Am Donnerstag hat die EU-Kommission ihren Richtlinienentwurf zur geplanten Finanztransaktionssteuer vorgelegt. Trotzdem sich nur elf der 27 EU-Mitgliedsstaaten bisher bereit erklärt hatten, diese Steuer einzuführen, versucht die Kommission mit ihrem Vorschlag, weltweit alle Geschäfte zu besteuern, die Finanzprodukte beinhalten, die in den beteiligten Ländern ausgegeben werden. Während der EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta den Entwurf als „fair, sachlich ausgereift und juristisch fundiert“ in Brüssel bezeichnete, ist die Deutsche Kreditwirtschaft ganz anderer Meinung.
Der derzeitige Entwurf würde sowohl dem Binnenmarkt als auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland erheblich schaden, so die Deutsche Kreditwirtschaft in einer Pressemitteilung. Nach dem jetzigen Vorschlag könne nicht verhindert werden, dass Finanzinstitute Staaten abwandern, die der Steuer nicht unterliegen. Der Blick nach Frankreich zeigt die negativen Auswirkungen einer solchen Steuer bereits nach kurzer Zeit. Nach Einführung einer Finanztransaktionssteuer auf den Handel französischer Aktien, ist der Aktienhandel mittlerweile um 18 Prozent zurückgegangen, so die Deutsche Kreditwirtschaft.
Zudem drohen bei dem jetzigen Entwurf Verzerrungen des Wettbewerbs und eine Destabilisierung der europäischen Finanzmärkte. Darüber hinaus sei erkennbar, dass dadurch nicht die „Zielsetzung erreicht werden kann, unerwünschte Spekulationen zu verhindern“, heißt es in dem Statement der Deutschen Kreditwirtschaft. „Aus diesen Gründen ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit ebenso abzulehnen wie nationale Alleingänge.“ Selbst der von der Politik angestrebte Plan, weder die Realwirtschaft noch Kleinsparer zu belasten, sei bei diesem Entwurf nicht gegeben.
Insgesamt rechnen die teilnehmenden Mitgliedsstaaten damit, zu denen unter anderem Deutschland, Spanien, Österreich und Belgien gehören, durch die Finanztransaktionssteuer jährliche Einnahmen in Höhe von etwa 30 bis 35 Milliarden Euro zu erzielen, so der EU-Steuerkommissar am Donnerstag. Der Entwurf sieht vor, Abschläge von 0,1 Prozent auf Aktien- und Anleihengeschäfte und von 0,01 Prozent auf Derivategeschäft zu erheben. Die EZB, die Rettungsschirme EFSF und ESM sowie die Börsengänge, Geschäfte von Kleinanlegern und der Schuldendienst der beteiligten Staaten sollen davon ausgenommen werden. Die Experten erwarten Semeta zufolge, dass der Derivatehandel um 75 Prozent einbrechen dürfte.
Um eine Abwanderung in Drittstaaten zu verhindern, sieht der Entwurf Folgendes vor: Alle Geschäfte, an denen auch nur ein Partner aus einem der teilnehmenden Ländern kommt (Ansässigkeit), sollen besteuert werden. Ähnliches soll auch auf dem Sekundärmarkt angewandt werden. Kauft ein amerikanischer Investor von einem britischen Institut eine spanische Staatsanleihe, wären beide gezwungen, eine derartige Steuer an Spanien zu zahlen.