Mit faulen Eiern und Tomaten werden die Abgeordneten in Sofia vom Volk begrüßt. Zunächst richteten sich die bereits zwei Wochen andauernden Proteste gegen die ausufernde Vetternwirtschaft in Bulgarien. Jetzt fordern die Demonstranten ein vorzeitiges Ende der frisch gewählten Regierung. „Diese Regierung sollte möglichst schnell gehen. Das wird den Weg zu Neuwahlen und einer neuen Wirklichkeit in Bulgarien ebnen“, sagte ein Demonstrant einem Bericht vom Deutschlandfunk zufolge.
Dabei ist die sozialistische Regierung gerade erst sechs Wochen im Amt. Doch sie wird bereits an der Ausführung ihrer Arbeit gehindert. Die nationalistische Partei Ataka wittert die Chance für einen Umbruch und hatte zwischenzeitlich in einer Protestaktion das Parlament blockiert. Auch die bürgerliche GERB-Partei boykottiert das Parlament, weil sie sich weigert, die Wahlniederlage anzuerkennen.
Der Partei-Chef der Sozialisten, Sergej Stanischew, hält Neuwahlen für nicht unwahrscheinlich:
„In dem Augenblick, in dem die Fraktion von Ataka sagt, dass sie an der Parlamentsarbeit nicht mehr teilnehmen wird, heißt das: vorgezogene Wahlen."
Von Neuwahlen will Premierminister Plamen Orescharski von den Sozialisten jedoch nichts wissen:
"Ich fürchte, die Instabilität, in die wir geraten sind, könnte noch länger dauern, auch in den nächsten Regierungen. Was tun wir dann? Natürlich können wir nicht ohne Parlament arbeiten."
Als Auslöser der Proteste gilt die umstrittene Personalpolitik Orescharskis. Ein umstrittener Oligarch sollte Chef des bulgarischen Geheimdienstes werden. Deljan Peewski habe Verbindungen zu einer mächtigen Bank und werde verdächtigt, in illegale Geschäfte verwickelt zu sein, berichtet die Zeit. Dieser darf nun jedoch nicht mehr an Parlamentssitzungen teilnehmen. Damit ist die Regierungsmehrheit der Koalition aus Sozialisten und Türkenpartei (DPS) dahin. Auf Unterstützung von Oppositionsparteien darf die Regierung nicht hoffen. Das macht Neuwahlen immer wahrscheinlicher.
Für die Menschen in Bulgarien ist die Vetternwirtschaft nicht mehr zu ertragen. Sie nennen die Politiker die „Regierung der Liebe“, weil Liebes- und Freundschaftsbande die politischen Akteure zusammenschweißen. An eine demokratische Vertretung des bulgarischen Volkes ist nicht mehr zu denken.