Die Stadt Wien schuldet ihren Gläubigern 4,35 Milliarden Euro. Das gab Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner kürzlich bekannt. Der Schuldenberg wuchs demnach um 322 Millionen Euro auf knapp 5,8 Prozent des jährlichen Wiener Brutto-Regional-Produkts. Das ist Rekord.
Trotz des neuen Höchststands zeigt sich die Stadtverwaltung optimistisch. In den nächsten Jahren möchte man die Neuverschuldung reduzieren und ab 2016 wieder Schulden zurückzahlen. Hans-Georg Kantner, Experte für Insolvenzrecht, hält das für nicht ausgeschlossen. „Alles jedoch unter der Prämisse, dass die Zinsen niedrig bleiben. Momentan erleben wir ja einen historischen Tiefstand in Österreich“, sagt Kantner den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.
Die Opposition zweifelt jedoch daran, ob dieses Ziel einzuhalten ist. Bei der Wiener ÖVP zeigt man sich „skeptisch“, denn um auf die gewünschte Nullverschuldung zu kommen, brauche man wirkliche Reformschritte. Das Budget sei vor allem durch massive Gebührenerhöhungen saniert worden, sagt Gerhard Hammerer, Leiter der ÖVP Wien Pressestelle, den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.
Tatsächlich mussten die Wiener in den letzten Jahren saftige Gebührenerhöhungen hinnehmen. Müllentsorgung, Parken und Abwasser wurden ab Jahresbeginn 2012 um rund sechs Prozent teurer. Auch die Wassergebühr stieg um 33 Prozent auf 1,73 Euro pro Kubikmeter. Für einen Vierpersonenhaushalt erhöhte sich damit die jährliche Belastung um 80 Euro.
Zusätzliche Angriffsfläche für die Opposition bietet außerdem die finanzielle Lage der Wohnungsverwaltung Wiener Wohnen. Hier beträgt der Schuldenstand knapp drei Milliarden Euro, wie Markus Stradner, von der Wiener Wohnen Pressestelle, den Deutschen Wirtschafts Nachrichten mitteilte.
Diese Schulden werden nicht in den Rechnungsabschluss der Stadt eingegliedert, da Wiener Wohnen seit dem Jahr 2000 als Unternehmung der Stadt Wien in einem eigenen Rechnungskreis geführt wird. Die Wohnverwaltung ist allerdings nicht ausgegliedert und damit weiterhin der Stadt Wien unterstellt. Hammerer bezeichnet das als „kosmetischen Akt“ und fordert eine transparente Aufstellung der Schulden.
Würde man die Verpflichtungen von Wiener Wohnen mitrechnen, käme die Stadt Wien auf rund 7,35 Milliarden Euro an Schulden. Dieser Betrag ist fast doppelt so hoch wie in der offiziellen Darstellung der Regierung.
Für Kantner ist die Lage bei Wiener Wohnen allerdings nicht verloren. „Den Schulden stehen ja reale Vermögenswerte in Form von Häusern gegenüber. Das könnte man sofort verkaufen.“ Deswegen seien die Schulden bei Wiener Wohnen anders zu beurteilen.
Seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise 2008, kam es zu einem enormen Anstieg der Wiener Schulden. Vor allem fehlende Einnahmen aus den Anteilen der Bundeserträge rissen Löcher in die Budgets der Stadt.
Der Arbeitsmarkt wurde 2010 und 2011 von der Krise verschont. 2012 stieg die Zahl der Arbeitslosen in allen Bundesländern rasant an – in Wien um 4,9 Prozent. Diese Zahl konnte allerdings durch eine Ausweitung der Schulungen des Arbeitsmarktservice (AMS) gedämpft werden. Arbeitslose können sich beim AMS umschulen lassen und so ihre Jobchancen verbessern. Allerdings dient dieses Mittel der Politik auch zur Schönung von Arbeitslosenzahlen, denn Menschen in AMS-Schulungen werden nicht in der Arbeitslosenstatistik geführt. So kann man die Arbeitslosenrate nach unten drücken.