Finanzen

Reiche Rentner laufen Sturm gegen Bargeld-Verbot in Schweden

Die schwedischen Banken machen als erste ernst: Sie schaffen das Bargeld ab. Immer mehr Filialen bieten keine Bargeldauszahlung mehr an. Doch in Östermalm wehren sich nun gut betuchte Rentner gegen den Verlust der Freiheit, über das eigene Geld verfügen zu können.
09.04.2013 00:54
Lesezeit: 2 min

Schweden könnte schon bald zur bargeldlosen Gesellschaft werden. Wie die führende konservative Tageszeitung Svenska Dagbladet berichtet, steht die endgültige Umstellung unmittelbar bevor. Das Traditions-Institut Swedbank gab nämlich unlängst bekannt, nun auch in ihren Filialen in Östermalm kein Bargeld mehr auszuzahlen oder entgegenzunehmen. Die Gegend gilt als der wohlhabendste Bezirk Stockholms, viele der betuchten Einwohner sind im fortgeschrittenen Alter. Und gerade diese einflussreichen Bank-Kunden hängen an der Bargeld-Verwendung und sind gegen die Umstellung auf ein reines Chipkarten-System. Wenn das Bargeld jetzt auch aus den Filialen in Östermalm verschwinde, dann meinen es die Banken ernst, so ein Kommentar im Dagbladet. Es sei dies ein Symbol für eine Entwicklung in ganz Schweden, eine „Revolution der Banken“.

Die Finanzinstitute argumentieren damit, die Abwicklung der Bankgeschäfte für die Kunden einfacher zu machen. „Smart cash“ wird das Plastikgeld genannt, was Bargeld wohl zum „dummen“ Geld stempeln soll. Die Banken profitieren davon, wenn alle Ersparnisse auf ihren Konten liegen statt als Bares unter Omas Kopfkissen. Überdies gingen in Schweden bei jeder Kreditkarten- Transaktion rund 80 Öre (ca. zehn Cent) an die abwickelnden Institute, schreibt Svenska Dagbladet. Auch der Handel befürwortet die Umstellung, weil die Konsumenten laut Umfragen mit Kreditkarten mehr ausgeben als mit Bargeld.

Rentner kämpfen für ihr Bargeld

Die Anonymität von Zahlungstätigkeiten – auch für kleine Besorgungen und alltägliche Einkäufe – ist in einem bargeldlosen System nicht mehr gegeben. Das sei zwar gut zur Bekämpfung von kriminellen Machenschaften, meint auch der Zeitungskommentar, aber auch eine Gefahr für den Datenschutz und damit für die Bürgerrechte. Verbraucherverbände und Bürger von Östermalm reagieren mit unzähligen Beschwerdebriefen an die Banken. Es gebe einfach auch noch Menschen, die Bargeld haben möchten, heißt es darin. Auch Svenska Dagbladet kritisiert die schleichende Bargeldabschaffung durch die Banken ohne öffentliche Diskussion und parlamentarische Legitimation.

Doch konsequente, schwedische Barzahler werden die laufende Entwicklung vermutlich nicht stoppen können. Mehr als ein Viertel der 1.200 schwedischen Bankfilialen hat sich bereits vom Bargeldtransfer verabschiedet. Auch die EU treibt die Kontrolle aller privaten Transaktionen vehement voran (hier).

Ohne Bargeld mehr Kontrolle

Mittels der Ausrufung eines „sozialen Grundrechts“ auf ein Bank-Konto sollen auch jene 30 Millionen EU-Bürger zu Vollkunden gemacht werden, die noch über kein solches verfügen. Der Vorteil für die EU liegt auf der Hand. Kontobewegungen sind viel leichter zu kontrollieren als Bargeld. Und außerdem lässt sich eine Beteiligung der Bürger an einer Bankensanierung leichter durchführen. Wenn die Konten prall gefüllt sind, weil kein Bargeld mehr existiert kann durch eine eventuelle Zwangsabgabe mehr Geld abgezwackt werden (mehr hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Arbeitsmarkt: Top-Berufe, die es vor 20 Jahren noch nicht gab
31.03.2025

Eine Studie von LinkedIn zeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Jobs und Fähigkeiten schafft, Karrieren und Arbeitswelt verändert:...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie: Kurs knickt nach Orcel-Aussage deutlich ein
31.03.2025

Die Commerzbank-Aktie muss nach einer starken Rallye einen Rückschlag hinnehmen. Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte zuvor einen möglichen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU vor Herausforderungen: Handelskriege könnten die Wirtschaft belasten – der Ausweg heißt Binnenmarkt
31.03.2025

Die protektionistischen Maßnahmen der USA und mögliche Handelskonflikte belasten die EU-Wirtschaft. Experten wie Mario Draghi fordern...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betonblock: Lego verklagt Hersteller von Anti-Terror-Betonklötzen
31.03.2025

Lego verklagt das niederländische Unternehmen Betonblock. Die Anti-Terror-Blöcke des Herstellers erinnerten zu sehr an die...

DWN
Technologie
Technologie Neue EU-Vorschriften: Plug-in-Hybriden drohen deutlich höhere CO2-Emissionen
31.03.2025

Mit der Einführung neuer, verschärfter Emissionsmessungen für Plug-in-Hybride (PHEVs) wird die Umweltbilanz dieser Fahrzeuge erheblich...

DWN
Politik
Politik Marine Le Pen wegen Veruntreuung zu Fußfesseln verurteilt - FN-Chef Bardella: "Hinrichtung der französischen Demokratie"
31.03.2025

Marine Le Pen wurde in Paris wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen - das...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerk mit Speicher: Für wen sich die Investition wirklich lohnt
31.03.2025

Balkonkraftwerk mit Speicher: eigenen Strom gewinnen, speichern und so Geld sparen. Doch so einfach ist es leider nicht, zumindest nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Der Handelskrieg gefährdet die US-Ausnahmestellung
31.03.2025

Da Investitionen nach neuen Möglichkeiten abseits der zuletzt florierenden US-Finanzmärkte suchen, wird an der Wall Street diskutiert, ob...