Politik

Niederlande unterstützen London bei EU-Kritik

Der niederländische Premier teilt Camerons Wunsch, den Staaten wieder mehr Souveränität zurückzugeben. Das erhöht den Druck auf die EU. In den Niederlanden selbst will Cameron auch seine umstrittene EU-Rede halten – ausgerechnet an dem Tag, an dem Deutschland und Frankreich 50 Jahre Élysée-Vertrag feiern. Die Fronten verhärten sich.
12.01.2013 23:27
Lesezeit: 2 min

Bisher stand der britische Premier David Cameron mit seiner Forderung, den nationalen Parlamenten wieder mehr Macht und Geld zu geben und die Einflussnahme der Institutionen der EU zu verringern, eher allein. Doch nun erhält er Rückendeckung aus den Niederlanden. Wie die Sun berichtet,  unterstützen der niederländische Premier Mark Rutte und seine Partei (VVD) die Rückgewinnung von mehr Souveränität.

Bereits Ende vergangenen Jahres hatte Rutte in einem Interview mit der FT davon gesprochen, eine Debatte darüber führen zu wollen, ob nicht wieder mehr Bereiche auf nationaler Ebene entschieden werden könnten. Zudem steht im Programm von Ruttes Partei, „die europäische Regierung sollte klein sein, wirtschaftlich und effizient“. Die Partei krisisiert die „Brüsseler Bürokratie“ aufgrund ihrer „Regulierungs-Besessenheit, der Geldverschwendung und ihrer Ineffizienz“, zitiert der Think Tank Open Europe aus dem Programm der VVD.

Mark Ruttes Unterstützung für Cameron ist nicht ohne Bedeutung. Großbritannien hat bereits ein EU-Referendum angekündigt, nachdem es auf EU-Ebene eine erste Absage bezüglich der Neuverhandlung der EU-Verträge erhalten hat. Die Warnung der USA, nicht aus der EU auszutreten, und auch die deutlichen Worte des CDU-Bundestagsabgeordneten Gunther Kriechbaum (hier) haben in den vergangenen Tagen den Standpunkt Camerons verstärkt. Mit den Niederlanden auf seiner Seite könnten sich noch mehr Nationalstaaten für eine Entmachtung Brüssels entscheiden, wenn so auch ein Austritt Großrbitanniens verhindert werden könnte.

Zudem wird David Cameron sehr wahrscheinlich seine mit Spannung erwartete EU-kritische Rede in den Niederlanden halten. Ausgerechnet am 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages, des wohl bedeutendsten Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich, den das Auswärtige Amt auch als „Motor der europäischen Einigung“ bezeichnet, will der britische Premier seine EU-kritische Rede halten. An dem Tag (22. Januar), an dem hunderte französische und deutsche Politiker sich in Berlin treffen und den Feierlichkeiten beiwohnen werden.

Die Downing Street favorisiere das Datum, berichtet die FT, da es genau zwischen die Amtseinführung Obamas (21. Januar) und das Weltwirtschaftsforum in Davos, das am 23. Januar beginnt, fällt. In der Vergangenheit hat es sich unter britischen Premierminister zu einer Tradition entwickelt, große Reden auf dem Kontinent zu halten. Winston Churchill sprach in Zürich (1946), Margaret Thatcher in Brügge (1988) und Tony Blair in Warschau (2000).

In Deutschland hält man sich bezüglich der Wahl des Termins für Camerons Rede noch relativ bedeckt. Das Büro der Bundeskanzlerin gab zu verstehen, dass man in direktem Kontakt mit der Downing Street stehe, so die FT. Ein deutscher Beamter nannte das Timing „ganz außergewöhnlich“.

Ulrike Guérot vom European Council on Foreign Relations bezeichnete die Terminwahl als „verrückt“. „Es ist eine trotzige Reaktion und ein Versuch, die Schlagzeilen zu stehlen“, fügte Guérot hinzu. Der ehemalige Labour-Europaminister Denis McShane sieht das noch kritischer: „Die Wahl des 50. Jahrestages des wichtigsten Vertrages zwischen Frankreich und Deutschland für eine große Anti-EU-Rede ist eine groteske Perversion.“

Weitere Themen

BER-Debakel: Jetzt droht EU-Kommission mit Verfahren

Barroso: EU ist nicht schuld an der Krise in Europa

Deutsche Jugend: Auf dem Weg zur verlorenen Generation

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...