Nur 16 Prozent aller österreichischen Mittelständler wollen in den nächsten sechs Monaten neue Mitarbeiter einstellen. 12 Prozent der Unternehmen planen einen Stellenabbau. Drei Viertel aller Firmen leiden unter Fachkräftemangel. Das sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young (EY). Damit entstehen so wenige neue Jobs in Österreich wie zuletzt im Jahr 2009.
Im Westen Österreich sind die Chancen auf einen Arbeitsplatz deutlich höher als im Osten des Landes. In Vorarlberg wollen 27 Prozent der Mittelständler Jobs schaffen. Im Burgenland hingegen wollen 20 Prozent der Unternehmen Stellen streichen.
Grund sind fehlende Aufträge und rückläufige Umsätze, vor allem im heimischen Gewerbe und im Handwerk. „Es sind dringend Impulse und entsprechende Anreize für eine Stimulierung der Betriebe nötig“, sagte Konrad Steindl, Obmann der Bundessparte Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).
Unternehmen suchen Fachkräfte im Ausland
Acht von zehn Unternehmen der Bau- und Energiebranche gaben an, über nicht genügend Fachpersonal zu verfügen. Im Durchschnitt herrscht bei 75 Prozent aller Mitarbeiter ein Fachkräftemangel. Knapp die Hälfte aller Unternehmen gab an, nach Personal im Vertrieb und Kundendienst zu suchen. Ein besonders hoher Bedarf an Personal besteht auch im Bereich der Produktion (37%) sowie in leitenden Positionen (24%).
Obwohl die Unternehmen das Problem des Fachkräftemangels bereits erkannt haben, sind sie nicht dazu bereit, mehr „Finanzmittel für die Rekrutierung und Entwicklung von Mitarbeitern einzusetzen. Ein Zehntel berichtet gar von Budgetkürzungen in diesem Bereich“, sagte Erich Lehner, verantwortlicher Partner für die Agenda Mittelstand bei EY in einem Bericht des österreichischen Karrieremagazins Presse.
Dennoch bevorzugen Mittelständler Weiterbildungsangebote, bevor sie in Erwägung ziehen, neue Mitarbeiter einzustellen. Jeder fünfte Betrieb sucht gezielt im Ausland nach qualifiziertem Personal: „Insbesondere in den krisengebeutelten Ländern Südeuropas gibt es zahlreiche Fachkräfte, für die ein Job in Österreich in Frage kommt – hier können die Unternehmen noch deutlich aktiver werden“, so Lehner.
Verarbeitende Industrie auf Sparkurs
Auch in der Verarbeitenden Industrie werden Stellen abgebaut. Der Metallpressen-Hersteller Schuler, eine Tochter der österreichischen Maschinenbauer Andritz AG, muss Kosten sparen und dazu in Deutschland 350 Stellen abbauen. Andritz hatte Schuler für 600 Millionen Euro übernommen. Für das laufende Jahr erwartet Andritz einen deutlichen Gewinneinbruch, berichtet das Handelsblatt.
Die Rüstungsindustrie hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Das Panzerwerk Steyr in Wien steht vor dem Aus. Im kommenden Jahr will Steyr mindestens 250 der 400 Mitarbeiter entlassen. Im April läuft für das Werk in Wien-Simmering ein großer Serienauftrag aus Kuwait für den Radpanzer "Pandur" aus. Für die Zeit danach fehlen Steyr, einer Tochter des US-Waffenkonzerns General Dynamics (GD), die Aufträge. Außerdem wurde die Miete für das Firmengelände nach Angaben der Nachrichtenagentur APA deutlich erhöht. Der Stellenabbau soll in Etappen erfolgen.
Der Papierhersteller Sappi Gratkorn will in den nächsten zweieinhalb Jahren rund 100 Stellen abbauen, heißt es mehreren Medienberichten zufolge. Auch hier müssen Kosten gespart werden, um den Anschluss an die Konkurrenz halten zu können. In Gratkorn sind derzeit über 1.165 Mitarbeiter beschäftigt. Das Werk produziert jährlich über 1.000 Tonnen Zellstoff und Papier und gehört mit einem Umsatz von 675,5 Millionen Euro den größten Produktionsstandorten der Welt.
Der Mittelstand verharrt in Erwartung darauf, dass die Konjunktur wieder anzieht. Die Großindustrie, exportorientierter als kleine und mittlere Unternehmen, droht teilweise ins Ausland abzuwandern. Die von der EU auferlegten hohen Energiekosten und Klimaschutzabgaben führten langfristig zur „Deindustrialisierung Europas“, sagte Voestalpine-Chef Wolfgang Eder der Wiener Zeitung.