Politik

Merkel besucht einen Arbeitslosen auf Ischia

Bundeskanzlerin Merkel stattete während ihres Italien-Urlaubs einem arbeitslosen Kellner einen Hausbesuch ab. Dieser arbeitete früher in einem Hotel, wo Merkel Stammgast ist. Der Besuch ist gut gemeint, hat aber einen unangenehmen Beigeschmack.
03.04.2013 12:39
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Merkel und ihr Ehemann, Prof. Sauer,  überraschten während ihres Urlaubs den Kellner Cristoforo Iacono mit einem Hausbesuch. Er war früher Kellner in jenem Hotel, in dem Merkel und ihr Ehemann Stammgäste sind. Dies sagte Iaconos Tochter der Tageszeitung La Stampa. Merkel hatte sich während des Essens erkundigt, wo denn der Kellner sei, der sie jedes Jahr bediente. Darauf sagte man ihr, er sei gefeuert worden.

Iacono und die italienische Presse freuten sich über die spontane Geste von Merkel: „Merkel kennt meinen Vater seit Jahren, lange bevor sie die mächtigste Führerin in Europa wurde.“ Iacono hat während der Krise seinen Job verloren - wie tausende Italiener auch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verbringt ihren Osterurlaub im italienischen Badeort Ischia. Dort wurde sie vom Präsidenten von Kampanien, Stefano Caldoro, mit höflicher Kritik per Video-Botschaft  empfangen (mehr hier). Präsident Caldoro forderte Merkel auf: „Schauen Sie sich bei uns um!“

Er warf ihr unter anderem ein zu hartes Vorgehen in der Eurokrise vor und hielt ihr die hohe Arbeitslosigkeit in Italien vor Augen. Vor allem im Süden der EU ist die Arbeitslosigkeit so hoch wie nie zuvor (mehr hier).

Die Geste spricht für Merkel - hat aber auch einen unangenehmen Beigeschmack: Sie zeigt, dass politische Führer einer Nation mit einen Mal eine gewisse Zuständigkeit für Menschen in anderen Nationen usurpieren. Der italienische Kellner kann Merkel weder wählen noch abwählen. Er hat nicht den geringsten Einfluss auf die Gesetze, die irgendwo beschlossen werden und am Ende sein Leben betreffen.

Im Grunde wird, abgesehen von der menschlichen Note, durch diese Geste klar, dass im modernen Wirtschaftssystem nicht mehr die selbstbewussten Bürger die Herren der Politik sind. Das System ist tatsächlich zu einem Feudal-System geworden, in dem sich der Bürger demütig über einen Beweis des Mitleids durch den fernen Herrscher freuen darf.

Das gönnerhafte Almosen kann indes nicht die Lösung des europäischen Demokratie-Defizits sein. Die deutsche Bundeskanzlerin muss eine Politik betreiben, die Schaden von den Bürgern in Deutschland abwendet. Die italienische Politik muss sich um die italienischen Bürger kümmern.

Das ist keine Frage des Nationalismus, sondern der praktischen Gerechtigkeit: Wenn gewählte Politiker entscheiden, wie es Leuten gehen soll, die außerhalb ihres Wahlgebiets leben, dann verliert die Demokratie das zentrale Element der Verantwortlichkeit der Politiker für ihr Handeln.

Den Bürgern wird durch diese Feudal-Politik - das Herzstück der Ideologie der politischen Union in Europa - die einzige Waffe aus der Hand geschlagen, die ihnen die Demokratie gegeben hat: Das Recht auf gnadenlose Rache an der Wahlurne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Trumps Wunschinsel Grönland vor Regierungswechsel
12.03.2025

In Grönland möchte kaum jemand, dass die Insel ein US-Territorium wird, auch die allermeisten Politiker nicht. Dafür wird die Wahlsieger...

DWN
Politik
Politik Abschiebungen in der EU: Kommission will Verfahren drastisch beschleunigen
12.03.2025

Die EU will Abschiebungen beschleunigen und setzt auf strengere Regeln für abgelehnte Asylbewerber. Sanktionen sollen Druck erzeugen, neue...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Biontech Rekordumsatz während Corona: Jetzt Rekordverluste und Stellenabbau beim Corona-Impfstoffhersteller
12.03.2025

Einst Milliardengewinne, nun Millionenverlust: Nach Rekordumsätzen mit dem Corona- mRNA-Impfstoff ist Biontech in die Verlustzone...

DWN
Politik
Politik Amerika: Hat Joe Biden jemals wirklich die USA regiert?
11.03.2025

Wurde die US-Regierung per Autopen (Unterschriftenautomat) gesteuert? Ein Bericht enthüllt, dass fast alle Biden-Dokumente maschinell...

DWN
Politik
Politik BSW klagt in Karlsruhe auf Neuauszählung der Wahl
11.03.2025

Knapp gescheitert, doch nicht bereit aufzugeben: Das Bündnis Sahra Wagenknecht zieht vor das Bundesverfassungsgericht. Die Partei zweifelt...

DWN
Politik
Politik Bargeldreform: Verschwinden bald die Ein- und Zwei-Cent-Münzen?
11.03.2025

Kaum jemand zahlt noch mit Ein- und Zwei-Cent-Münzen – stattdessen verstopfen sie Geldbeutel oder verschwinden in Sparschweinen. Die...

DWN
Technologie
Technologie Der Verbrenner-Golf bleibt mindestens bis 2035: Volkswagen Vertriebschef Martin Sander im Interview
11.03.2025

Volkswagen steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits soll die ID-Familie den Markt für Elektroautos erobern, andererseits...

DWN
Politik
Politik Grönland wählt heute Parlament
11.03.2025

Die Menschen auf Grönland wählen ein neues Parlament – doch der Wahlkampf wird von außen beeinflusst. Trump mischt sich ein, die...