Die großen internationalen Finanz-Unternehmen wollen im Verein mit der Politik schon seit längerem das Bargeld abschaffen (hier). Der Grund zeigt sich jetzt am Zypern-Debakel: Nur wenn die Bürger möglichst wenig Bargeld zu Hause haben, kann es ihnen vom Staat möglichst geräuschlos weggenommen werden. Und: Nur, wenn das Geld als Spielgeld Papiergeld im System kursiert, kann es wundersam vermehrt werden. Man spricht in diesem Fall vom „Fiat-Geld“, was nichts mit dem gleichnamigen italienischen Auto und auch nicht mit der katholischen Theologie zu tun hat - sondern mit dem Begriff der „Geldschöpfung“, wie wir ihn von Goethes Faust kennen (hier in der Interpretation von Jens Weidmann).
Die Kapitalkontrollen in Zypern beziehen sich ausdrücklich nicht auf den elektronischen Zahlungsverkehr innerhalb des Landes. Wer seinem Nachbarn 10.000 Euro überweisen will, kann dies problemlos tun. Stark eingeschränkt ist lediglich der Zugang zum Bargeld. Nur 300 Euro pro Tag sind den Zyprioten erlaubt, was sie auch in vollem Umfang in Anspruch nehmen (mehr hier).
Bargeld besser als Guthaben
Für die Zyprioten - und im Grunde für alle europäischen Bankkunden - heißt das, dass 100 Euro in bar mehr wert sind, als 100 Euro auf dem Konto. Besonders klar ist dies bei den Guthaben über 100.000 Euro, die von einer Teilenteignung betroffen sind. Denn wer 200.000 Euro in bar unter dem Kopfkissen hatte, der wurde auch nicht enteignet - weil er eben kein Gläubiger seiner Bank war, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble erklärte (mehr hier).
Doch auch diejenigen Zyprioten mit Guthaben unter 100.000 Euro, die also nicht teilenteignet wurden, hätten ihr Geld jetzt lieber in der Hand als auf einem zypriotischen Konto. Denn ihr Zugang zu ihren Guthaben ist stark begrenzt. Und die Gefahr, dass weitere Probleme auf die Banken des Landes zukommen und auch ihr Guthaben sich vermindert, besteht weiter.
Vor demselben Problem stehen Bankkunden weltweit: Wenn sie einer Bank ihr Geld anvertrauen, dann besteht letztlich immer die Gefahr, dass, wie in Zypern gesehen, das Geld zumindest zum Teil über Nacht verschwunden sein kann. Und da die Zinsen auf Konten derzeit sehr niedrig sind und kaum die Inflation ausgleichen, gibt es nur wenige Argumente dafür, sein Geld einer Bank anzuvertrauen.
Die Achillesferse des Teilreserve-Bankensystems
Das Teilreserve-Bankensystem herrscht heute im gesamten Einzugsbereich der Zentralbanken der Welt. Bei der EZB beträgt der Mindestreservesatz sogar nur 1 Prozent. Das heißt, wenn ein Kunde bei einer Bank des Eurosystems 100 Euro auf sein Girokonto einzahlt, dann kann die Bank 99 Euro an Krediten vergeben und muss nur 1 Euro als Reserve bei der EZB hinterlegen.
In diesem ersten Schritt hat sich die Geldmenge immerhin bereits fast verdoppelt, doch die 99 Euro können wiederum bei einer Bank als Guthaben eingezahlt werden. Es müssten mindestens 0,99 Euro als Reserve hinterlegt werden, 98,01 Euro könnte die Bank als Kredit vergeben. Durch Fortsetzung dieses Prozesses ist es möglich, dass aus den ursprünglichen 100 Euro Bargeld letztlich 100 Euro bei der EZB und 10.000 Euro auf Bankkonten werden.
Doch die entstandenen Guthaben in Höhe von 10.000 Euro existieren nur elektronisch. Wenn tatsächlich jeder Bankkunde nur 1 Prozent seines Guthabens abhebt, dann ist die Mindestreserve bereits aufgebraucht. Und wenn die Kontoinhaber mehr abheben wollten, dann wäre das Geld schlicht nicht da. Das ist die Achillesferse des Teilreserve-Bankensystems.
Kapitalkontrollen in der gesamten Eurozone
Sobald die Menschen wie in Zypern das Vertrauen in ihre Banken verlieren und das Geld von ihren Girokonten abheben wollen, dann ist dies schlicht nicht da. Um einen Zusammenbruch des Systems zu verhindern, ist daher in Zypern der Geldzugang auf 300 Euro begrenzt worden. Selbst für diesen Bruchteil des Geldes auf zypriotischen Girokonten musste extra Bargeld aus Frankfurt nach Zypern geflogen werden (mehr hier).
Doch auch im übrigen Europa ist das Vertrauen in das Bankensystem erschüttert. Dasselbe Schicksal wie den Zyprioten droht allen Kontoinhabern der Eurozone. Denn es befindet sich circa fünfmal so viel Guthaben auf Girokonten des Eurosystems wie es überhaupt Bargeld im Umlauf gibt (siehe Grafik). Und wenn Bankkunden ihre längerfristigen Konten kündigen würden, dann würde das Problem noch größer.
Wenn zu viele Leute in der Eurozone an ihr Geld wollten, dann müssten auch in der Eurozone Kapitalkontrollen eingeführt werden. Denn das Bargeld könnte gar nicht so schnell gedruckt werden, wie es gebraucht würde. Und selbst wenn die EZB es in diesem Umfang drucken ließe, würde dies nur zu einer Hyperinflation führen. Ein Zusammenbruch des Eurosystems wäre nicht mehr aufzuhalten.