Deutschland

Strippenzieher Goldman Sachs: 50 Treffen mit der Bundesregierung

Lesezeit: 2 min
21.02.2013 01:26
Das Finanzministerium hat die Zahl der Treffen von Top-Bankern mit der Bundesregierung in den vergangenen drei Jahren offengelegt. Goldman Sachs Partner Christoph Brand ist der bevorzugte Gast in Berlin. Wie viele SMS die Banker den Regierungsmitgliedern schreiben, ist unbekannt, deren Inhalt wird nicht bekannt gemacht - ein untrüglicher Mangel an Transparenz.
Strippenzieher Goldman Sachs: 50 Treffen mit der Bundesregierung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Kontakte zwischen der Bundesregierung und den großen der Finanzbranche sind grundsätzlich ja nichts schlechtes, aber es wird zum Problem, wenn die Bundesregierung durch diese Kontakte in den Verdacht gerät sie würde sich durch diese Hintergrundkontakte maßgeblich in ihren Entscheidungen dahingehend beeinflussen lassen, dass das Gemeinwohl zugunsten der spezifischen der international führenden Banken dadurch gefährdet.

In den USA gibt es ja nicht umsonst den Begriff Government Sachs[1] für die zu große Nähe zwischen den Vertretern der führenden Investment Bank Goldman Sachs zu Regierungsvertretern dort, die ja sogar in Spitzenpositionen der Regierung aufgestiegen sind. [2]Das Geburtstagsessen das Angela Merkel für Josef Ackermann im Bundeskanzleramt sponserte war ein weiterer Beleg, für die zu große Nähe von Kanzlerin und dem damaligen Spitzenvertreter der Deutschen Bank.[3] Dass dort nicht nur über persönliches gesprochen wird, sondern auch politische Entscheidungen maßgeblich mit beeinflusst werden, ist wahrscheinlich. Jetzt hat die Bundesregierung aufgrund einer kleinen Anfrage der Linkspartei im Bundestag sich gezwungen gesehen diese informellen Treffen zu dokumentieren und damit öffentlich zu machen.[4]

Der Kreis der Erlauchten, die sich dieses direkten Zugangs zur Kanzlerin oder auch zum Bundesfinanzminister erfreuen können, ist sehr klein. Nach der Meldung aus dem Bundesfinanzministerium hat es besonders intensive Kontakte zwischen dem Bundesfinanzministerium der Bundesregierung und Goldman Sachs vertreten durch Christoph Brand gegeben. Demzufolge hat etwa Christoph Brand, Partner bei Goldman Sachs und zuständig für den öffentlichen Sektor, seit Oktober 2009 annähernd 50 Termine mit Vertretern der Bundesregierung vereinbart. Der Spiegel listet auf: „Dabei entfielen allein auf den Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden, 25 Gespräche. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nahm sich für den Banker Zeit, allerdings lediglich viermal.“ Es sind also äußerst kleine Kreise, die Einblick über die dort ausgetauschten Informationen und Absprachen haben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht vergleichsweise nur selten gezielt mit wenigen Spitzenvertretern von internationalen Großbanken. Der Spiegel: „So nahm die Regierungschefin sich nur für vier Banker Zeit, um mit ihnen direkt zu sprechen. Konkret waren das der Ex-Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Clemens Börsig, der einstige Bundesbank-Präsidenten Axel Weber nach dessen Wechsel zur Schweizer Bank UBS und die Chefs der Deutschen Bank , Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Insbesondere Jain überraschte Beobachter bereits mit unerwartet intensiven Kontakten zur Berliner Politik. Darüber hinaus begleiteten Spitzenbanker die Kanzlerin auf Auslandsreisen nach China, Russland, Afrika, Italien und Portugal.“

Die Exklusivität wertet jedoch die Bedeutung solcher Treffen eindeutig auf. Darüber hinaus müssen es ja nicht immer Vieraugengespräche sein.  Heute spielen SMS insbesondere auch bei der Kanzlerin eine zentrale Rolle.[5] Bereits das Bundesarchiv hat die Erfassung ihrer SMS-Aktivitäten für die Nachwelt angemahnt.[6] Mithin sind die jetzt offengelegten Treffen keineswegs ein hinreichender Beleg, dass der Einfluss der Spitzenvertreter auf die Kanzlerin und den Finanzminister als bescheiden einzuschätzen ist. Transparenz und Accountability sehen jedenfalls anders aus.

