Der Bruch der Ende April geschmiedeten großen Koalition zwischen dem Mitte-Links (Letta) und Mitte-Rechts-Lager von Silvio Berlusconi sowie der Monti-Partei scheint schon wenige Tage nach ihrem Amtsantritt unvermeidlich.
Konkret geht es um die Abschaffung der Immobiliensteuer (IMU), die Berlusconi im Wahlkampf versprochen hatte.
Premier Enrico Letta hat sich bisher dem Dilemma entzogen, indem er einen Kompromiss ins Feld führte, wonach die Einziehung der Steuer im Juni ausgesetzt werde. In der Zwischenzeit wolle sich seine Regierung um eine Konfliktlösung bemühen.
Bisher war bei der Streichung der Steuer von einem Minus in Höhe von 8 Milliarden Euro für den italienischen Staatshaushalt die Rede. Nun berichtet der „Corriere della Sera“, der Verlust für das immens verschuldete Italien betrage 12 Milliarden Euro. Doch Berlusconi besteht darauf, dass die von Mario Monti eingeführte Steuer bedingungslos ad acta gelegt wird. Am Sonntag drohte er, anderenfalls die Koalition platzen zu lassen.
Derzeit überbieten sich die EU-Kommission und die Regierung Letta in widersprüchlicher Rhetorik. Die Kommission will Italien zum „Einhalten des europäischen Sparkurses“ verpflichten, räumt jedoch andererseits Ländern wie Frankreich, Portugal, Griechenland, Irland, als auch den Niederlanden und Slowenien mehr Zeit für den Abbau des Staatsdefizits ein. Nun möchte auch Italien auf den fahrenden Zug springen und fordert neue Verhandlungen mit der EU-Kommission über einen Zweijahres-Aufschub.
Letta hatte sich nach der Pflichtübung beim Treffen mit Angela Merkel zu den „europäischen Sparzielen“ bekannt, jedoch gleichzeitig verkündet, „Sparprogramme allein sind tödlich“ (hier).
Italiens Schuldenstand wird in diesem Jahr voraussichtlich 130 Prozent des BSP und in 2014 die Marke von 140 Prozent erreichen. Interessant hierbei ist, dass der IWF noch kürzlich einräumte, ab einer Staatsverschuldung von 140 Prozent sei eine Rückführung der Schulden unmöglich, vielmehr bleibe dies dann eine reine Illusion.
Enrico Letta dürfte es schwerfallen, sich der Forderung Berlusconis zu beugen. Tatsächlich müsste Letta in diesem Fall ein dramatisches Sparpaket an anderer Stelle einführen. Ein solches Vorhaben ist ausgeschlossen und würde von Berlusconi ebenfalls torpediert werden.
Für Berlusconi geht es aber in dem Konflikt um etwas anderes: Er will zurück an die Macht. Denn der Zankapfel um die 12 Milliarden Euro, um die sich Mitte-Rechts und Mitte-Links-Lager in Italien nicht einigen können, ist nur ein Vorwand, um Neuwahlen zu provozieren.
Die Umfragewerte sehen derzeit das Mitte-Rechts-Lager mit 34,7 Prozent vorn. Das Mitte-Links-Lager kommt auf 29 Prozent, Grillos 5-Sterne-Bewegung auf 24,1 und Monti auf 8,9 Prozent.
Berlusconi hat also alle Trümpfe in der Hand.
Dass er ein erstklassiger Spieler ist, hat er mehrfach unter Beweis gestellt.