Die Führung der schwer angeschlagenen italienischen Bank Monte dei Paschi die Siena steht nach einer beispiellosen Revolte ihres Großaktionärs - den Sozialisten von Siena - gegen eine schnelle Kapitalerhöhung vor einem Scherbenhaufen. Eine Aufstockung des Kapitals der ältesten Bank der Welt um drei Milliarden Euro schon im Januar wurde am Samstag auf einer Aktionärsversammlung abgelehnt. Der Sanierungsplan für Monte Paschi steht damit infrage, eine Verstaatlichung ist nicht ausgeschlossen. Verwaltungsratschef Alessandro Profumo (früher UniCredit und Hypo-Vereinsbank) und Vorstandschef Fabrizio Viola wollen nun in den kommenden Tagen entscheiden, ob sie ihren Hut nehmen.
Die 1472 gegründete Traditionsbank ist wegen riskanter Derivategeschäfte und der Schuldenkrise in Schieflage. Die Krise war durch eine höchst obskure Transaktion eingeleitet worden. Die italienische Banken-Aufsicht hatte keine Warnungen gegen den Deal ausgesprochen. Chef der Aufsicht war damals Mario Draghi als Chef der italienischen Zentralbank. Mehrere Investment-Banken verdienten an den fragwürdigen Geschäften mit, unter anderem Goldman Sachs und bei den Derivaten die Deutsche Bank. Erst kürzlich hatten sich MPS und die Deutsche Bank geeinigt, einen Streit über diese Geschäfte unauffällig beizulegen (hier). Der Kommunikationschef der Bank beging Selbstmord (hier). Auch die Vatikan-Bank soll in Geschäfte mit der MPS verwickelt gewesen sein (hier).
Die Bank diente der Stiftung Monte Paschi als ständige Finanzierungsquelle. Die Stiftung ist im Besitz der Sozialisten von Siena, die die Gewinne der Bank nutzten, um die Wähler mit vielfachen Segnungen zu beglücken (mehr zu diesem Krimi - hier).
Sie hat in den vergangenen zwei Jahren fast acht Milliarden Euro Verlust geschrieben, auch 2013 werden rote Zahlen erwartet. Die Regierung stützt das Institut mit 4,1 Milliarden Euro, die der Bank vom Ex-Premier und vormaligen Goldman-Manager Mario Monti in einer umstrittenen Rettungs-Aktion zugeteilt worden waren (mehr hier). Für eine Genehmigung dieser Staatshilfe verlangt die EU-Kommission eine Kapitalerhöhung. Andernfalls droht eine Verstaatlichung.
Bankenchef Viola sagte am Samstag nach dem Scheitern seines Plans, er werde zwar alles tun, um "ein Sinken des Schiffs zu verhindern". Allerdings könne er nicht für Fehler anderer verantwortlich gemacht werden. Profumo erklärte, die Bank müsse ihr Kapital um drei Milliarden Euro anheben, um vier Milliarden Steuergelder zurückzuzahlen. "Nach dem Ergebnis von heute ist das unsicher und mit Risiken behaftet." Beide Manager hatten eine umgehende Kapitalerhöhung gefordert und auch schon Banken für eine Beteiligung gefunden - aber nur bis Ende Januar.
Das Vorhaben scheiterte an der Monte Paschi Stiftung der Sozialisten von Siena, dem Stammsitz der Bank. Auch die Stiftung steckt in Schwierigkeiten. Sie hatte schon im Vorfeld eine Verschiebung des Kapitalschritts auf Mai gefordert, um mehr Zeit für den Verkauf ihres 33,5-prozentigen Anteils zu gewinnen. Mit dem Erlös will sie eigene Schulden tilgen. "Wir haben die Pflicht, das Überleben der Stiftung zu sichern", sagte deren Vorsitzende Antonella Mansi am Samstag. "Man kann uns doch nicht auffordern, sie pleite gehen zu lassen."
Nach der Entscheidung vom Samstag kann das Kapital nun frühestens Mitte 2014 erhöht werden. Das Management von Monte Paschi hatte im Vorfeld erklärt, eine solche Verschiebung wurde der Bank mindestens 120 Millionen Euro vermeidbarer Zinskosten aufbürden.
Profumo sagte, über seinen etwaigen Rücktritt wolle er in aller Ruhe entscheiden. Die nächste Sitzung des Verwaltungsrats wurde für Mitte Januar angesetzt. Nach Berichten italienischer Zeitungen könnten das frühere EZB-Ratsmitglied Lorenzo Bini Smaghi oder Allianz-Vorstandsmitglied Carlo Salvatori an seine Stelle treten.
Der Fondsmanager Roberto Loticci von Ifigest sagte, die Verschiebung und ein möglicher Rückzug Profumos könnten die Rettung der Bank untergraben. "Es ist wichtig, die Kapitalerhöhung so schnell wie möglich durchzuziehen." Ansonsten könne es sein, dass Monte Paschi die Aktien später zu einem niedrigerem Preis anbieten müsse als derzeit möglich.
Monte Paschi ist der größte Arbeitgeber in Siena, die Stadt ist zugleich größter Anteilseigner in der Stiftung. Sienas Bürgermeister Bruno Valentini hatte am Freitag gesagt, eine Verschiebung der Kapitalerhöhung könne helfen, die Bank in italienischer Hand zu belassen. "Wir können die drittgrößte Bank des Landes doch nicht zur Beute ausländischer Interessen werden lassen." Mehrere kleinere Aktionäre schlossen sich dieser Sichtweise auf dem Aktionärstreffen am Samstag an.
Nun muss der sozialistische Premier Enrico Letta über eine weitere Milliarden-Spritze durch die Steuerzahler entscheiden.
Es ist nicht bekannt, ob das überraschend radikale Vorgehen der Partei-Genossen aus Siena mit dem Premier in Rom abgesprochen gewesen ist.