Politik

Paris: Hunderttausende Franzosen gegen Präsident Hollande

In Paris ist es am Sonntag zu einer der größten Demonstrationen der vergangenen Jahre gekommen: Hunderttausende protestierten gegen ein neues Gesetz, das die Homo-Ehe erlaubt. Der Protest zeigt auch die tiefe Entfremdung der Franzosen mit ihrer politischen Elite.
27.05.2013 02:02
Lesezeit: 2 min

Ludovine de la Rochère, die Sprecherin der Organisatoren, die am Sonntag eine der größten Demonstrationen in Paris seit langem veranstaltet hatten, sagte der Zeitung Le Figaro, es handle sich bei der Protestbewegung um die größte Bewegung seit dem Mai 1968. Die Franzosen sind empört über ein neues Gesetz, welches die Ehe von Homosexuellen einführt und schwule Paare im Grunde mit heterosexuellen Paaren gleichstellt.

Die Protestbewegung stellt eine interessante Mischung dar: Es sind nicht nur die Konservativen, die gegen das Gesetz auf die Straße gehen. Das Bild der Demonstranten zeigte im Grunde alle Gruppen der französischen Gesellschaft. Sie wollen gegen das Gesetz so lange kämpfen, bis es widerrufen ist.

Die Organisatoren sprachen von einer Million Teilnehmer, die Polizei sagte, es seien 150.000 gekommen.

Die Demonstranten kritisieren an der Politik der Sozialisten von Francois Hollande eine Politik, die die Familien generell ins Abseits stelle. Man werde den Kampf fortsetzen, man sei gut organisiert, sagte de la Rochère.

Die Franzosen waren auch empört über den massiven Polizei-Einsatz: 4.500 Gendarmen überwachten die Demonstration.

Am Ende des Protests kam es zu Ausschreitungen – von denen die Polizei behauptet, sie sei von rechtsradikalen Gruppen ausgelöst worden.

Sowohl die Regierung als auch neutrale Beobachter waren von der großen Zahl der Teilnehmer überrascht. Es war auffallend, dass der Geist der Demonstrationen ein wenig an die Revolution 1989 erinnerte: Auch damals hatte der Slogan "Wir sind das Volk!" die tiefe Entfremdung der Bürger mit den herrschenden Eliten zum Ausdruck gebracht.

Es dürfte am Sonntag in Paris um mehr gegangen sein, als nur ein Gesetz.

Es scheint sich in dem Protest gegen die Homo-Ehe vielmehr eine allgemeine Wut gegenüber der Regierung Hollande zu entladen. Die Regierung hat bisher keine Reformen zustande gebracht. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, und die Zukunftsaussichten für die jungen Franzosen schlecht.

Mit dem Gesetz zur Schwulen-Gleichstellung scheint Hollande den Bogen überspannt zu haben. Die meisten Familien in Frankreich sehen sich massiven wirtschaftlichen Problemen gegenüber. Sie fürchten nun, dass auch die Familie als Institution marginalisiert wird.

Für viele Franzosen ist Francois Hollande der Vertreter einer abgehobenen Elite, die sich für nichts anderes interessiert als den eigenen Vorteil. Die massiven Skandale in der Regierung haben dazu geführt, dass das Ansehen der Regierung auf ein Minimum geschrumpft ist.

Es ist gut denkbar, dass die Massen-Proteste nur der Anfang einer massiven Welle von Demonstrationen gegen die sozialistische Regierung ist.

Für die notwendigen Strukturreformen, die den Franzosen weitere Opfer auferlegen werden, fehlt Hollande mittlerweile die Autorität und Glaubwürdigkeit.

Frankreich dürfte somit weiter in die Krise schlittern – mit unabsehbaren Folgen für den ganzen Euro-Raum.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bierbrauer in der Krise
23.04.2025

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher...

DWN
Politik
Politik Spar- und Investitionsunion: Brüssel will die unsichtbare Zollmauer einreißen – und den Finanzsektor revolutionieren
23.04.2025

Brüssels stille Revolution: Wie Kommissarin Albuquerque den europäischen Finanzmarkt neu ordnen will – und dabei an den Grundfesten der...

DWN
Politik
Politik Putins Frontstopp: Moskaus neues Angebot könnte Trump in die Falle locken
23.04.2025

Putins überraschende Gesprächsbereitschaft trifft auf strategisches Kalkül in Washington – der Westen steht vor einer geopolitischen...

DWN
Politik
Politik Bye bye, Washington: Elon Musk will erstmal Tesla retten
23.04.2025

Elon Musk zieht sich zunehmend aus Washington zurück – und verspricht dafür Millionen autonomer Teslas. Doch die Zweifel an seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China in der Zwickmühle: Handelskrieg trifft Arbeitsmarkt – Millionen Jobs in Gefahr
23.04.2025

Die chinesische Wirtschaft wächst – zumindest auf dem Papier. Doch der Schein trügt. Hinter den offiziellen Zahlen verbirgt sich ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Zölle treffen Chinas digitale Angriffsstrategie ins Mark: Temu und Shein vor Rückzug aus dem US-Markt
23.04.2025

US-Zölle beenden Chinas E-Commerce-Expansion – Temu und Shein geraten ins Wanken, Europas Märkte droht eine neue Importwelle.

DWN
Panorama
Panorama Frankreich: Luxusimmobilien machen das Land zum neuen Hotspot der Superreichen
23.04.2025

Frankreich, einst als Kulturnation verehrt, wird nun zunehmend zum globalen Epizentrum des Luxuskapitals. Wie aus dem aktuellen Bericht von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftliche Eskalation durch Trump-Zölle: Kommt jetzt die Wende für Europa?
22.04.2025

Zwei der einflussreichsten Ökonomen der Welt – Lawrence Summers und Olivier Blanchard – schlagen Alarm: Donald Trumps aggressiver...