Politik

Insolvenz-Recht: Krise beschleunigt Firmen-Sterben in Europa

Lesezeit: 2 min
07.04.2013 01:31
Die Pleitewellen infolge der Schuldenkrise haben eines verdeutlicht: Das Insolvenz-Recht in Europa wirkt in einer tiefgreifenden Rezession verheerend. Ein Neuanfang ist für die Unternehmen und die Unternehmer meist kaum mehr möglich. Daher wird so lange verschleppt, bis es zu spät ist.
Insolvenz-Recht: Krise beschleunigt Firmen-Sterben in Europa

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

In Italien gab es im vergangenen Jahr über 100.000 Firmenpleiten. Das allein ist schlimm genug. Nur hat der Prozess der Pleite mit der Insolvenz-Anmeldung gerade erst begonnen. In Italien dauert er über zehn Jahre. Und das ohne eine befriedigendes Ergebnis: Die Gläubiger bekommen im Schnitt nur 14 Prozent des investierten Geldes zurück, über 90 Prozent der Unternehmen werden aufgelöst.

Für die meisten Unternehmer ist eine Insolvenz die schlimmste aller Möglichkeiten. Wer einmal eine Pleite hingelegt hat, ist im Grunde ruiniert. Viele versuchen daher, das bittere Ende so lange als möglich hinauszuzögern. Damit werden Sanierungen am Ende unmöglich.

Ein Neuanfang ist auch für den Unternehmer meist kaum möglich. Die Voraussetzungen für einen günstigen Kredit sind infolge der Schuldenkrise für Gründer ohnehin schlecht genug. In Spanien hat sich die Zahl der Insolvenzen in den Jahren von 2007 bis 2011 mehr als vervierfacht (siehe Grafik).

Eine Reform des europäischen Insolvenz-Rechts könnte Firmenpleiten effizienter gestalten und eine Reorganisation der Unternehmen beschleunigen. Die USA könnten durch ihre „Chapter 11“ Gesetzgebung als Vorbild gelten. Unternehmen können dort einen Schutz vor den Gläubigern beantragen.

In Italien wurden Teile dieses neuen Insolvenz-Rechts bereits umgesetzt. Seitdem haben Geschäftsführer eine Gnadenfrist von drei Monaten, in denen sie keine Schulden zurückzahlen müssen. Binnen dieser Frist können sie ein neues Geschäftsmodell entwickeln und ihre Gläubiger davon zu überzeugen. Sie können auch neue Finanziers zu suchen. Diese neuen Geldgeber werden ihrerseits geschützt, indem sie zuerst ihr Geld zurück erhalten, wenn die Firma tatsächliche aufgelöst werden sollte.

Trotzdem schaffen es viele Unternehmen in Italien innerhalb der Schonfrist nicht, ihr Unternehmen neu zu ordnen und auf einen Weg zurück in die schwarzen Zahlen zu führen. Die Insolvenz-Anträge sind zwar gestiegen und insgesamt gibt es mehr Flexibilität, jedoch werden noch immer 50 Prozent der insolventen Unternehmen aufgelöst.

Auch Firmen, die noch nicht pleite sind, können den Antrag auf Insolvenz stellen. Viele schrecken jedoch davor zurück: „Das neue Gesetz ist total ineffektiv“, sagte Filippo Lamana Chef der Insolvenz-Abteilung beim italienischen Gericht in Mailand einem Bericht der FT zufolge. Verteidiger des neuen Konzeptes sagen, es werde noch Jahre dauern, bis Unternehmen sich der neuen Möglichkeiten bewusst würden.

Derzeit hat die Kapitalflucht aus Italien begonnen (mehr hier). Das Land ist unregierbar (hier). Reformen, die Italien aus dem Griff der Rezession befreien könnten, sind in nächsten Monaten nicht zu erwarten (hier).


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...