Die aktuelle Situation in Frankreich lässt die Unzufriedenheit unter der jungen Bevölkerung immer größer werden. Nur ein Drittel der jungen Franzosen hat noch Vertrauen in die Zukunft ihres Landes und knapp die Hälfte würde sofort auswandern, wenn sie die Möglichkeiten dazu hätten.
Ein Jahr nach Amtsantritt Francois Hollandes ist seine Beliebtheit auf dem Tiefpunkt. Korruptionsskandale, steigende Arbeitslosigkeit und die anhaltende Rezession zehren an den Nerven der französischen Bevölkerung und an der Regierung selbst. Hollande hat aus diesem Grund bereits eine massive Umbildung der Regierung in Erwägung gezogen (hier).
Wie stark sich die Entwicklung Frankreichs der vergangenen 15 Monate auf die Stimmung im Land ausgewirkt hat, zeigt eine aktuelle Umfrage. Nur 36 Prozent der jungen Franzosen haben noch Vertrauen in die Zukunft ihres Landes, wohingegen 75 Prozent an eine positive Zukunft für Deutschland glauben, zitiert LeFigaro.fr die Umfrage. Das geht sogar so weit, dass 50 Prozent der Befragten 18 bis 24-Jährigen und 51 Prozent der 25 bis 34-Jährigen angeben, dass sie ihre Heimat Frankreich verlassen würden, wenn sie könnten. Beschränkt man sich nicht nur auf die jüngeren Franzosen, sondern schaut auf alle für die Studie befragten Franzosen, gehen zudem 66 Prozent davon aus, dass sich ihr Land gerade im Niedergang befindet.
Den Unmut der jungen Franzosen über die aktuelle Politik des Landes brachte kürzlich eine junge 20-jährige Studentin zum Ausdruck. In einem offenen Brief an Francois Hollande schreibt Clara G., dass sie Hollande gerne mitteilen möchte, warum sie ihr Land verlassen will:
Weil ich nicht mein ganzes Leben lang arbeiten will, um Steuern zu bezahlen. Steuern, die nur dazu dienen, die 1,9 Billionen Milliarden Euro Schulden zu bezahlen, die Ihre Generation uns freundlicherweise vermacht hat. Wenn diese Kredite wenigstens dazu gedient hätten, Investitionen zu tätigen und für die Zukunft des Landes zu planen, wenn ich auch nur einen kleinen Nutzen davon hätte, wäre es für mich kein Problem bei der Rückzahlung dieser Schulden zu helfen.
„Meine Arbeit und meine Steuern“, so Clara G., würden „für die Rente Ihrer Generation herangezogen, um die Sie sich selbst nicht gekümmert haben“. Aber „was wird dann für mich übrig bleiben, um weiter zu leben und meine Kinder großzuziehen?“ Das Deprimierende sei vor allem, zu wissen, wie ihr Leben weitergehen würde, wenn sie in Frankreich bliebe. Als Absolvent werde sie ein „schönes, nutzloses“ Diplom haben und erst einmal sinnlose Praktika und Aushilfsjobs machen.
Und wenn ich durch ein Wunder eine Menge Geld verdienen würde, weiß ich bereits, dass ich nicht nur das Meiste davon in Form von Steuern abgeben müsste. Sondern ich würde auch die allgemeinen Vorwürfe meiner Landsleute und Ihre ganz persönliche Verachtung ertragen müssen.
Die Regierung sollte sich deshalb lieber weniger Sorgen über die die Gefahren von Einwanderung machen, so die Studentin, und stattdessen mehr über die Bedrohung der Jugend-Emigration.
Wo soll ich hingehen? Vielleicht nach Deutschland, ein Land, das Sie häufig verunglimpfen, aber das wie ein zuversichtliches Land aussieht. Oder vielleicht weiter, nach Kanada oder Australien. Oder in ein Entwicklungsland. Nach Afrika, warum nicht? (...) Ja, ich möchte in ein Land gehen, wo es Wachstum gibt, wo die Löhne steigen, wo Reichsein keine Todessünde ist. Um es kurz zu sagen, ein Land, in dem das Individuum und die Gesellschaft das Vertrauen haben, dass es morgen heller sein wird als heute.
Das Problem, dass die Menschen ihr Land verlassen, zeigt sich auch in Spanien und Griechenland, wo die Jugendarbeitslosigkeit teilweise bei über 60 Prozent liegt (hier). Der Zustrom nach Deutschland aus diesen Ländern hat sich innerhalb nur eines Jahres nahezu verdoppelt (mehr hier).