Mappus und Dirk Notheis von Morgan Stanley        

Wie stark der Einfluss auf Entscheidungen von Regierungen durch Investment-Banken ist, hat der Skandal um den Erwerb von Anteilen der EnBW durch den damaligen Regierungschef in Baden-Württemberg belegt.[7] Auch hier wurde heftig zwischen Mappus und Morgan-Stanley-Banker Dirk Notheis hin- und her gesimst[8] und der Deal vorbei am Landesparlament und der Verwaltung unter Dach und Fach gebracht. Das hat mit Demokratie und demokratischer Kontrolle nichts mehr gemein.

Mario Draghi und die Bankenlobby

Auch in anderen Bereichen wie beispielsweise der EZB mit Mario Draghi[9] als ehemaligen Europa-Chef von Goldman Sachs sind Banken-Insider hervorragend positioniert. Ihm wurde jetzt auch seine Mitgliedschaft im Club der Group of 30[10] einem exklusiven Kreis von internationalen Spitzenbankern vorgeworfen.[11] Selbst der Heute-Nachrichtensendung war dies eine Meldung wert.[12] Nimmt man noch Bilderberg[13] und das World Economic Forum[14] hinzu, dann sitzen die Spitzenbanker nicht nur bei Merkel und Schäuble, sondern auch anderswo immer mit am Tisch, wenn es um zentrale Entscheidungsprozesse geht.

Was alles in diesen Netzwerken zwischen Politik und Spitzenbankern diskutiert und geregelt wird, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Daran ändert die aktuelle Mitteilung des Finanzministeriums nichts.

 



Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Politik
Politik Steinmeier unter Feuer: Kontroverse um Ukraine-Hilfen und Taurus-Lieferungen
30.04.2024

Bundespräsident Steinmeier steht wegen seiner Aussagen zur Ukraine-Hilfe in der Kritik. Politiker werfen ihm vor, seine Rolle nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen SAP Stellenabbau: Abfindungsangebote stehen, 2600 Jobs sollen wegfallen
30.04.2024

Im Rahmen der weltweiten Umstrukturierung von SAP sollen 2600 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Nun wurden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ukraine-Krieg: So ist die Lage
30.04.2024

Ukraine ruft nach dringender Militärhilfe, während tägliche Raketenangriffe weiterhin zivile Opfer fordern. Selenskyj und Stoltenberg...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massenprotest bei Thyssenkrupp: Beschäftigte fordern Arbeitsplatzerhalt
30.04.2024

Bei Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel ist viel im Umbruch. Arbeitnehmervertreter fordern Standortgarantien und...

DWN
Immobilien
Immobilien Vonovia dreht das Blatt: Gewinn nach Milliardenverlust
30.04.2024

Nach einem harten Jahr meldet Deutschlands Immobiliengigant Vonovia einen beeindruckenden Gewinn – ein Wendepunkt. Seine Aktie springt...

DWN
Finanzen
Finanzen Einzelhandel erlebt Umsatzsprung: Hoffnung auf Konsumaufschwung wächst
30.04.2024

Deutschlands Einzelhandel verzeichnet den stärksten Umsatzanstieg seit über zwei Jahren, mit realen Zuwächsen und positiven Aussichten...

DWN
Technologie
Technologie Rakete eines deutschen Start-ups soll in den nächsten Tagen ins Weltall starten
30.04.2024

Elon Musk hat auch klein angefangen: Erstmals seit Jahrzehnten soll nun eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschlands Wirtschaft trotzt Erwartungen: Wachstum statt Rezession im ersten Quartal
30.04.2024

Deutschlands Wirtschaft wächst trotz düsterer Prognosen: 0,2 Prozent Wachstum im ersten Quartal. Auch der Einzelhandel gibt Anlass zur...