EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn will Deutschland und die Haushaltspolitik der neuen schwarz-roten Koalition im Auge behalten. Sobald der nächste Haushaltsentwurf des Bundes vorliege, „werden wir ihn genau prüfen“, kündigte Rehn in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an.
Mit Blick auf die Vereinbarungen von Unionsparteien und SPD zum Mindestlohn sagte er, es sei sinnvoll, dass die neue Regierung die Binnennachfrage steigern will. „Aber natürlich müssen die deutschen Arbeitsmärkte offen bleiben, um die hohe Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu bewahren.“
Zur umstrittenen Exportorientierung Deutschlands sagte Rehn: „Wir unterziehen Deutschland nicht wegen seiner Exportstärke einer vertieften Prüfung.“ Allerdings seien die privaten und öffentlichen Investitionen im Lande in den vergangenen Jahren „ziemlich niedrig“. Es sei daher die Frage, ob es sich Deutschland auf lange Sicht leisten könne, so viel Vermögen ins Ausland zu exportieren wie derzeit.
Er habe aber „keine Strafexpedition“ gegen das Land vor, sagte Rehn.
Der Kommissar äußerte sich zufrieden mit den Fortschritten im Kampf gegen die Euro-Staatsschuldenkrise und den dafür eingeleiteten Reformen. „Der schlimmste Teil der Krise mag vorbei sein. Aber wir sind immer noch mitten im Krisenmanagement“, sagte er.
Der finnische Politiker sucht nach eigenen Worten nach zehn Jahren als EU-Kommissar nun mit seiner Bewerbung für die Spitzenkandidatur der Liberalen bei den Europawahlen eine neue Herausforderung. „Ich denke, ich habe realistische Chancen auf das Amt des Spitzenkandidaten“, sagte Rehn. „Ich trete auf alle Fälle an.“