Politik

Süß-saures Ende: Chinesen verlassen Italien wegen Krise

Die Rezession und die steigende Feindseligkeit gegenüber Immigranten veranlassen zahlreiche Chinesen und andere Einwanderer, das Land zu verlassen. Das ist schlecht für die nationale Wirtschaft, die aufgrund des Demographie-Problems auf Einwanderer angewiesen ist.
08.01.2013 02:02
Lesezeit: 2 min

Aktuell

Türkische Menschenhändler profitieren von EU-Regulierungen

In Italien herrscht die längste Rezession seit der Nachkriegszeit und die Fortsetzung der Schuldenkrise lässt die Arbeitslosigkeit im Land weiter ansteigen (in diesem Jahr droht in der ganzen Eurozone eine neue Rekordarbeitslosigkeit – hier). Aus diesem Grund verlassen zunehmend mehr Chinesen das Land und kehren in ihre Heimat zurück, die vergleichsweise noch gute Wachstumsdaten aufweist, oder fassen einen Umzug in die USA bzw. Kanada ins Auge. Doch nicht nur unter den chinesischen Einwanderern ist dieser Trend festzustellen, so die FT.

Neben der wirtschaftlichen Situation ist aber auch die Stimmung im Land gegenüber Einwanderern ein ausschlaggebender Grund für das Verlassen Italiens. Der nigerianische Gewerkschafter in Rom, Romanus Nwaereka, bestätigt, „rassistische Angriffe sind auf dem Vormarsch. Die schwarze Gemeinschaft spürt das.“ Bei einem Testspiel zwischen dem AC Milan und dem viertklassigen Club Pro Patria ist es beispielsweise in der vergangenen Woche zu einem Eklat gekommen. Fans von Pro Patria hatten den Mailänder Spieler Kevin Prince-Boateng unablässig rassistisch beleidigt (mehr hier).

Gerade vor den Neuwahlen im Februar ist Immigration nun wieder ein wichtiges Wahlkampfthema. Berlusconi versucht Wähler zu gewinnen, indem er Einwanderer für die hohe Arbeitslosigkeit verantwortlich macht und warnt vor einem Wahlsieg der Linken Demokraten. Dies hätte eine „Ausweitung der Ehen unter Homosexuellen und eine Öffnung unserer Grenzen für illegale Einwanderer“ zur Folge, zitiert die FT den PDL-Chef. Die Mitte-Links-Partei um Pier Luigi Bersani, die in Umfragen derzeit vorn liegt (hier), verspricht hingegen Kindern von Zuwanderern, die in Italien geboren wurden, die italienische Staatsbürgerschaft.

Dabei ist Immigration besonders für Italiens Wirtschaft sehr wichtig. Das Land hat ein Demographie-Problem und braucht Einwanderer, so Antonio Golini, Professor für nachhaltige Entwicklung an der Luiss Universität in Rom. Die alternde Bevölkerung belastet schon jetzt den Wohlfahrtsstaat. Den im letzten Monat veröffentlichten Daten von Oktober 2011 zufolge schrumpfte die italienische Bevölkerung in den vergangenen zehn Jahren um 0,5 Prozent. „Wirtschaften wachsen nicht ohne eine wachsende Bevölkerung“, betont Antonio Golini. Hier müssten die Einwanderer nun verstärkt eine große Rolle spielen. Doch wie das ISMU Forschungsinstitut zeigt, gab es beispielsweise bereits 2011 kein Wachstum unter den Einwandererzahlen mehr. Auch könnte die Zahl der Einwanderer, die Italien verlassen noch viel höher sein, als vermutet. Viele Ausländer verlassen das Land ohne die Registrierung ihres Haushalts zu beenden und gelten deshalb noch offiziell als im Land lebend. Es gibt sicher bis zu 800.000 solcher „Geister“, schätzt der ISMU-Experte Gian Carlo Blangiardo.

Weitere Themen

Kyle Bass: Schuldenkrise wird zum Krieg führen

IWF: Lagarde erwartet „große Weltwirtschaftskrise“

BMW streicht wegen der Krise Rabatte auf Neuwagen

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Auto-Förderung: Wie geht es weiter und was plant die neue Bundesregierung?
28.04.2025

Das Ziel bleibt eindeutig – der genaue Weg aber offen. "Wir werden die E-Mobilität mit Kaufanreizen fördern", steht im...

DWN
Politik
Politik Üppige Übergangsgelder für Ex-Minister: Steuerzahlerbund kritisiert Selbstbedienung
28.04.2025

Dauerversorgung auf Kosten der Steuerzahler: Bisher bekommen Minister und Kanzler nach ihrem Ausscheiden bis zu 2 Jahren staatliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Boeing unter Druck: Zölle verschärfen die Krise beim größten US-Exporteur
28.04.2025

Boeing, der größte US-Exporteur, steckt seit Jahren in einer Krise. Neue Zölle und Handelskonflikte verschärfen sie weiter. Die...

DWN
Panorama
Panorama Stromausfall Spanien und Portugal: Nichts geht mehr - schwierige Suche nach der Ursache
28.04.2025

Ein umfassender Stromausfall Spanien hat am Montagmittag die Iberische Halbinsel erschüttert. Weite Teile Spaniens und Portugals auf dem...

DWN
Politik
Politik Ministerposten der Union: Alle Namen und Überraschungen im Überblick
28.04.2025

Acht Tage vor der geplanten Kanzlerwahl von Friedrich Merz steht die Aufstellung der Ministerposten der Union fest. Die SPD wird ihre...

DWN
Politik
Politik Neue Bundesregierung: Union stellt Personal für Ministerposten vor – Kabinettsliste mit Manager für Digitalisierung
28.04.2025

Rund eine Woche vor der geplanten Wahl von Friedrich Merz zum Kanzler der neuen Bundesregierung haben CDU und CSU ihre Besetzung der...

DWN
Technologie
Technologie Profi für Sicherheitslösungen: Bedrohungen sind alltäglich - so erhöhen Unternehmen die Cybersicherheit
28.04.2025

Cybersicherheitsabteilungen in Unternehmen ähneln zunehmend Notaufnahmen – jedoch mit einem entscheidenden Unterschied: Die Bedrohungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft E-Mobilität in China: Warum der Westen zurückfällt
28.04.2025

Chinas Autobauer überrollen die E-Mobilitätswelt – effizient, günstig, selbstbewusst. Während westliche Marken im Reich der Mitte an...