Politik

Gentechnik: Regierung kapituliert vor Konzernen, hält Bürger für irrational

Lesezeit: 1 min
29.11.2013 01:41
Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag über alle Bedenken der Bürger hinweggesetzt und damit den Weg freigemacht: Schon bald wird es in Deutschland Genmais geben. Denn auch in Brüssel haben die Konzerne mächtige Verbündete.
Gentechnik: Regierung kapituliert vor Konzernen, hält Bürger für irrational

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

„Gentechnik-Verbot in den Koalitionsvertrag“. Das forderten Dienstag Abend Aktivisten von Save Our Seeds, dem Biodachverband BÖLW und die Jungbauern von AdL vor dem Willy-Brandt-Haus.

Der Appell verhallte ungehört: Der in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch beschlossene Koalitionsvertrag enthält lediglich einen nichtssagenden Absatz zum Thema Gentechnik:

„Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik an. Wir treten für eine EU-Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit gen-veränderten Pflanzen gefüttert wurden, ein. An der Nulltoleranz gegenüber nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Bestandteilen in Lebensmitteln halten wir fest – ebenso wie an der Saatgutreinheit.“

Im Dezember, spätestens Januar, wird im EU-Ministerrat darüber entschieden, ob nach 15 Jahren der Anbau von Gentech-Mais in der EU wieder zugelassen wird (mehr hier). Ein klares Bekenntnis gegen die Gentechnik im Koalitionsvertrag hätte den zukünftigen deutschen Agrarminister bei der Abstimmung im EU-Ministerrat zu einer Nein-Stimme gezwungen.

„Wissenschaftliche Berater und Unternehmen wie Bayer und BASF raten den Parteien zur Gentechnik. Es heißt, man dürfe dem wissenschaftlichen Fortschritt nicht im Wege stehen. Die Furcht der Bevölkerung vor Gentechnik wird als irrational abgetan“, so Benedikt Haerlin von „Save our Seeds“ zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Daher rechnen die Aktivisten mit einer Stimm-Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung über „Mais 1507“ von Pioneer. Wenn die EU-Agrarminister den Vorschlag der Kommission nicht mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ablehnen, geht der Vorschlag wieder an die Kommission zurück. Und die hat ihre Zustimmung bereits geäußert. Dabei beruft sie sich auf die Lebensmittelbehörde EFSA, die dem Gen-Mais für unbedenklich hält.

Selbst bei einer Zulassung wird Mais 1507 wohl noch nicht im kommenden Jahr in Deutschland angebaut werden. Drei Monate vor der Aussaat müsste der Gentech-Mais im Gentechnik-Register angemeldet werden. Da Mais im Mai ausgesät wird, müsste der Gen-Mais bereits im Februar auf dem Markt sein, so Haerlin.

Große Auswirkungen für Konsumenten kann nach Meinung Haerlins das Freihandelsabkommen mit der USA haben (hier). „Selbst bereits existierende Kennzeichnungsgesetze zur Gentechnik könnten in Zukunft ausgehebelt werden. Wenn ein findiger Anwalt wegen der Gleichbehandlung vor Gericht zieht.“

In Deutschland existiert die Bezeichnung „Ohne Gentechnik“, EU-weit allerdings noch nicht. Nach In-Kraft-Treten des Freihandelsabkommens wird es fast unmöglich sein, Gentechnik-Kennzeichnungen EU-weit einzuführen.

In den USA hingegen gibt es gar keine Pflicht, Gentechnik-Hinweise auf die Verpackung zu drucken. Damit das so bleibt geben Monsanto, Bayer, Pioneer und zahlreiche weitere Unternehmen ein Vermögen aus: 17 Millionen Dollar flossen alleine in eine Kampagne gegen einen Volksentscheid zur Kennzeichnungspflicht in Washington, berichtete die SZ.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
23.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...