Finanzen

Goldman Sachs: Rettungs-Zwangsabgabe kommt auch in anderen Staaten

Ein möglicher Erfolg in Zypern dürfte die EU dazu bringen, Länder wie Spanien, Griechenland und Italien ebenfalls über eine solche Steuer zu sanieren. Eine Steuer von 8,5 Prozent könnte mehr als 305 Milliarden Euro generieren. Vorbild für die Steuer ist der deutsche Soli für Finanzierung der Wiedervereinigung.
18.03.2013 15:07
Lesezeit: 2 min

Nach der überfallsartigen Entscheidung der Euro-Gruppe, auf die Bankkonten in Zypern zuzugreifen, wächst die Angst in Südeuropa, dass dies auch auf andere Länder angewendet werden könnte. “Wenn das erfolgreich ist, wird es in Zukunft auch genutzt werden”, sagte ein zypriotischer Beamter der FT. Und auch der neue Chef der Eurogruppe, Dijeselboem, wollte es nicht ausschließen (hier). Und es stellt sich heraus, dass die Aktion offenbar gut geplant ist.

Offenbar arbeitet die EU schon länger an einem Plan, wie sie die Schulden-Krise nicht mehr mit Hilfs-Paketen, sondern mit europaweitern Steuern beenden kann.

Der Einsatz der ersten Steuer-Drohne in Zypern ist demnach nichts anderes ein Testlauf. Orchestriert mit einer entsprechenden Mischung aus Panik-Mache, Erpressung und Kaltschnäuzigkeit probt die Brüsseler Zentrale den Ernstfall.

Zypern ist das Versuchs-Kaninchen: Wenn der Test gelingt, dann wir die Brüsseler Behörde dem Spar-Medikament die Zulassung für ganz Europa erteilen.

Die Idee ist simpel und im Grunde leicht durchführbar. Nach all dem Gerede über Rettungs-Pakete und vor allem dem vielen Ärger mit Griechenland will man vorgehen wie Deutschland nach der Wiedervereinigung. Da wird nicht lange gefackelt oder gefragt: Es wird ein Soli erhoben, der wird über die Rentenkasse finanziert, und läuft, zunächst als "Einmal-Abgabe" verkauft, dann in alle Ewigkeit.

Goldman Sachs zieht in einer Analyse ebenfalls Parallelen zwischen Zypern und den südeuropäischen Staaten sowie Irland. Goldman kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Zwangsabgabe auch in anderen Ländern  äußerst realistisch ist. Vor allem in Spanien, Irland und Griechenland ist ein solches Szenario denkbar, zitiert die Finanz-Website Business Insider aus dem Bericht. Aber auch Italien sei nicht zu vernachlässigen, immerhin sparen die Italiener gern, da gäbe es also Potenzial.

Goldman hat drei Szenarien analysiert und errechnet, wieviel Geld zusammenkommen würde, wenn man in Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien jeweils eine Steuer von 0,1 Prozent, einem Prozent oder 8,5 Prozent erheben würde. Bei einer Steuer von 0,1 Prozent auf alle Bankeinlagen in diesen fünf Ländern könnten insgesamt 3,6 Milliarden Euro eingenommen werden. Bei einer Zwangsabgabe von einem Prozent auf die Einlagen kämen bereits 35,9 Milliarden Euro zusammen und bei 8,5 Prozent 305,5 Milliarden Euro.

Auf internationaler Ebene laufen Vorbereitung in diese Richtung schon länger. Mehrere Invesment-Banken und Beratunsgesellschaften wurden beauftragt, Szenarien festzuschreiben und Maßnahmen vorzuschlagen.

Die Analysten von Goldman Sachs nicht die ersten, die ein Szenario hinsichtlich einer Vermögenssteuer durchrechnen. Auch die Boston Consulting Group (BCG) hat etwas derartiges bereits 2011 unter dem Titel „Back to Mesopotamia“ erstellt. Dabei ging es vor allem darum, herauszufinden, wie hoch eine solche Vermögenssteuer für Haushalte sein müsste, damit sich die Schulden des jeweiligen Staates auf das von der EU vorgegebene Ziel reduzieren lassen. Die Studie ermittelt, dass die Deutschen etwa 11 Prozent seines Geld-Vermögens in einer einmaligen Abgabe berappen müssten, um das Haushalts-Defizit auf 80 Prozent des BIP zu drücken (die ganze, sehr interessante Studie - hier; eine interessante Interpretation - hier bei Roland Klaus).

Ohne einen konkreten politischen Auftrag machen solche Unternehmen keine Studien - das ist zu teuer. Außer sie planen einen Sales-Pitch - auch dann muss es von irgendeiner politischen Seite einen Wink gegeben haben, dass man eine flächendeckende Enteignung in Südeuropa plant.

Der Ansatz ist nicht unoriginell: Man nimmt nicht einigen alles, sondern allen einiges. Damit wäre wieder genug Geld in den Kassen der Finanz-Kasinos, um das Spiel noch ein paar Jahre weiterzutreiben. So kann man die scheibchenweise Enteignung zu dem machen, was die alten Griechen ἔθος genannt haben - ein Brauch, eine Gewohnheit.

Mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hat das Ganze nichts zu tun, weshalb der Fall Zypern das Ende des Euro in seiner bisher bekannten Form signalisiert (mehr dazu hier).

Auch ein wenig Kultur geht verloren: In untergegangene Europa hatte man unter ἔθος = Ethos noch etwas anderes verstanden.

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