Deutschland

Gefährliche Pornos: Justiz jagt Nutzer in ganz Deutschland

Nutzer des Porno-Portals Redtube sollen 250 Euro Mahngebühren zahlen, weil sie angeblich gegen Urheberrecht verstoßen haben. Das Landgericht Köln hat bei der Telekom ihre Identitäten ermittelt. Doch die Nutzung von Streaming-Portalen gilt als privater Gebrauch und stellt keine Urheberrechtsverletzung dar.
09.12.2013 21:18
Lesezeit: 2 min

Die Regensburger Kanzlei Urmann und Kollegen (U+C) verschickte letzte Woche hunderte Abmahnungen an Internetsurfer, die raubkopierte Videos auf dem Porno-Portal Redtube angesehen haben sollen. Bisher war die Justiz nicht gegen Nutzer von Streaming-Portalen vorgegangen, da Videos dort lediglich ansehen, nicht aber auf dem eigenen Computer gespeichert werden.

In dem massenhaft verschickten Abmahnschreiben forderten die Anwälte U+C jeweils 250 Euro von den Redtube-Nutzern. Deren Post-Adressen hat U+C über eine Anfrage beim Landgericht Köln ermittelt, berichtet Die Welt.

Das Gericht fordert Internet-Provider regelmäßig dazu auf, die Kontaktdaten ihrer Kunden an abmahnende Anwaltskanzleien weiterzugeben. Dazu sind nur die IP-Adressen und die Uhrzeiten nötig, an denen die Filme angeblich illegal genutzt wurden. Unklar ist, wie U+C die IP-Adressen der Redtube-Nutzer ermittelt hat. Diese dürften eigentlich nur Redtube selbst bekannt sein.

Doch im vorliegenden Fall lag überhaupt keine tatsächliche Urheberrechtsverletzung vor. Paragraf 101 im Urheberrechtsgesetz greift nicht, da die Nutzer den Film beim Streaming nur für private Zwecke nutzen, ihn jedoch nicht auf ihrer Festplatte speichern. Der Kölner Internet-Rechtler Christian Solmecke sagte:

„Ich zweifele daran, dass die Kölner Richter diesem Auskunftsersuchen überhaupt hätten stattgeben dürfen. Auch konnten die Nutzer von Redtube nicht wissen, dass das Material dort eventuell ohne Zustimmung der Rechteinhaber online gestellt wurde.“

Das Landgericht Köln hätte die Deutsche Telekom nicht zur Weitergabe der Adressen auffordern dürfen. Es ist möglicherweise von falschen Voraussetzungen ausgegangen, sagte die Anwaltskanzlei von Johannes von Rüden, die mehrere hundert abgemahnte Redtube-Nutzer vertritt. Denn offenbar haben die Kölner Richter den Unterschied zwischen Streaming-Portalen und Tauschbörsen nicht erkannt.

In ihrer Begründung an die Deutsche Telekom schreiben die Richter: „Durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen des geschützten Werkes über eine sogenannte Tauschbörse liegt eine Rechtsverletzung des §19 UrhG vor.“ Doch Redtube ist keine Tauschbörse, sondern wie YouTube ein Streaming-Portal.

Im Antrag von U+C heißt es, dass die Firma itGuards mit der Software GladII 1.1.3 die IP-Adressen ermittelt habe. Doch diese Software ist nur für das Ausspähen von Tauschbörsen-Nutzern gedacht. Für Streams ist sie ungeeignet, denn dafür müsste itGuards die Verbindung zwischen dem Nutzer und Redtube direkt ausspionieren.

Anhand der Aktenzeichen der Kanzlei U+C ist ersichtlich, dass das Gericht die Identitäten zehntausender Redtube-Nutzer weitergegeben hat. „Es ist möglich, dass in den kommenden Tagen noch weitere Internetprovider zur Auskunft verpflichtet werden, so dass auch Kunden von Kabel Deutschland oder anderen Abmahnungen aus Regensburg erhalten können“, sagt Rüden.

U+C ist für Abmahn-Aktionen am Rande der Legalität bekannt. Im Jahr 2012 hatte das Landgericht Essen der Kanzlei verboten, die Namen von Porno-Raubkopierern im Internet zu veröffentlichen, die nach einer Abmahnung nicht hatten zahlen wollten.

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