf zypriotischen Bank-Konten gebunkert, berichtet das Nachrichten-Portal Russians in Cyprus. Er hat die zypriotische Staatsbürgerschaft und baute sich vergangenes Jahr eine Villa auf der neuseeländischen Nordinsel Whangarei für 40 Millionen Dollar. Das dazugehörige Grundstück ließ er sich 15,9 Millionen Euro kosten. Die Bauarbeiten begannen vor zwei Jahren und Abramoff möchte die Villa in diesem Sommer beziehen. „Dieses Projekt ist ein Einzelstück. Nicht viele Milliardäre kommen hierher, um ein derartiges Projekt ins Leben zu rufen“, zitiert The Northern Advocate den Bürgermeister von Whangarei, Morris Cutforth.

Auch Dmitri Rybolowlew könnte in Bedrängnis kommen. Der Düngemittel-Oligarch hat ein  Vermögen in Höhe von 9,1 Milliarden Dollar.  2011 kaufte er die Mehrheits-Anteile an der Kapitalgesellschaft (Société Anonyme Sportive Professionnelle) des Fußball-Vereins AS Monaco und wurde deren Präsident. Er stellte dem Verein Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro in Aussicht, berichtete das Nachrichten-Portal My TF 1. Ferner ist Rybolowlew auf dem amerikanischen Immobilienmarkt tätig.Für seine Tochter ließ er in New York ein Penthouse mit Blick auf den Central Park im Wert von 88 Millionen Dollar bauen. Er ist mit 9,9 Prozent der größte Aktionär des größten zypriotischen Geld-Instituts, Bank of Cyprus.

Putin-Liebling Alexei Mordaschow ist der nächste Kandidat. Er ist CEO und Hauptaktionär von OAO Severstal, einem internationalen und vertikal integrierten Stahlproduzenten. Sein Vermögen beläuft sich auf 12,8 Milliarden Dollar. Ein Großteil seines Geldes befindet sich in Zypern. Der größte Finanz-Dienstleister für Wirtschafts-Informationen Dun & Bradstreet berichtet, dass nahezu alle Aktionäre von OAO Severstal ihre Gelder auf Zypern haben.

Dazu gehören die Loranel Limited (19,99 Prozent Anteile), Astroshine Limited (19,99 Prozent Anteile), Pearlgreen Limited (15,03 Prozent Anteile) und Rayglow Limited (9,41 Anteile). Weitere 35,58 Anteile an OAO Severstal liegen in anderen Händen. Überraschenderweise wird die Tochter-Gesellschaft der Deutschen Bank, Deutsche Bank OOO, als Haupt-Aktionär angegeben. Sie hat ihren Sitz in Moskau. Über die genaue Kennzahl der Anteile ist nichts bekannt.

Wladimir Potanin ist Vorsitzender der Interros Holding und wurde reich im Bereich der Nickel-Industrie. Interros hält 28,08 Prozent der Anteile von MMC Norilsk Nickel. Doch die Anteile von Interros werden durch ihre Tochter-Gesellschaften vertreten. Zu ihnen gehören die Bonico Holdings Co. Limited, Montebella Holdings Limited, ICFI Limited und Interros International Investments Limited und CJSC Interros Holding Company, die alle ihre Sitze in Zypern haben. 17, 53 Prozent sind der Bonico Holdings Co. Limited zuzuordnen, berichtet Highbeam Business. Alle haben ihre Sitze in Zypern, berichtet RIA Novosti.

2010 wurde der Oligarch anlässlich der Feier zum 50. Jahrestag der Republik Zypern, vom ehemaligen Staats-Präsidenten Zyperns, Dimitris Christofias, für seine Wohltätigkeits-Aktionen mit der „Goldenen Olive“ ausgezeichnet, berichtete die Interros Holding in einer Mitteilung. Die Übergabe fand im Präsidenten-Palast statt. Die gesamte Veranstaltung wurde von der Interros International Investments Limited finanziert. Das Symphonie-Orchester des Kremls war ebenfalls anwesend.

Das Vermögen des Vorsitzenden des Stahl-Unternehmens Novolipetsk Steel, Wladimir Lisin, beläuft sich auf 14,1 Milliarden Dollar. Zu den größten NLMK-Aktionären gehören Silener Management Limited mit 18,98 Prozent der Anteile, Merobel Investments Limited (18,70 Prozent), Ultimex Trading Limited (14,91 Prozent), VEFT Enterprises Limited (8,25 Prozent), Castella Investments Limited (15,94 Prozent) und LKB Invest (7,52 Prozent), berichtet Ros Business Consulting. Den Recherchen der DWN zufolge befinden sich alle Hauptsitze dieser Tochter-Gesellschaften in Nikosia, Zypern. Das geht aus einer Adressen-Liste hervor.

Ob es die benannten fünf Oligarchen am Ende wirklich treffen wird, ist noch nicht sicher. Andere Oligarcen haben sich auf jeden Fall schon längts reagiert. Als Igor Zyuzin, der Inhaber des an der New Yorker Börse gelisteten Kohl- und Stahlriesen Mechel von einem Reporter gefragt wurde, ob ihm Verluste drohen, lachte der Oligarch dem Reporter ins Gesicht: „Sie müssen verrückt sein!“ – er habe sein Geld natürlich schon längst rausgeholt (mehr hier).

Bei allen anderen, die vom Haircut betroffen sind, ist zu erwarten, dass sie nun die Top-Kanzleien aus London und andere Hilftstruppen mobilisieren werden, um sich ihr Geld wiederzuholen. Erfahrungsgemäß dauern solche Prozesse lang und kosten viel Geld.

Möglicherweise muss Zypern schon erhebliche Beträge zur Seite legen, um gegen die Prozesse gewappnet zu sein.

Sie können das Geld ja aus dem nächsten Hilfskredit von der EZB nehmen.

 

 

 

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...