Finanzen

Viel Lärm um Nichts: EU will weder sparen noch Reformen voranbringen

Die strukturellen Probleme des EU-Budgets konnten mitnichten gelöst werden. Auch im nächsten Finanzzyklus verschwendet die EU einen Großteil der Steuergelder für Agrarsubventionen. Die Ausgabenpolitik der EU geht an der ökonomischen Realität vorbei.
10.02.2013 00:15
Lesezeit: 2 min

Aktuell:

Pferdefleisch-Skandal: Großbritannien vermutet internationale Verschwörung

Zum ersten Mal in der Geschichte der EU fällt ein Budget kleiner aus als in der vorherigen Finanzperiode - wenn auch nur minimal (hier). Doch bei der Einigung zeigt sich, dass die finanziellen Mittel des neuen Budgets in gleicher Relation für die gleichen Töpfe ausgegeben werden. Wie die Grafik von Open Europe zeigt, werden die wachstumsbeschneidenden Agrarsubventionen weiterhin den größten Anteil am EU-Budget ausmachen (373 Milliarden Euro). Das Volumen des Strukturfonds zur Förderung unterentwickelter Regionen in Höhe von 325 Milliarden Euro wurde ebenfalls kaum merklich reduziert. Beide Bereiche machen demnach weiterhin etwa zwei Drittel des Gesamtbudgets aus. Weniger Geld gibt es für die Bereiche Wettbewerbsfähigkeit, Bildung, Forschung und Entwicklung.

Doch nicht nur, dass die Verhandlungen über das EU-Budget keine relevante Überarbeitung bei der Verteilung der Finanzmittel hin zu mehr Geldern für Bereiche wie Wettbewerbsfähigkeit oder Forschung erreicht haben. Auch die umstrittenen finanziellen Zuweisungen an die EU für die so genannten unterentwickelten Regionen, die die EU dann wieder umständlich an die Mitgliedsländer zurückverteilt, ist nicht angetastet worden. Aber gerade hier hätte es sich für die EU gelohnt, alte Strukturen aufzubrechen und Reformen durchzuführen. Würde man den Ländern selbst überlassen, wie viel Geld sie in ihre Regionen stecken, könnte schon beim Verwaltungsaufwand massiv gespart werden. Die Beendigung dieser reinen Umverteilung würde allein für Deutschland eine Einsparung von 30 Milliarden Euro bedeuten (hier).

Trotz äußerst geringer Einsparungen beim EU-Budget und des mangelnden Reformwillens, der tatsächlich Kürzungen der EU-Ausgaben hätte erreichen können, feierten sich die Politiker wie immer als Sieger und präsentierten den EU-Bürgern die gesparten Milliarden als Trophäe. 

Angela Merkel beispielsweise bezeichnete den Deal als „gut und wichtig“. Doch Deutschland muss als größter Nettozahler etwa 20 Prozent des Gesamtbudgets aufbringen. Die neuen Beschlüsse sehen nun vor, dass Deutschland weiterhin einen Nachlass auf die Mehrkosten, die durch den fortgesetzten Briten-Rabatt anfallen, erhält und auch die Zahlung einer verringerten  Abgabe bezüglich der Einnahmen aus der deutschen Mehrwertsteuer bestehen bleibt. Für 2011 bedeutete dies einen Nachlass von 1,98 Milliarden Euro, so die AFP.

Abgesehen von einer Sonderzahlung in Höhe von 510 Millionen Euro verringern sich aber beispielsweise die Finanzmittel zur Förderung der ostdeutschen Regionen im neuen EU-Budget auf 60 Prozent der bisherigen Zahlungen. Im vergangenen EU-Budget erhielten diese als besonders förderbedürftigen geltenden Regionen in Ostdeutschland etwa 12 Milliarden Euro. Ab 2014 werden diese jedoch nicht mehr als besonders förderbedürftig eingestuft. Die Grenze für diese Einstufung liegt bei einer Wirtschaftskraft pro Kopf von weniger als 75 Prozent des EU-Durchschnitts.

Der unter den Vorwürfen der Korruption stehende spanische Premier Mariano Rajoy hingegen (hier) nannte den Deal sogar als „sehr gut für Spanien“: Aus dem neuen Fonds zur Bekämpfung der Jungendarbeitslosigkeit mit einem Volumen von sechs Milliarden Euro erhält Spanien 30 Prozent. Außerdem wird Rajoys Land bis 2020 Netto-Empfänger von EU-Geldern bleiben.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...