Politik

EU will mit Drohnenbau die Rüstungsindustrie stärken

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel soll die europäische Rüstungsindustrie gestärkt werden. Die Staats- und Regierungschefs werden die Entwicklung einer europäischen Aufklärungsdrohne befürworten. Die Europäische Union steigt damit in die Erforschung der Drohnentechnologie ein. Konkreter wird es frühestens in einem Jahr: Dann muss jedes einzelne Land entscheiden, ob es Geld beisteuert.
19.12.2013 16:13
Lesezeit: 2 min

Die Staats- und Regierungschefs werden sich wohl hinter eine Initiative zur Entwicklung einer europäischen Aufklärungsdrohne stellen. Dies geht aus einem Entwurf der Abschlusserklärung hervor, der Reuters vorliegt. Die Europäische Union steigt damit in die Erforschung der Drohnentechnologie ein und will zunächst herausfinden, welchen Bedarf die Mitgliedsstaaten tatsächlich haben. Konkreter wird es frühestens in einem Jahr: Dann muss jedes einzelne Land entscheiden, ob es Geld beisteuert. Erst danach müssen die Konzerne sich um einen Entwicklungsauftrag bemühen.

Europa drohe, seine Rüstungsindustrie zu verlieren, wenn es sich nicht rasch zu solchen gemeinsamen Militärprogrammen durchringe, sagte die Chefin der EU-Verteidigungsagentur EDA, Claude-France Arnould, der Nachrichtenagentur Reuters. „Es wäre eine Tragödie, wenn wir geheilt aus der Finanzkrise hervorkämen, in der Zwischenzeit aber all unsere industriellen Kapazitäten und technologischen Fähigkeiten in der Rüstungsbranche verloren hätten“, so Arnould. Erst vor einigen Tagen hatte EADS bekanntgegeben, dass der Konzern angesichts schrumpfender Wehretats seiner staatlichen Kunden 5.800 Stellen vor allem in der Rüstungs- und Raumfahrtsparte streichen will.

Auch der Chef der deutsche Panzerschmiede KMW, Frank Haun, appellierte an den EU-Gipfel, er müsse den Dschungel in der europäischen Rüstungsindustrie lichten: „Wir erlauben uns noch immer einen völlig irrationalen Luxus“. Die Verteidigungsbudgets aller EU-Mitglieder ergäben addiert rund 190 Milliarden Euro. „Mit diesem Betrag, der lediglich ein Drittel des US-Verteidigungshaushalts darstellt, leisten sich die Europäer eine Vielfalt an Waffensystemen, die das Sechsfache der USA beträgt“, kritisierte Haun. „Das ist Kapitalvernichtung.“

Es ist allerdings bei weitem nicht der erste Anlauf zu einer europäischen Drohne. Mehrere europäische Länder haben in der Vergangenheit einzeln oder gemeinsam an einer ganzen Reihe von Drohnen-Programmen gearbeitet. Doch die meisten dieser Projekte waren wegen widerstreitender nationaler Interessen, Rivalitäten zwischen den Unternehmen, technischer Probleme und mangelnder staatlicher Unterstützung zum Scheitern verurteilt. Zudem häuften frühere gemeinsame Projekte wie etwa der Militärtransporter A400M von EADS dermaßen hohe Mehrkosten und Verspätungen an, dass der Enthusiasmus für die europäische Zusammenarbeit trotz klammer Kassen geschrumpft ist.

Die EADS-Rüstungssparte Cassidian steckte 500 Millionen Euro in die Entwicklung einer Drohne für mittlere Höhen namens Talarion. Vergangenes Jahr stoppte der Konzern das Projekt allerdings, weil kein Auftrag und damit auch keine Gelder von Frankreich, Deutschland und Spanien absehbar waren. Ein von Frankreich geführtes Drohnen-Projekt namens EuroMALE endete mit einer Bauchlandung, weil die Zusammenarbeit zwischen Dassault und EADS nicht lief.

Zuletzt scheiterte die Bundesregierung mit ihren Plänen zur Entwicklung des Euro Hawk. Am Ende explodierten die Zulassungskosten - wohl auch deswegen, weil die Amerikaner ihre Drohne nach ganz anderen Standards bauten und testeten als dies in Europa möglich ist (mehr hier).

Die EU träumt von einer Drohne, die bis zu 24 Stunden lang in mittleren Höhen bis 9.000 Metern fliegen kann - im Militärjargon eine MALE-Drohne (Medium Altitude, Long Endurance). Sie soll vielfältig nutzbar sein, zu zivilen Zwecken wie der Grenzsicherung und der Aufklärung von Naturkatastrophen ebenso wie zum Einsatz beim Militär.

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