Politik

Schäuble gibt nach: G20 dürfen mehr Schulden machen

Die Weltwirtschaft ist „zu schwach“. Die Finanzminister der G-20 vereinbarten daher mehr Wachstumsimpulse und mehr Schulden. Damit positionieren sich die größten Volkswirtschaften gegen die deutsche Spardoktrin. Finanzminister Schäuble hat das Nachsehen. Das Gelddrucken geht weiter.
21.07.2013 00:36
Lesezeit: 2 min

Auf dem Gipfel der G-20 in Moskau am Samstag rühmten die Finanzminister der größten Volkswirtschaften die Vorteile der expansiven Geldpolitik in den USA und Japan. Die Finanzminister „wollen die Verantwortung zur Reduzierung der Schulden noch nicht übernehmen“, sagte der russische Finanzminister Anton Siluanov einem Bericht von Reuters zufolge. Viele seien der Meinung, man müsse zuerst wirtschaftliches Wachstum sicherstellen, so Siluanov weiter.

Die Wirtschaft der USA erholt sich aber nur langsam. In China herrscht hingegen Crash-Gefahr. Der Export Chinas gerät ins Stottern, die Wirtschaftsdaten werden manipuliert (mehr hier). In Europa ist eine wirtschaftliche Erholung noch lange nicht in Sicht. Südeuropa steckt tief in der Rezession. Japan will die eigene Währung drücken und riskiert dabei den unkontrollierbaren Anstieg der Schulden, die derzeit bei etwa 200 Prozent des BIP liegen (hier).

Angesichts dieser weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wurden zunächst keine grundlegenden Veränderungen durch die G-20-Minister beschlossen. Die Marschrichtung ist jedoch klar: Mehr Geld drucken, mehr Schulden machen, mehr Impulse für die Wirtschaft setzen. Die Risiken und unerwarteten Nebenwirkungen der expansiven Geldpolitik würden jedoch „berücksichtigt“.

Deutschland ist Insidern zufolge in Moskau weniger darum bemüht gewesen, verbindliche Ziele und Schuldenbremsen festzuhalten. Finanzminister Schäuble muss sich dem Ruf der USA nach mehr Wachstum beugen. Der deutsche Sparkurs ist auch angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland und Spanien ad acta gelegt. Auch mit einer neuen Finanzspritze scheint die EU dieses Problem nicht in den Griff  zu bekommen (hier).

Die Welt hofft daher, dass Fed-Chef Ben Bernanke seine Ankündigungen nicht wahr macht. Bernanke hatte einen Zeitplan aufgestellt, nachdem im kommenden Jahr mit der Geldschwemme der US-Zentralbank Schluss sein solle (hier). Damit hat er für Wirbel an den internationalen Börsen gesorgt. Massenverkäufe waren die Folge. Seitdem scheint klar: Die Gelddruckmaschine in den USA muss weiterhin auf Hochtouren laufen (hier).

Dadurch fließt nicht nur regelmäßig Geld in die Finanzmärkte, sondern mithin auch in die Schwellenländer. Würden die USA den Geldhahn zudrehen, wären zuerst die Schwellenländer von einem Abzug des Kapitals durch Massenverkäufe betroffen.

Durch ihre Zurückhaltung beim Gipfel spielen die Finanzminister den Banken und Fonds in die Hände. Wenn unbegrenzt neues Geld vorhanden ist, kann das Spekulieren und Wetten weitergehen. Viel ändern wird sich dadurch nicht. Nur, dass die Schulden weiter steigen werden.

Druckt eine Zentralbank unbegrenzt Geld, hat das jedoch noch den Effekt, dass die Währung des Landes im Verhältnis zu anderen Währungen an Wert verliert. Dieser Effekt ist durchaus gewollt, denn dadurch werden die Exportprodukte im Ausland attraktiver. Vor allem Japan verfolgt das Ziel, mit der Zentralbank den Export aufrecht zu erhalten. Aber auch die EZB ist bei dem Abwertungs-Wettlauf mit dabei (hier). Von einem Währungskrieg mit den USA wollte aber auf dem Gipfel in Moskau niemand sprechen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...

DWN
Politik
Politik USA frieren Waffenlieferungen an die Ukraine ein – Prioritäten verschieben sich
02.07.2025

Die USA stoppen zentrale Waffenlieferungen an die Ukraine. Hinter der Entscheidung steckt ein geopolitischer Kurswechsel, der Europa...