Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wird ein provisorischer so genannter Super-Ausschuss eingerichtet. Er soll alle anderen Fachausschüsse des Bundestags ersetzen, bis sich Union und SPD darüber geeinigt haben, wer in der künftigen Regierung welches Ministerium bekommt. Noch nie hat eine Regierungsbildung in der Bundesrepublik so lange gedauert.
Am Donnerstag nächster Woche soll der Super-Ausschuss eingesetzt werden. Etwa 40 Politiker aller Parteien des Parlaments sollen in das Gremium einziehen. Die Idee dazu kam von Union und SPD. „Der jetzt gefundene Weg erscheint mir ein vertretbarer und auch zumutbarer“, zitiert Die Welt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).
Seit Juni ist der Bundestag nur zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Bundestagwahl und zu Sondersitzungen zusammengekommen. Die übliche Parlamentsarbeit ist nicht möglich.
Acht Wochen nach der Bundestagwahl gibt es noch immer keine neue Regierung. Daher werden auch die Fachausschüsse nicht berufen. Einzige Ausnahme ist das parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste, das in seiner bisherigen Form bestehen bleibt.
In den mehr als 20 Ausschüssen des Bundestags prüfen Fachpolitiker Gesetzesvorlagen und geben dann dem Plenum üblicherweise eine Abstimmungsempfehlung. Da der künftige Ministerien-Zuschnitt aber noch nicht klar ist, haben Union und SPD die Berufung von Fachausschüssen bisher verhindert.
Der Super-Ausschuss soll zunächst bis zum Jahreswechsel arbeiten. Die Wiederwahl von Angela Merkel zur Bundeskanzlerin wird für den 17. Dezember erwartet. Der reguläre Parlamentsbetrieb in den Fachausschüssen wird voraussichtlich erst Anfang Januar starten.
Der Linken-Fraktionschef und künftige Oppositionsführer Gregor Gysi kritisierte das Vorgehen von Union und SPD. Die Wähler hätten „ein Recht darauf, dass ihre Volksvertretung arbeitet“, zitiert ihn die SZ.
Am Montag scheiterte die Linkspartei mit einem Antrag auf Einsetzung von neun Bundestagsausschüssen, berichtet Abgeordnetenwatch. Union und SPD stimmten dagegen.
Da es keine Ausschüsse gibt, steckt etwa der Antrag der Grünen über die Aufnahme von Edward Snowden in Deutschland fest. Rund 7.500 Petitionen von Bürgern warten auf Bearbeitung. Denn es gibt derzeit keinen Petitionsausschuss, der sich darum kümmern könnte.
Doch auch ohne funktionierende Ausschüsse kann der Bundestag Entscheidungen treffen. Über die Einführung von je einem zweiten Vizepräsidentenposten wurde ohne Verzögerung abgestimmt.
Einen Super-Ausschuss kennt weder das Grundgesetz noch die Geschäftsordnung des Bundestags. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, sagte, Union und SPD machten „das Parlament zum Abnick-Verein, statt ordentliche parlamentarische Beratung zu ermöglichen“. Statt des Super-Ausschuss müsse „mindestens die im Grundgesetz vorgesehenen Ausschüsse“ eingesetzt werden.
Union und SPD verfügen im Bundestag über 80 Prozent der Mandate.