Deutschland

Leutheusser-Schnarrenberger: Politiker in Europa sind keine Terroristen

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger weist die USA in die Schranken: Die Politiker in Europa dürften nicht pauschal unter Terror-Verdacht gestellt werden. Nun richtet sich das System gegen jene Politiker in Europa, die in den vergangenen ohne Hemmungen die Bürgerrechte abgebaut und den Amerikanern jeden Blödsinn nachgeplappert hatten. Die Falle ist zugeschnappt.
30.06.2013 19:35
Lesezeit: 2 min

Die europäischen Politiker sind außer sich. Sollte es stimmen, was der Spiegel berichtet hat, dass nämlich die USA systematisch die Politiker in Europa überwacht haben, dann sei dass eine ganz furchtbare Situation, eine "Riesensauerei", so Martin Schulz (warum die Politiker so panisch reagieren - hier erklärt).

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte am Sonntag in Berlin:

"Wenn die Medienberichte zutreffen, erinnert das an das Vorgehen unter Feinden während des Kalten Krieges. Es sprengt jede Vorstellung, dass unsere Freunde in den USA die Europäer als Feinde ansehen."

Leutheusser-Schnarrenberger sagte vor allem einen bemerkenswerten Satz:

"Sollten die EU-Vertretungen in Brüssel und Washington vom amerikanischen Geheimdienst tatsächlich abgehört werden, kann dies wohl kaum mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung erklärt werden."

Die Justizministerin kann damit all jenen die Hand reichen, die in den USA vom Staat offiziell als Terroristen eingestuft werden - mit allen dazu gehörenden Einschränkungen (eine Million US-Bürger werden mittlerweile infamer Weise als Terror-Verdächtige geführt - hier).

Vor allem aber sollten all jene europäischen Politiker, die jetzt tobend durch die Lande ziehen, eine Sekunde innehalten und nachdenken: Haben sie nicht - praktisch ausnahmslos - das Spiel mitgespielt: Dass nämlich ein System errichtet wurde, in dem der Staat, in dem die Eliten bestimmen, wer ein Terrorist ist, und wer nicht?

Sind nicht unter Merkel, Gabriel, Trittin, Rösler, Westerwelle und Gysi auch in Deutschland in den vergangenen Jahren Stück für Stück immer mehr Bürgerrechte abgebaut und polizeistaatliche Befugnisse aufgebaut worden - mit genau dem Hinweis auf die notwendige Terror-Bekämpfung?

Haben nicht all jene Politiker von Barroso abwärts, die jetzt auf Datenschutz und Offenlegung pochen, permanent daran mitgewirkt, dass der Datenschutz zur Lachnummer und die Transparenz zum Synonym für terroristische Neugier geworden sind?

Haben nicht gerade jene Politiker, die nun vor moralischer Empörung geradezu bersten, in den vergangenen Jahren nichts anderes getan, als sich zum Büttel jener Eliten gemacht haben, die unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung den neuen Feudalstaat sicherheitsdienstlich absichern wollten?

Dieses repressive System ist ein Terror-System, wie die EU-Politiker jetzt merken.

Reichlich spät, und erstaunlicherweise erst, da sich das von ihnen geförderte und durch Gesetzesbrüche ermöglichte System gegen sie selbst richtet!

Bei jeder Einschränkung der Bürgerrechte haben die EU-Politiker mitgemacht, inklusive der deutschen Spitzenpolitiker.

Zuletzt hat die Bankenaufsicht in Basel verordnet, dass jeder Bankkunde durchleuchtet werden muss, um sicherzustellen, dass man die Terroristen findet (mehr dazu hier).

Frau Leutheusser-Schnarrenberger hatte zu diesem Vorgang bisher nichts zu sagen.

Die Politiker jammern, wollen, wie der Grüne EU-Mann Albrecht, einen Untersuchungsausschuss einrichten.

Dort wollen die Herrschaften den Geheimdiensten erklären, dass sie - von Barroso bis Merkel, von Schulz bis Leutheusser-Schnarrenberger - keine Terroristen sind.

Die Geheimdienste werden ins Leere blicken.

Und sie werden den hilflosen Politiker eiskalt genau jenes Argument vortragen, das die Europäer seit Jahren den Amerikanern nachkäuen: Man könne leider keine Auskunft über irgendetwas geben, weil der Kampf gegen den Terror zu strengster Geheimhaltung verpflichte.

Aber man wird die Politiker beruhigen: Dank der Überwachung von Barroso, Van Rompuy, Merkel und Schäuble konnten in den vergangenen Jahren 12 Terror-Angriffe verhindert werden. Dies sei in enger Zusammenarbeit mit dem BND geschehen, der darüber jedoch nicht einmal dem Deutschen Bundestag Auskunft geben könne (hier).

Big Brother frisst seine Kinder.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Fünf Prozent für Verteidigung: Welche Kosten kämen auf Deutschland zu?
16.05.2025

Die Debatte um höhere Verteidigungsausgaben nimmt Fahrt auf: Fünf Prozent des BIP stehen im Raum. Doch was würde das konkret für...

DWN
Politik
Politik Russland-Ukraine-Friedensverhandlungen: Was kann in Istanbul erreicht werden?
16.05.2025

Russland und Ukraine starten in Istanbul neue Friedensverhandlungen – doch wie realistisch sind Fortschritte? Welche Rolle spielen...

DWN
Politik
Politik Die Macht der Herausforderung: Putin hat gekniffen
16.05.2025

Man möchte den wenigstens etwas ernstzunehmenden Menschen sehen, der geglaubt hat, Wladimir Putin würde die Herausforderung des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DAX-Konzerne verzeichnen deutlichen Rückgang bei Gewinnen
16.05.2025

Geringere Gewinne, schrumpfende Belegschaften und globale Unsicherheiten: Deutschlands DAX-Konzerne stehen unter Druck. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Thalia-Übernahme: Buchhändler kauft Spielwarenhändler Krömer und Toysino - Expansion in den Spielwarenmarkt
16.05.2025

Der Buchhändler Thalia greift im Spielwarenmarkt an und übernimmt zwei bekannte Marken mit Dutzenden Filialen. Was steckt hinter dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mittelstand erwartet weiter steigende Kosten - kommen die nächsten Preiserhöhungen?
16.05.2025

Wie eine aktuelle KfW-Erhebung zeigt: Auch 2025 rechnen kleine und mittlere Unternehmen in Summe mit Preissteigerungen in allen wichtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mærsk-Chef warnt: China übernimmt – Europa schaut zu
16.05.2025

Trotz politischer Abkopplungsversuche wächst Europas Abhängigkeit von China weiter. Mærsk-Chef Vincent Clerc warnt: Peking erobert...

DWN
Politik
Politik Rüstungsskandal bei der Nato: Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche – Behörden ermitteln gegen Nato-Mitarbeiter
15.05.2025

Über die Nato-Beschaffungsagentur NSPA werden Waffensysteme und Munition im Milliardenwert eingekauft. Nun gibt es den Verdacht, auf...