Politik

EU-Geheimdienst kann Steuerpflichtige und Euro-Gegner verfolgen

Lesezeit: 2 min
01.10.2013 18:55
Eines seiner wichtigsten politische Projekte von Wolfgang Schäuble steht: Ein Europäischer Geheimdienst, der für jährlich 230 Millionen Euro aus Steuermitteln die Bürger in Europa überwacht. Damit soll der Terrorismus bekämpft werden. Auch Demagogen und Euroskeptiker können herausgefiltert werden. Vor allem aber dürfte der Geheimdienst zum Einsatz kommen, wenn die Schuldenstaaten die Jagd auf Steuer-Pflichtige verschärfen.
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Die EU hat ein großes Projekt fast vollendet: Ein EU-weiter Geheimdienst, der alle Aktivitäten der Bürger überwachen soll. Einer der Väter dieser in Europa einmaligen Überwachung ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Natürlich geht es bei diesem Geheimdienst ausschließlich um Terroristen.

Das ist der offizielle Grund.

Tatsächlich kann die neue Firma alles erfassen: Von Andersdenkenden über den Euroskeptiker und Steuersünder bis hin zum Demagogen.

Die EU hat damit die Voraussetzungen geschaffen, eine lückenlose Kontrolle der Bürger sicherzustellen.

Das war wegen der bisherigen nationalen Geheimdienste nur schwer möglich.

Doch nun haben in Brüssel 1.300 Mitarbeiter Stellung bezogen. Für 230 Millionen Euro jährlich stellen sie sicher, dass alles nach Plan läuft.

Nach ihrem Plan.

Der Geheimdienst ist in sechs Einheiten untergliedert: Neben Europol und Frontex gehören dazu auch vier nachrichtendienstliche Einheiten, das Intelligence Analysis Center (INTCEN), das Satellite Center, das Intelligence Directorate und der Situation Room. Diese gehören dem Auswärtigen Dienst (EAD) an. Vor allem das Intelligence Analysis Center wird als Kern des Geheimdienstes angesehen.

Die Idee zu diesem Effizienz-Projekt stammt von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der auch als Innenminister einschlägige Erfahrungen vorweisen kann.

Während der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands, im Jahr 2007, setzte Wolfgang Schäuble die so genannte Future Group ein. Damals deutscher Innenminister schlug er damit den Weg in die „Kooperation von Polizeien, Militärs und Geheimdiensten auf EU-Ebene“ ein, schreibt Michael Monroy aus dem Büro den Linken Bundestagsabgeordneten Andrey Hunko auf netzpolitik.org.

Zu der Future Group gehörten der damalige Vizepräsident der EU-Kommission, Franco Frattini, und die ehemaligen Innenminister Portugals, Sloweniens, Frankreichs,  Schwedens und Tschechiens. Wolfgang Schäuble war ebenfalls dabei. Die  Gruppe sollte beispielsweise „Empfehlungen zur Gestaltung der europäischen Innenpolitik ab 2010 ausarbeiten“, heißt es in einer Pressemitteilung von damals.

In einem zweiten Treffen sollte die „Verschmelzung von innerer und äußerer Sicherheit“ Thema sein. Auch Diskussionen über allgemeine rechtliche Prinzipien (wie dem Datenschutz) im Bereich des Terrorismus und der Sicherheit sollte geführt werden. Wichtig sei auch eine „bessere Koordinierung von Militär, Strafverfolgungsbehörden und Katastrophenschutz“.

Das Ergebnis dieser Treffen der Future Group wurde auch in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Unter Punkt 46 heißt es da:

„Schließlich betont die Gruppe die Notwendigkeit zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für polizeiliche Zusammenarbeit, insbesondere durch die Stärkung von Europol, den Austausch von Wissen und der Integration der Sicherheitstechnologien und Informationen der Polizei.“

Der EU zufolge hat das Zentrum des EU-Geheimdienstes (INTCEN) heutzutage folgende Aufgaben.

„Das EU INTCEN erstellt nachrichtendienstliche Bewertungen unter Heranziehung aller Informationsquellen. Jährlich werden vom EU INTCEN ungefähr 200 strategische Lagebeurteilungen und 50 Sonderberichte und Briefings ausgearbeitet. Für welche Empfänger diese Dokumente bestimmt sind richtet sich nach dem Gegenstand oder dem Land, mit dem sich diese Bewertungen des EU INTCEN befassen. Ein Großteil ist für die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin bestimmt, weitere Empfänger sind die Führungsebene des EAD, die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten (PSK), dabei wird der Grundsatz ‚Kenntnis nur, wenn notwendig‘ und eine geeignete Sicherheitsüberprüfung angewandt.“

Der Geheimdienst soll nun jedoch noch weiter ausgebaut werden. „Das INTCEN könnte sich dadurch zum permanenten zivil-militärischen Lagezentrum mausern – so jedenfalls erklärt es die Bundesregierung in der Antwort auf eine entsprechende Anfrage“, so netzpolitk.org. Bisher hat der gesamte Apparat des Brüsseler Geheimdienstes in etwa die Größe eines Staates wie Österreich (hier).

Er soll sicherstellen, dass die Integration der EU reibungslos abläuft.

Und er dürfte in den kommenden Jahren eine zentrale Rolle bei der Ausforschung von Steuersündern haben. So haben die G 20-Staaten kürzlich beschlossen, dass die Staaten weltweit ihre Steuerdaten austauschen (hier).

Doch kann es vorkommen, dass sich nicht alle Daten in den Akten der Finanzämter befinden.

Für die hoch überschuldeten EU-Staaten ist ein Geheimdienst, der bei der Eintreibung von Steuern tätig werden kann, ein sinnvolles Investment.

Bezahl wird es ohnehin von jenen, die am Ende überwacht werden.

Das System zeigt sein wahres Gesicht.


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