Politik

Europäische Energie-Politik: Chaos durch Manipulation

Die EU will auf Drängen der Atomstrom-Konzerne die Kernenergie fördern lassen. Die Deutschen sind empört - müssen sich jedoch vorwerfen lassen, dass sie die Erneuerbaren Energien begünstigt haben. Der Streit zeigt, dass staatlicher Interventionismus faire Märkte zerstört.
20.07.2013 00:47
Lesezeit: 2 min

Die EU-Kommission will den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken erleichtern. Das sieht ein Entwurf für eine Neuregelung der staatlichen Beihilfebestimmungen vor, der am Freitag für Aufregung in Deutschland sorgte. Denn für Deutschland ist der Interventionismus aus Brüssel besonders unangenehm, weil die EU Deutschland just in dieser Woche wegen der Subventionen für Erneuerbare Energien mit einem Beihilfe-Verfahren bedroht hat (hier).

Demnach sollen Atomkraftwerks-Betreiber leichter an staatliche Fördermittel kommen, ähnlich wie heute in Deutschland die Produzenten von Ökostrom. Beihilfen für erneuerbare Energien könnten dagegen beschränkt werden.

Deutschland hätte den Plänen widersprochen, aber in dieser Frage kein Veto-Recht. Angela Merkel musste bei ihrer Pressekonferenz kleinlaut einräumen, dass Deutschland zwar gegen den Vorschlag gestimmt hätte - dass dies aber nichts bewirkt habe. Kritik kam von mehreren Parteien. Der CDU-Europaparlamentarier Florenz sagte, die Atomenergie sei bei weitem nicht so preiswert wie immer behauptet werde. Zudem produziere sie Müll, von dem kein Mensch wisse, wohin damit.

Der SPD-Abgeordnete Lange sagte, die Kommission sei offenbar im gestrigen Denken verfangen und wolle zurück ins Atomzeitalter. Fast gleichlautend äußerte sich die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Harms. Florenz betonte, der Umgang der EU-Kommission mit dem Thema sei eine Missachtung des Parlaments, auch wenn dieses in der Sache nicht mitentscheiden könne.

Die EU-Kommission dementierte in einer Stellungnahme die Berichte umgehend. „Die EU-Kommission möchte in keiner Form zu Subventionen für Kernkraft ermuntern“, sagte ein Sprecher von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Freitag.

Weiters hieß es in der Stellungnahme:

„Es obliegt nach wie vor den Einzelstaaten, ihren eigenen Energie-Mix zu wählen. Einige Mitgliedsländer wollen jedoch die Nuklearenergie fördern. Die Kommission ist für die Überwachung und Zulassung der Förderungen zuständig. (…) Es sollte betont werden, dass staatliche Förderungen für die Atomenergie auf keinem Weg verboten sind. Die Frage nach spezifischen Regeln für die staatliche Förderung und ihrer Ausgestaltung, bleibt nach wie vor völlig offen.“

In Deutschland wurde im Jahr 2011 der endgültige Atomausstieg bis Ende 2022 beschlossen. Andere europäische Länder setzen hingegen weiter auf Nuklearenergie und planen zum Teil auch den Bau neuer Kraftwerke. Die Regierungen in Staaten wie Großbritannien, Frankreich, Litauen und Tschechien könnten sich dementsprechend auch für europäische Regelungen einsetzen.

Tatsächlich zeigt der Streit, dass es nicht funktionieren kann, wenn der Staat oder der Super-Staat mit dauerhaften Zuschüssen in die Wirtschaft eingreift.

Es gibt keinen Grund, den Strom-Markt nicht auch als solchen zu begreifen: Angebot und Nachfrage sollten einen Preis definieren. Doch wie in allen anderen Märkten ist auch im Strommarkt das Gleichgewicht gestört. In Deutschland wird ohne Vorwarnung die Solar-Energie auf Gedeih und Verderb gefördert, in Frankreich ist es die Kernenergie.

Die neuen EU-Regeln werden jedoch nicht zu einer Entkrampfung führen, im Gegenteil: Der Wettbewerb wird weiter verzerrt - und am Ende werden wie bei allen Interventionen und Manipulationen die Kunden und Steuerzahler für das europäische Wirrwarr bezahlen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
download.macromedia.com] name="menu" value="true" />iptv.cdn.tv1.de] />
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...