Politik

Trotz deutscher Kritik: Polizei geht gewaltsam gegen Taksim-Demonstranten vor

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoğlu und Guido Westerwelle haben sich nach dem diplomatischen Streit in Doha getroffen. Unterdessen protestierten in Istanbul und in Köln Zehntausende gegen den türkischen Premier Erdoğan. In Istanbul kamen erneut Wasserwerfer und Tränengas zum Einsatz.
23.06.2013 00:31
Lesezeit: 1 min

Nachdem am späten Freitagabend bereits der türkische EU-Minister Egemen Bağış als auch der Sprecher des Auswärtigen Amts, Andreas Peschke, mildere Töne angeschlagen haben, kam es an diesem Samstag nun zu einem Treffen der beiden Außenminister. Ahmet Davutoğlu und sein deutscher Amtskollege Guido Westerwelle sind in Doha zusammengekommen.

Das Vier-Augen-Gespräch habe in einer „konstruktiven und freundschaftlichen“ Atmosphäre stattgefunden, hieß es nach dem Meeting. Als Partner und Freunde habe man über alles gesprochen, auch über die Beziehungen der EU zur Türkei.

Unterdessen sei auch der deutsche Botschafter in Ankara, Eberhard Pohl, mit dem Staatssekretär im Außenministerium, Feridun Sinirlioğlu, in Ankara zusammengekommen. Das Treffen habe rund eineinhalb Stunden gedauert, berichtet die Hürriyet. Eigentlich war Pohl bereits am Freitag einbestellt worden. Da er jedoch nicht in der Stadt war, konnte er der Forderung nicht nachkommen.

Unterdessen gab es unter dem Motto „Überall ist Taksim. Überall ist Widerstand“ am Samstag in Köln eine Solidaritätskundgebung. Auf dem Kölner Heumarkt zwischen 30.000 und 40.000 Menschen zusammengekommen sein, so der Kölner Stadtanzeiger. Die Kundgebung wurde von der Alevitischen Gemeinde Deutschland organisiert. „Es geht uns um ein Zeichen für Menschenrechte, Demokratie und Toleranz“, heißt es hierzu in einer Mitteilung des Vereins, die den Deutschen Wirtschafts Nachrichten vorliegt.

Darin wird auch gewarnt: „An den Grenzen zu Europa darf kein islamistischer Terrorstaat entstehen, der seine Bevölkerung systematisch unterdrückt.“ Zu den insgesamt sieben Kernforderungen gehört unter anderem auch der Rücktritt des türkischen Premiers mit sofortigen Neuwahlen. Bis das nicht geschehen sei, dürfe auch kein neues Beitrittskapitel bei den Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU eröffnet werden.

In der Türkei ging indes am Samstag die Istanbuler Polizei erneut gegen die Demonstranten vom Taksim Platz vor. Nach einer relativ ruhigen Woche, die vor allem durch stummen Protest geprägt war, setzten die Sicherheitskräfte nun abermals Wasserwerfer ein, um die Menschenmengen zu vertreiben. Die Anwohner rund um den Taksim Platz ließen zum Zeichen ihres Protestes und ihrer Solidarität mit den Demonstranten erneut Töpfe und Pfannen knallen. Letztere riefen unterdessen „Polizisten, verratet nicht Euer Volk!“, wie die türkische Zeitung Zaman berichtete.

Im Zuge des Einsatzes gegen 20.30 Uhr (Ortszeit) soll sich der Taksim Platz geleert haben. Nachdem sich etliche Demonstranten jedoch in der İstiklal Avenue und auch in anderen Nebenstraßen wieder zusammengefunden hatten, habe die Polizei Tränengas eingesetzt.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...